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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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hätte, dass es noch einmal passiert, hätte ich – ich hätte etwas unternommen.«
    »Ja, ganz sicher. Aber kehren wir noch einmal zu Ihrer Ankunft in Beechway zurück. Wann haben Sie Isaac Handel gegenüber zum ersten Mal erwähnt, was sich in Rotherham zugetragen hat? War das, als Sie …«
    Jonathan wirft Caffery einen verblüfften Blick zu. »Isaac Handel?«
    »Ja. Erzählen Sie mir, wie Sie ins Gespräch gekommen sind. Sie haben im Rahmen der Kunsttherapie mit ihm an den Puppen gearbeitet – seinen Püppchen. Sie haben ihm dabei geholfen.«
    Jonathan runzelt die Stirn. Sein Blick wandert in Cafferys Gesicht herum, als wolle er herausbekommen, worauf das alles hinauslaufen soll. »Ja, das stimmt. Handels Puppen waren sein … sein Ventil.«
    »Sie müssen ihm erlaubt haben, Werkzeug zu benutzen.«
    »Ja, und dabei habe ich ihn ununterbrochen beaufsichtigt. Und nach jeder Sitzung habe ich es ihm wieder abgenommen. Genau nach Vorschrift.«
    »Sie wissen, dass Isaac glaubte, er könne mit diesen Puppen Menschen steuern. Das ist Ihnen doch bewusst, oder?«
    »Ich weiß, dass er das glaubte. Aber was soll das in diesem Zusammenhang?«
    »Sie hatten niemals professionelle Vorbehalte gegen das, was er da gemacht hat? Puppen mit zugenähten Augen?«
    »Vorbehalte? Eigentlich nicht … Ich fand es merkwürdig, dass er den Tod auf diese Weise darstellt. Aber nicht merkwürdiger als manche anderen Dinge, die in Einrichtungen wie Beechway vorgehen.«
    Caffery holt sein Handy aus der Tasche, ruft die Puppenfotos auf und sucht das von Pauline auf dem rosa Satin. Als er es gefunden hat, hält er Jonathan das Telefon entgegen. Jonathan beugt sich vor und sieht es an. Er nickt. »Ja, das ist Pauline. Dieser rosa Satin – damit wollte er es ihr bequem machen.«
    »Er wollte es ihr bequem machen – und sie umbringen?«
    » Was? « Jonathan blinzelt. » Isaac? «
    »Diese Puppe, die er gemacht hat – ihre Augen sind zugenäht, genau wie bei den Puppen seiner Eltern. Es zeigt, was mit Pauline passieren sollte – was er vorhatte.«
    »Nein – nein. Das ist alles …«
    »Das ist alles …?«
    »Falsch. Kann sein, dass Isaac die Augen der Puppen zugenäht hat, bevor er seine Eltern umgebracht hat. Aber bei Pauline war es anders – er hat der Puppe die Augen erst zugenäht, nachdem sie auf dem Gelände gefunden worden war. Er war sehr aufgeregt. Darum liegt sie auf diesem rosa Satin. Wie in einem Sarg. Und soll das da Zelda sein? Sehen Sie, er hat ihr die Augen ebenfalls geschlossen. Aber das wird er nach dem Tod getan haben, nicht vorher.«
    Caffery steckt sein Telefon wieder ein. »Okay«, sagt er ruhig. »Wir reden aneinander vorbei, nicht wahr?«
    Jonathan sieht ihn ungläubig an. »Ja. Ich meine, Sie verstehen das alles absolut falsch.«
    »Ja? Dann sagen Sie mir, wie es richtig ist.«
    Jonathan klemmt die Hände zwischen die Knie, als befürchte er, sie könnten unabhängig von ihm etwas tun, das er bereuen würde. »Okay«, sagt er schließlich. »Okay. Sagen Sie mir – was wissen Sie über häusliche Gewalt?«
    Caffery hat ein eintägiges Seminar darüber absolviert, vor Jahren in London, und er erinnert sich an ein paar Begriffe: Misshandlungszyklen, Stockholm-Syndrom, Rechtfertigung, Selbstvorwürfe. Er erinnert sich daran, weil er selbst einmal eine Freundin geschlagen hat, und das hat er immer noch nicht verarbeitet.
    »Sie wissen zumindest etwas über die Psychologie von Misshandler und Opfer, oder?«, drängt Jonathan. »Und wenn Sie an ›häusliche Gewalt‹ denken, denken Sie automatisch ›Mann gegen Frau‹, stimmt’s?«
    »Oder Mann gegen Mann.«
    Jonathan steht auf und zieht den Saum seines T-Shirts hoch. Unter dem pinkfarbenen Kinesio-Tape sind Rippen und Bauch von Hämatomen bedeckt, gelb oder grünlich verblasst und hier und da zu größeren Farbflächen verschmolzen. An mehreren Stellen hat er tiefe Schrammen, teilweise mehr als fünfundzwanzig Zentimeter lang. Eine war anscheinend irgendwann entzündet gewesen. Jonathan will das T-Shirt über den Kopf ziehen, aber er kann es nicht. »Sorry. Sie werden mir helfen müssen.«
    Caffery steht auf. Vorsichtig und im Bewusstsein der Intimität dieses Vorgangs zieht er das T-Shirt von Jonathans Taille nach oben. Dabei sieht er es sofort – quer über Jonathans Brust, von einer Achsel zur anderen, ziehen sich tiefe Schrammen. Ein Netz von schwarzen Krusten klebt auf frischem Narbengewebe. Caffery schaut die Narben mit schmalen Augen an. Im matten Lichtschein

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