Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
Jason, klein, dünn, mit schütterem grauem Haar. Über seine Brille hinweg kniff er kurz die Augen in Jasons Richtung zusammen und schmunzelte dabei. Er zupfte an seinem langen Bart und sah so aus, als würde er gerade einen Streich aushecken. Jason lächelte freundlich zurück.
„Ich danke dir, Ruger. Schön, dass ich auf meine alten Tage auch noch in etwas besser werde.“
Allando drehte sich zum verbliebenen Mitglied der Ratsrunde. „Letzter und jüngster im Lichtrat - Meister Gabitazu Faibanus. Er steht dem Fachbereich Körper, Atem und Gesundheit vor. Ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung in Sapienta sind die Erzielung eines vitalen Leibes und der Ausbau der Limarkräfte durch hochspezialisierte Atemtechniken. Ratsmeister Faibanus leitet zudem die Unterrichtung des Limarkampfes, ein Fach, das wir hier am liebsten abschaffen würden.“
Zustimmendes Gemurmel erhob sich. Faibanus blieb regungslos sitzen und schaute unergründlich zu Jason herüber. Er wirkte eher wie ein Zehnkämpfer als wie ein Limart, mit breiten Schultern und einer kraftvollen Ausstrahlung. Jason schätzte seine Größe auf knapp zwei Meter, er überragte die anderen Ratsmeister deutlich.
„Genug dazu. Ratsmeisterin Ruben, darf ich Sie bitten, die Prophezeiung noch einmal vorzutragen, damit wir alle auf dem neuesten Stand sind.“
Die Angesprochene erhob sich, nahm ein Blatt in die Hand und wandte sich an die Versammelten. Ihre Stimme klang aufgeregt. Sie sprach schnell: „Gerne. Doch im Vorwege möchte ich kurz auf den übrigen Inhalt des Prophezeiungsbuches eingehen. Es haben sich mittlerweile zu viele verworrene Gerüchte darum gebildet, von daher nutze ich die Gelegenheit, die wahren Begebenheiten zu schildern.“
Sie verharrte einen Moment in Gedanken und setzte dann fort: „Das Buch, also die gefundenen Erinnerungen von Fomolt, behandelt die Geschichte von Tandoran der letzten knapp 4.000 Jahre. Es beginnt mit dem Krieg gegen die Ingadi, schildert aber auch Entdeckungen wie die Körperverjüngung durch den Zitanbaum. Weiterhin ist von den Angriffen auf die Sayloq-Minen die Rede, dem Überfall von Taman auf Ruen oder von der Entwicklung der Luftschiffe.“
Ratsmeisterin Ruben richtete den Blick auf den Lichtrat. „Und das alles in einem Buch, das vermutlich seit Tausenden von Jahren in dieser Kammer verborgen lag. Wir haben es in den Aufzeichnungen der Schule geprüft: Nirgendwo wird ein solcher Raum erwähnt, er ist auf keiner der Bauzeichnungen zu erkennen. Eigentlich müsste dort nackter Fels sein.“
Ein Gemurmel setzte unter den Ratsmitgliedern ein. Jason vernahm Bemerkungen wie „unmöglich“ oder „andere Erklärung suchen“. Meister Allando ließ erneut den unnatürlich verstärkten Klopfton erklingen, die Gespräche verstummten abermals.
„Doch es wird noch interessanter. Auch die jüngere Geschichte kann aus den letzten Seiten des Buches herausgelesen werden. Dort lesen wir von der Lehre des bösen Begnadeten, der Geburt eines dunklen Kaisers, der Machtübernahme durch Vatermord und von einem ersten erfolglosen Eroberungsfeldzug.“
Wieder setzten hektische Kommentare ein, wieder griff Meister Allando ein.
„Das Ganze mündet nun in die angesprochene Prophezeiung. Es sind nicht viele Worte, ich zitiere:
So kommt die Zeit an diesen Scheideweg,
Obsiegt das Böse, soll es tausend Jahre herrschen,
Das Land wird sich dabei verzehren,
Retten kann uns allein das Gefäß des Lichts,
Nur der Mensch aus den zwei Welten,
unter Einsatz seiner Siddhis
und dann ist das Blatt leider durch Mottenfraß oder ein sonstiges Tier unterbrochen. Wir können noch die Worte ‚ Prüfungen ‘ und ‚ Ingadi ‘ identifizieren, mehr aber nicht. Am Ende erscheint noch zusammenhanglos: „Tod und Verrat wird sein Begleiter sein .“ Damit legte sie das Papier zurück auf den Tisch und setzte sich.
Erschrocken von dieser letzten Zeile blickte Jason zu Callum, doch dieser schien nichts zu merken und starrte weiterhin in Richtung der Ratsrunde.
Meister Allando erhob sich. „Ich nehme diese Prophezeiung sehr ernst. Darum haben wir uns sofort auf den Weg gemacht, Jason nach Tandoran zu holen. Als Sohn von Ethan dan Wadust und Franka Lazar kann nur er der Mensch der zwei Welten sein. Eine Meinung, die übrigens auch der dunkle Kaiser zu teilen scheint. Wir konnten uns auf der Erde nur mit Mühe den Angriffen seines Schergen Aran del Mark erwehren.“
Die so träge wirkende Ratsmeisterin Tradan ließ ein letztes Mal ihr Kinn
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