Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
Richterin vor ihm kniete, dieser Allando um Gnade winselte. Er würde großzügig sein, wenn sie seine Ausnahmestellung akzeptierten und sich zu den Lehren des Mansils bekannten. Sollten sie sich allerdings nicht unterordnen, würde er keine Schwäche zeigen.
Doch die euphorischen Gefühle konnten ihn nur kurz aufmuntern. Dann schwappte wieder diese verfluchte Mutlosigkeit über ihn. Eine Mischung aus Angst, Zweifel und schlechter Laune. Er rettete sich gerade so in seine Kammer und krümmte sich auf dem Bett zusammen. Eine Stunde lang war er nicht fähig, von dort aufzustehen.
Danach hatten die Magenschmerzen eingesetzt. Mandratan überlegte, wie er seine Stimmung heben könnte. Vielleicht sollte er es noch einmal mit dem Schießen der Vögel versuchen. Es warteten einige seltene Exemplare bei den Falknern in den Käfigen. Aber gestern hatte ihn das auch nicht aufheitern können. Blitzschnell hatte er zwei Bussarde mit Pfeil und Bogen vom Himmel geholt. Doch das ersehnte Gefühl der Euphorie wollte ihn nicht überkommen. Darum hatte er das kleine Vergnügen abgebrochen.
Nein, heute musste etwas Stärkeres her. Früher wäre er jetzt zu seinen Beischlaffrauen geeilt. Aber in den letzten Jahren hatte er zunehmend die Lust auf diese Form der körperlichen Befriedigung verloren. Er sah das als persönliche Höherentwicklung an, schließlich warnte schon der Begnadete vor den dunklen Verlockungen der Frauen. Sie durften an seinem Hof nur niedere Tätigkeiten verrichten.
Er würde mit seinem Bruder am Sarg beten. Zufrieden nahm er den Kopf von einem seiner Wachhunde zwischen linke Hand und Pyramidenstumpf. „Wir gehen Onkel Ethan besuchen. Ihr kommt mit.“
***
Ethan hörte das laute Getrappel zahlreicher Menschen vor seiner Zelle. Klackend drehte sich der Schlüssel in der Kerkertür, mit dem vertrauten Knirschen von Metall auf Metall schwang der schmale Eingang auf. Er wendete sich nicht zu den eintretenden Personen, verspürte einfach keine Neugier mehr. Über die jahrelange Gefangenschaft, verbunden mit ständigen Folterungen, war sein Interesse am Leben erloschen. Die Klammer um seinen Hals, gespickt mit Gaphirsteinen, gebaut, um ihm laufend seine magische Energie zu entziehen, förderte seine Gleichgültigkeit.
„Hoch mit dir!“
Der stämmige, stets im selben zerrissenen Hemd umherlaufende Ramtolos trat gegen sein Bett. Weil Ethan sich nicht rührte, packte der Wärter ihn an den verfilzten Haaren und zog ihn unsanft in die Senkrechte. Da erst fiel Ethans Blick auf seinen Bruder, den dunklen Kaiser. Für einen Moment verzerrten sich seine Gesichtszüge vor Schmerz und Hass, sackten aber sofort wieder in sich zusammen. Wie immer wendete sich Vurup, der zweite Wärter, von diesem Anblick ab. Er schien sich hier unten ein Stück Menschlichkeit bewahrt zu haben.
„Guten Morgen, Bruderherz. Wie ist das werte Befinden? Ich hoffe, du hast alles, was du brauchst. Ist die Küche noch nach deinem Geschmack?“
Leises Gelächter erklang aus der hinteren Reihe, das nach einem stummen Blick des Kaisers augenblicklich erstarb.
Ethan murmelte: „Was willst du Galf. Lass mich mit deinen Spitzen in Ruhe ...“
Mandratan sendete ihm einen kurzen Energieblitz, der stechend in seine Brust fuhr. „Nenn mich bei meinem wahren Namen, kleiner Bruder. Sollte das noch einmal vorkommen, wird es schmerzhafter.“
Ethan antwortete keuchend: „Gewähre mir endlich den Tod. Du hast bereits alles vernichtet, was mir im Leben etwas bedeutet.“ Seine Gedanken gingen zu Jason. Wie gut, dass sein Bruder nichts von dessen Existenz wusste. Seine Augen ruhten starr auf einer Ratte, die sich im Loch der gegenüberliegenden Wand neugierig zeigte.
Der dunkle Kaiser fasste sich mit der linken, beringten Hand ans Kinn und tat, als würde er diese Bitte abwägen.
„Nein, liebster Bruder. Du sollst meinen totalen Triumph noch in vollen Zügen genießen können, bevor ich dich erlöse. Mein Heer gewinnt mit jedem Tag an Schlagkraft, bald wird der Tag der Machtergreifung kommen. Und du wirst zusehen, wie ich die Hauptstadt Rikania einnehme und dein geliebtes Sapienta für immer einebnen lasse.“
Mandratan drehte sich um und schnalzte mit den Fingern. Ramtolos zerrte Ethan an der Schulter hinter dem dunklen Kaiser her.
„Oh nein, nicht schon wieder.“ Ethans Stimme wirkte eher müde als verzweifelt.
Doch er zeigte keinen Widerstand und folgte seinem Bruder in einen weitläufigen, fensterlosen Raum, der ebenfalls völlig schwarz
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