Die Puppe: Psychothriller (German Edition)
mir verboten, ihn auszusprechen, und deshalb werde ich ihn nicht mal flüstern. Sie müssen schon entschuldigen, aber obwohl Sie mein bester Freund sind und mir den größten Respekt zeigen, werde ich zu diesem Zeitpunkt einfach die Klappe halten.«
Er nickt, als wolle er sich bestätigen, dass dies genau die Worte waren, die er hat benutzen wollen. Mehr sagt er nicht. Die Ärzte haben lange Zeit gebraucht, um Moses wieder zusammenzuflicken und sein Augenimplantat einzupassen, aber wenn man weiß, worauf man achten muss, sieht man immer noch, dass sein Gesicht verunstaltet ist. Was ist in der Nacht wirklich mit Moses passiert? AJ fragt es sich. Sie können »Maude« ruhig weiterhin als Halluzination und Fantasiegespinst abtun, aber etwas ist in dieser Nacht vorgefallen. Und was immer es gewesen ist, es war stark genug, um Moses dazu zu bringen, sich das eigene Auge auszureißen.
Ein Apfelbaum
Als Suki so lange tot ist, dass sie kalt geworden ist, setzt Penny sich in Bewegung. Draußen ist alles bereit – sie lebt seit zweiundvierzig Jahren allein und weiß, was als Nächstes zu tun ist. Sie war heute Morgen schon draußen und hat die Grube gegraben. Sie ist unter dem Apfelbaum, an dem Suki als Welpe – kaum größer als ein Meerschweinchen – immer genagt hat. Sie hat geknurrt und ihn angesprungen. Ihr ganz persönliches Spielmonster.
In Pullover, Rock und Socken – den Sachen, die sie seit fast zwei Tagen anhat – trägt Penny die Hündin hinaus in den Hauptteil der Mühle, die seit sechzehn Jahren ihr Zuhause ist. Das Licht ist gedämpft, und aus dem großen Holzofen in der Mitte des Raums kommt ein mattes Glühen. Selbst jetzt, eingewickelt in die alte, zerkaute Wolldecke, die sie immer im Haus herumgeschleift hat, wiegt Suki fast nichts. Sie ist nicht schwerer als eine Feder.
An der Hintertür wird Penny klar, dass sie ihre Stiefel anziehen muss. Statt Suki auf die Matte zu legen – sie glaubt nicht, dass sie das ertragen könnte –, lehnt sie sich mit der Schulter an den Türrahmen, schiebt die Füße in die Gummistiefel und wackelt sich mit den Zehen zurecht. Es wirkt irgendwie komisch, wie diese Frau mittleren Alters mit all ihren Tüchern und gefärbten Haaren und klingelnden Armreifen in der Tür steht wie eine Betrunkene mit einem toten Haustier in den Armen. Sie muss lächeln. Suki würde lachen. Wo immer sie jetzt ist. Oben in den dunklen Luftwirbeln.
Es ist sehr, sehr dunkel. Sehr kalt. Ihr Atem hängt in der Luft. Der Winter zieht heran. Ist schon da. Sie geht zum unteren Ende des Gartens, ohne sich um die schlüpfrigen Terrassenstufen zu kümmern. Es wäre besser, wenn sie betrunken oder high wäre, aber dazu war keine Gelegenheit. Es wäre besser, wenn sie sich gewaschen und umgezogen hätte; sie würde sich bei etwas so Wichtigem gern sauberer und hübscher fühlen, aber sie ist nicht mehr jung, und niemand sieht ihr zu.
Sie hockt sich hin und lässt Suki in die Grube sinken, in die sie getrocknete Blüten und Früchte und Decken und Sukis Tennisball gelegt hat. Der Ball ist verklebt von Hundespeichel und Haaren. Die Hündin scheint zu seufzen, als der Körper auf dem Boden ankommt, als sei das eine Erleichterung. Penny zieht die Hände unter der Decke hervor, tritt einen Schritt zurück, schließt die Augen und verschränkt die Finger locker vor der Taille. Sie senkt den Kopf und versucht, respektvoll zu sein. Versucht, an gute Wünsche zu denken und daran, wo Suki jetzt hingehen wird. Aber sie kann es nicht, und schließlich nimmt sie einfach die Schaufel und schiebt die gefrorene Erde in die Grube. Schnell, bevor sie es sich anders überlegen kann.
Stromausfälle
Etwas stört AJ, aber er kann nicht genau sagen, was es ist. Statt seinen Rundgang zu beenden, macht er sich auf die Suche nach Big Lurch. Er muss ins Dienstzimmer und hinüber in den Verwaltungstrakt und durch sämtliche Toiletten und Küchen gehen, bevor er ihn im Kontrollraum der Security findet, einer riesigen, futuristischen Glaskapsel im Empfangsbereich der Klinik. Dort sitzt er auf einem Drehstuhl vor einer Reihe von Monitoren. Er hat die Füße hochgelegt und die Arme verschränkt, und sein Kopf hängt herab, als schlafe er oder sei kurz davor einzuschlafen.
»Erstaunlich.« AJ bleibt in der Tür stehen und verschränkt die Arme. »Du bist da, wo du hingehörst. Hier hätte ich zuallerletzt gesucht.«
Big Lurch hebt den Kopf ein kleines Stück und runzelt die Stirn.
»AJ? Du siehst komplett gaga aus – wie
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