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Die Puppe an der Decke

Die Puppe an der Decke

Titel: Die Puppe an der Decke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjörnsen
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noch da?«
    »Natürlich warst du am Freitag da. Hast du jemanden umgebracht? Keine Panik. Der alte Leo verschafft dir das benötigte Alibi.«
    »Ich benötige nichts. Ich arrangiere nur ein wenig die Vergangenheit. Nicht viel. Ein wenig.«
    »Du bist betrunken und ein wenig verrückt. Das macht nichts. Aber ich will mit dir auf den Fjord hinausfahren. Am liebsten nachts. Wir können zuerst hier essen. Sag nicht nein, ich bin ein guter Koch.«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß nicht einmal, warum ich dich anrufe.«
    »Du willst, dass ich Montag in Freitag verwandle. Das ist kein Problem. Wozu hat man denn Freunde? Komm, wann du willst, oder lass es sein. Erinnerst du dich an den Autounfall, von dem du mir erzählt hast? Das hat mich auf eine Idee gebracht.«
    »Was für ein Autounfall?«
    »Du hast erzählt, dass du einmal als Erste am Unfallort warst. Irgendwo an der Westküste. Du bist eine gute Erzählerin. Du hast gesagt, dass es nach Exkrementen und verbranntem Gummi roch. Nach Motoröl und Blut. Es ist nicht leicht, aber ich glaube, ich kann es schaffen. Wenn du beschließen solltest, deine Einzelzelle zu verlassen, dann wäre es schön, wenn du herkommen und einen Kommentar abgeben könntest. Scheiß auf den Fjord. Das ist einfach ein Kick für mich. Aber ich kann ihn auch für mich behalten.«
    Sie unterbrach die Verbindung und schaltete das Telefon aus. Jetzt kam die Einzelzelle, das Klo in der Ecke, der Mann allein mit den Männerzeitschriften, dem Wichslappen und dem toten Fernseher. Sie schüttelte den Kopf, doch das Bild ließ sich nicht vertreiben; sie hatte ihm geschrieben, hatte geschrieben, dass sie gern hart rangenommen werde, einen tiefnassen Brief, von dem sie wusste, dass er wieder und wieder gelesen werden würde, weil dort, in der gesegneten Einsamkeit, eine Nacht auf die andere folgte.

10
    Sie hatte erwartet, das Klubhaus hinter hohen Mauern, Stacheldraht und Absperrungen vorzufinden. Aber das stimmte nicht, und sie dachte, dass sich ihre Vorstellung einer MC-Festung vielleicht aus den Schlagzeilen der Boulevardpresse oder ihrer eigenen Phantasie gespeist hatte. Jedenfalls war es eine Tatsache, dass die »Hot Rats« sich in einem leerstehenden Fabrikgebäude zwei Kilometer außerhalb der Stadt trafen, es lag dicht an der Hauptstraße und war so leicht zu erreichen wie irgendeine Tankstelle. Ein heruntergekommener Volvo stand vor einem zweistöckigen Steinhaus, und unter den Fenstern im ersten Stock hatten die Clanmitglieder ein verschossenes rotgelbes Transparent befestigt, um zu verkünden, dass hier das Fähnlein Rattenschweif hauste. Es war fünf Uhr, es wurde dunkel, und als sie vorüberkam, wurde drinnen Licht gemacht. Sie dachte an Bimbos riesige Fäuste, an alles, was er damit machen konnte, von körperlichen Bestrafungen im Vollsuff bis zu etwas so Alltäglichem, wie auf einen Schalter in einem Lokal zu drücken, bei dem es sich einmal um die Verwaltungsräume der Firma oder vielleicht die Kantine gehandelt haben mochte.
    Sie wendete beim ersten Kreisverkehr und fuhr zurück, wobei sie darauf achtete, normales Tempo einzuhalten. Kein Mensch war zu sehen, weder auf dem Platz vor dem Gebäude noch hinter den inzwischen drei beleuchteten Fenstern, und sie ertappte sich bei dem Gedanken, worüber eine Bande aus erwachsenen Mannsbildern wohl sprechen mochte, was sie innerhalb dieses selbstgewählten Rahmens aus Isolierung und Geheimhaltung wohl unternahmen. Es war pathetisch, es war kindisch, aber sie erinnerte sich an ihren eigenen jugendlichen Wunsch, sich abzumelden; diese Jungs hatten den Traum behalten und so weit wie möglich in die Tat umgesetzt. Sie konnten sich der Steuererklärung und den Ansprüchen, die der Alltag stellte, wohl kaum entziehen, aber sie lebten trotzdem in einer Gemeinschaft, in die andere Menschen keinen Einblick und an der sie keinen Anteil nehmen konnten. Aber worüber sprachen sie? Wovon träumten sie, wenn die schweren Motorräder in der Garage standen und Dreck und Schnee die Kleinstadt einhüllten? War es der Hass, der sie aneinander band, der Hass auf Kleinbürgertum und Konformität, auf Gebetshausmentalität und Heuchelei, die sich wie eine feuchtkalte Hand über die Stadt legten, oder war ihnen alles scheißegal, tranken sie Bier und dachten scheißegal, ließen sie alles seinen eigenen Kurs steuern? Es war nicht so wichtig. Von ihr aus sollten sie jeden Kurs steuern, der ihnen gerade passte, Hauptsache sie konnte sie dazu bringen, den einen oder anderen

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