Die Prophezeiungen von Celestine
hinauswandern.
Ich stellte mir vor, wie der Mond am Horizont bereits untergegangen war, und hatte die genaue Form vor Augen, in der die Menschen weiter westlich ihn sehen würden. Dann stellte ich mir vor, wie er aussehen würde, wenn er sich direkt unter mir auf der anderen Seite des Planeten, befände. Er würde den Menschen dort als Vollmond erscheinen da die Sonne über mir an der Erde vorbeischien und den Mond direkt bestrahlte.
Diese Vorstellung ließ mir einen Schauer über die Haut laufen; und mein Rücken schien sich noch weiter zu strecken, als ich merkte, oder, besser gesagt erfuhr, daß der gleiche Raum, der gewöhnlich über meinem Kopf existierte, auch unter meinen Füßen auf der anderen Seite des Globus bestand. Zum ersten Mal in meinem Leben begriff ich die Rundform der Erde nicht als intellektuelles Konzept, sondern erfuhr sie sinnlich als deutlich spürbare Empfindung.
Auf einer bestimmten Ebene erregte mich dieses Bewußtsein, auf einer anderen erschien es mir vollkommen normal und natürlich. Dann wollte ich mich nur noch der Empfindung der Bindungslosig-keit, des Schwebens in einem nach allen Seiten offenen Raum hingeben. Anstatt mich mit meinen Beinen von der Erde abstoßen zu müssen, um die Schwerkraft zu überwinden, hatte ich jetzt den Eindruck, von einem inneren Schwung angehoben zu werden, als sei ich ein Ballon, gerade mit so viel Helium gefüllt, um über dem Boden zu schweben und ihn mit meinen Füßen zu berühren. Mir war, als befände ich mich in perfekter körperlicher Verfassung, wie nach einem Jahr intensiven Trainings -nur weitaus koordinierter und körperlich leichter.
Ich nahm auf einem der Felsen Platz, und wieder schien alles um mich herum von einer merkwürdigen Nähe: die Felsnase, auf der ich saß, die gewaltigen Bäume am Hang unter mir und die anderen Berge am Horizont. Während ich zusah, wie die Zweige sich sanft in der Brise bewegten, war ich seltsamerweise in der Lage, auch körperlich etwas
dabei zu empfinden - als handele es sich bei den Zweigen um Haare auf meinem eigenen Körper.
Alles um mich herum schien ein Teil meiner selbst zu sein. Während ich auf dem Gipfel saß und auf die Landschaft zu meinen Seiten blickte, meinte ich immer schon gewußt zu haben, daß mein Körper lediglich den Kopf eines weitaus größeren Körpers bildete, einer, der aus alldem bestand, was ich imstande war zu sehen. Ich erfuhr das gesamte Universum, wie es durch meine Augen auf sich selbst sah.
Dieses Empfinden löste etwas in meiner Erinne rung aus. Meine Gedanken rasten in die Zeit meiner Ankunft in Peru zurück, vorbei an meiner Kindheit und meiner Geburt. Ich realisierte, daß mein jetziges Leben nicht mit meiner Empfängnis oder meiner Geburt auf diesem Planeten begonnen hatte. Es hatte viel früher begonnen, mit der Entstehung meines
wirklichen Körpers, des Universums selbst.
Die Evolutionswissenschaften hatten mich immer gelangweilt, doch als meine Gedanken jetzt in der Zeit zurückrasten, kam alles, was ich zu dem Thema je gelesen hatte, wieder an die Oberfläche, unter anderem einige Unterhaltungen, die ich mit meinem Freund, der Reneau so ähnlich sah, geführt hatte. Jetzt erinnerte ich mich, was sein Interessengebiet gewesen war: Evolution.
Mein gesamtes Wissen schien mit meinen Erinnerungen zu verschmelzen. Mit einem Mal war es mir möglich, mich zu erinnern, was passiert war, und ich war in der Lage, die Schöpfung in einem neuen Licht zu sehen.
Ich sah zu, wie die erste Materie ins All explo dierte, und mir wurde klar, daß nichts an der Materie von Dauer sein konnte, ganz wie die Dritte Erkenntnis es beschrieben hatte. Materie war demnach nur eine Form der Energie, die auf einer bestimmten Frequenz vibrierte und dies zu Beginn der Schöpfung in ihrer primitivsten Form getan hatte: als Hydrogen. Aus mehr bestand unser Universum nicht, nur Hydrogen, einfacher Wasserstoff.
Ich war jetzt in der Lage zu verfolgen, wie die Wasserstoffatome sich gegenseitig anzogen, als sei es das Grundprinzip, der unbändige Drang dieser Energie, sich in einer komplexeren Form zu manifestieren. Und als einige Gruppen dieser Atome eine ausreichende Dichte erreicht hatten, begannen sie sich zu erhitzen und zu verbrennen, sie wurden zu Sternen, und innerhalb dieses Verbrennungsprozesses
fusionierten die Atome und erreichten gemein sam die nächsthöhere Stufe der Schwingung, ein Element, das uns als Helium bekannt ist.
Während ich zusah, wie die ersten Sterne älter wurden
Weitere Kostenlose Bücher