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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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des Computerdisplays sind sie schwer zu erkennen.
    » Du sollst nicht ehebrechen .« Jonathan lehnt sich zurück und verzieht dabei schmerzlich das Gesicht. »Man braucht einen Spiegel, um es zu lesen. Meine Partnerin dachte, ich wollte sie verlassen. Ich sollte es jedes Mal lesen, wenn ich in den Spiegel schaue. Meinen Eltern habe ich erzählt, ich sei in eine Schlägerei geraten – im Pub. Sie wollen, dass ich Anzeige erstatte, doch ich habe Nein gesagt.« Mit schmerzlich verzogenem Gesicht dreht er den Kopf, um Caffery anzusehen. »Ich glaube, ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass Sie auftauchen.«
    »Ihre Partnerin?«
    »Sie irren sich, wenn Sie annehmen, häusliche Gewalt richte sich immer nur vom Mann gegen die Frau oder von einem gegen den anderen Mann. Das hier hat eine Frau getan.« Er sieht Cafferys Gesicht und lacht trocken. »Ich weiß – niemand glaubt es, wenn man es sagt. Aber es kommt vor, glauben Sie mir. Sie hat sich Benzodiazepin besorgt. Ich habe nie Drogen genommen, und deshalb haben die Benzos mich umgehauen. Bin erst zehn Stunden später wieder aufgewacht und dachte, ich hätte schlecht geträumt, bis ich sah, dass sie die Wunden versorgt und verbunden hatte. Sie saß weinend auf dem Boden neben dem Bett und flehte mich an, ihr zu verzeihen. Ich war so verliebt, dass ich wahrscheinlich alles lieber getan hätte, als zu glauben, sie könnte … sie könnte tun, was sie getan hat.«
    »Hat ›sie‹ auch einen Namen?«
    Er zögert. Dann sagt er beinahe flüsternd: »Melanie Arrow.«
    »Melanie Arrow?« Caffery senkt das Kinn und schaut Jonathan stirnrunzelnd an. »Die Direktorin der Klinik?«
    Jonathan nickt. Er legt die Zeigefinger an beide Seiten seines Adamsapfels, als müsse er etwas in seiner Kehle unter Kontrolle bringen. »Wir waren fast zwanzig Jahre lang Kollegen. Ihre Beziehungen hielten nie lange – mit niemandem. Ich habe dagesessen und zugesehen, wie die Männer kamen und gingen. Habe zugesehen, wie sie sich selbst jedes Mal zerriss. Habe gewartet, bis ich an der Reihe war. Ich wäre ihr bis ans Ende der Welt gefolgt. Sie war alles, was ich nicht war. Ich war der Softie, der kleine Privatschüler mit erstklassigen Lateinnoten und reichen Eltern, und sie kam aus einem Problemviertel in Gloucester. Das würde man nie vermuten, wenn man sie sprechen hört, nicht wahr? Sie hat sich von ganz unten hochgearbeitet – dahin, wo sie jetzt ist. Ich habe sie kennengelernt, als ich aus dem Geldsystem ausgestiegen und Bürger Keay geworden bin, und … tja, Scheiße – ich meine, Sie haben sie ja gesehen. Sie war hübsch, und sie war lieb, und vor allem war sie eine Kämpferin. Können Sie sich vorstellen, was ich für sie empfunden habe?«
    Er redet nicht weiter, sondern betrachtet seine Hände, die sich zu Fäusten ballen und wieder lockern.
    »Aber ich war ein Versager, als es darum ging, sie zu stützen – ihre geistige Gesundheit stand auf dem Spiel. Es war, als müsse man den Kopf einer Ertrinkenden über Wasser halten. Als ich endgültig begriffen hatte, wer sie war – was sie war –, sagte ich ihr, ich wolle weggehen. Weg von ihr, weg von der Klinik, weg aus dem Beruf.« Sein Mund verzieht sich zu einem ironischen Lächeln. »Da bekam ich mein Brandzeichen. Ehebruch.«
    »Was wollen Sie mir erzählen, Jonathan?«
    »Wissen Sie das nicht?«
    Caffery schaut ihm fest in die Augen. »Ich möchte es von Ihnen hören.«
    »Eine Kindheit, wie Mel sie hatte? Die hinterlässt Narben. Ihr Dad hatte Krebs, als sie klein war. Er hat überlebt, aber sie hat immer allen erzählt, er sei gestorben. Sie weinte jedem etwas vor, der ihr zuhörte – und dabei war er die ganze Zeit gesund und munter. Sie wollte nur nichts mehr mit ihm zu tun haben. Er hat bei der Stadt gearbeitet – genau gesagt, bei der Müllabfuhr –, und sie war zu stolz, das zuzugeben.«
    »Ich frage noch einmal: Was wollen Sie mir erzählen, Jonathan?«
    Er räuspert sich verlegen. »Als Patienten in Beechway anfingen, über ›Maude‹ zu reden, wie sie es in Hartwool getan hatten, dachte ich …« Er wedelt mit der Hand vor dem Gesicht, als habe er sich blenden lassen. »Ich weiß nicht, was ich dachte. Ich wollte es nicht wahrhaben, nehme ich an. Waren Sie schon mal so sehr in jemanden verliebt, dass Sie die Augen vor fast allem verschlossen haben? Sogar vor so etwas?«
    Das kann Caffery nicht beantworten. Nicht vor sich selbst und schon gar nicht vor Jonathan.
    »Selbst als Pauline starb, habe ich versucht, so zu

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