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Die Puppe an der Decke

Die Puppe an der Decke

Titel: Die Puppe an der Decke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjörnsen
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Donnerstagabend und die Bar des Fønix war nur halb voll. Sie waren über den Weg am Fjord in die Stadt gegangen, in leichtem Nieselregen. Nina hatte Rebekkas Mobiltelefon benutzt und zu Hause angerufen. Sie hatte einen netten Mann, der gern auf das Kind aufpasste, aber er machte sich doch Sorgen, wenn sie nicht sofort anrief und Bescheid sagte, daß es später würde.
    Ulf sagte: »Wir schenken uns den Kaffee. Bier? Wein? Ich geb einen aus!«
    Sie entschieden sich für Rotwein für alle und setzten sich an einen Tisch in der Ecke, Ulf holte die Getränke.
    »Gute Idee, herzukommen«, sagte Nina, während sie sich setzte. »Ich war seit einer Ewigkeit nirgendwo mehr. Bist du oft hier?«
    »Nein. Ich gehe kaum aus. Ich bleibe meistens zu Hause.«
    »Mein Mann isst hier zu Mittag. Ehe Simen geboren wurde, sind wir ab und zu abends hergekommen. Am Wochenende ist hier ziemlich viel los. Und im Piraten …«
    »Danke, da bin ich auch schon gewesen. So bald sehen die mich da nicht wieder.«
    Nina lachte und nahm sich eine Zigarette. »Ich bin achtundzwanzig. Aber im Piraten komme ich mir uralt vor. Kommst du aus Oslo?«
    »Ich bin hier geboren. Aber ich bin in Oslo aufgewachsen. Wir waren immer in den Ferien hier. Und deshalb fühle ich mich hier zu Hause.«
    »Ich weiß nicht. Manchmal komme ich mir hier schon eingeengt vor.«
    »Man kann doch nicht so einfach Rimfoss heißen, wie ein blöder Wasserfall«, sagte Ulf und stellte drei Glas Rotwein auf den Tisch. »Wollen wir wetten? Ich setze hundert Kronen darauf, dass er ein pensionierter Volkshochschullehrer ist. Zweihundert!«
    »Und du?«, fragte Rebekka.
    »Pettersen. Darauf bin ich ja auch nicht gerade stolz, aber echt! Rimfoss! Na, denn Prost, Mädels! Das ist nett hier. O verdammt, was sind meine Hände müde. Aber ich fand das witzig. Und dieses Jahr kosten die Weihnachtsgeschenke keine müde Krone. Unter dem Tisch werden nur praktische Geschenke liegen. Im Büro ziehen sie mich mit diesem Zurück-zur-Natur-Kram schon auf, aber Scheiß drauf – ich brauchte einfach etwas Neues. Sandkuchen sind für mich urtümlich genug. Ich glaube, Rimfoss hat Recht. Das hier hat etwas Ursprüngliches. Ton und Feuer. Letzten Winter habe ich einen Kurs für Fliegenbinden besucht, das war auch ganz lustig, aber ein größeres Engagement bleibt ja doch aus, wenn man nicht gern angelt.«
    Sie trinken. Ulf Pettersen redet immer mehr Unsinn, ganze Unsinnkaskaden, er faselt von sich und seinen Angelegenheiten und Rebekka denkt, dass das nur gut so ist, sie deutet die Signale der anderen und weiß, dass Nina ihre deutet, das hier haben sie schon oft erlebt, das haben alle Frauen schon oft erlebt, jetzt treibt Ulf Pettersens grenzenloses Ego sie zu einer Gemeinschaft zusammen, deren wirkliche Bedeutung nur Rebekka erahnen kann.
    Er geht pissen.
    »Herrgott«, sagte Nina belustigt.
    »Ich glaube, nächstes Mal schütteln wir ihn ab. So schwer kann das doch nicht sein. Hast du schon die Ausstellung im Heringshaus gesehen?«
    »Nein, aber ich will sie mir nicht entgehen lassen. Niels Petter interessiert sich gar nicht für so was, aber ich besuche gern Ausstellungen.«
    Sie fährt innerlich zusammen. Jetzt heißt es also Niels Petter. Nicht mehr »mein Mann«, nicht »mein Freund«, sondern einfach Niels Petter.
    »Ich war auf der Vernissage. Zu viel Gedränge. Wir könnten ja irgendwann mal zusammen hingehen.«
    »Ja? Das fände ich wunderbar. Wann hast du denn Zeit? Ich meine … ich könnte Simen doch mitnehmen. Vielleicht an einem Vormittag?«
    Ich habe Zeit bis ans Ende der Ewigkeit, meine Liebe.
    »Vormittags, ja, das wäre kein Problem.«
    Ulf Pettersen war auf Safari in Kenia. Ulf Pettersen mag keine Zwiebeln. Ulf Pettersen hat seine Zweifel, was die neue Regierung angeht. Ulf Pettersen hat eine große fleischige Zunge, sie sieht einen halb erigierten Penis, der immer wieder über breite, feuchte Lippen vorstößt, ab und zu mit einer feinen Speicheldusche, immer häufiger, je mehr er trinkt, ja, er hat einen Schwanz im Mund, und er befruchtet sie mit Geschwafel, sie schaut auf die Uhr, ihr ist schlecht und sie schaut auf die Uhr, es ist wichtig, es ist lebenswichtig, dass sie jetzt nicht übertreibt, nicht am ersten Abend; Nina verlässt das Lokal mit ihr zusammen, sie haben sich für Freitag verabredet, und Nina geht zum Taxistand auf der Südseite des Marktplatzes, sie sind kurz davor Freundinnen zu werden, und Rebekka denkt, dass sie das Ulf Pettersen zu verdanken haben, dem

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