Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Titel: Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
Vom Netzwerk:
breiteten sich nun auch auf ihren Wangen aus. Sie wirkte, als würde sie entweder losheulen oder auf ihn einschlagen. Zach hatte keine Ahnung, was wahrscheinlicher war.
    Doch als sie sprach, war ihre Stimme kühl und wild entschlossen. »Die Königin – und wenn ich sie aus der Vitrine hole, was dann? Ich weiß, wo meine Mutter den Schlüssel aufbewahrt. Ich könnte ihren Part übernehmen. Sie kennt alle Geheimnisse und kann dir geben, was du haben willst. Alles, einfach alles. Wenn du morgen kommst.«
    Zach zögerte. Die Große Königin, die über die Silbernen Hügel herrschte, über das Grabesgraue Land, das Reich der Gewitterhexen und die gesamte Schwärzeste See. Sie könnte ihm Informationen über den Vater von Säbel-William geben. Mit ihrem Segen wären all seine Verbrechen verziehen und William dürfte mit der Neptunperle segeln, wohin der Wind ihn trug. Poppys Versprechen war eine wirklich große Geste, zumal ihre Mutter ausflippen würde, wenn Poppy die Puppe wirklich aus der Vitrine entwendete. Die Puppe war sehr, sehr alt und – zumindest glaubte Poppys Mutter das – sehr wertvoll. Wenn sie den brüchigen Stoff ihres Kleids berührten oder an ihren spröden strohblonden Locken herumfummelten, würde sie erheblich an Wert verlieren. Und wer wusste, was für Folgen es nach sich ziehen könnte, wenn die Königin aus ihrem Gefängnis befreit würde?
    Einen Augenblick lang war er ganz in diese Gedanken versunken, und die Erkenntnis, dass es kein weiteres Spiel geben würde, traf ihn wie ein Schock. Und wenn Zach noch so sehr in Versuchung geriet, konnte er nicht mehr mitspielen. Säbel-William war nicht mehr da.
    »Tut mir leid«, sagte er, drehte sich achselzuckend um und ging.
    Poppy gab einen erstickten Laut von sich. Alice redete leise auf sie ein.
    Zach ließ den Kopf hängen, schloss die Augen und lief weiter.
    An diesem Abend stocherte Zach am Küchentisch in seinem Essen herum. Er hatte keinen Hunger.
    »Deine Mutter hat mir klargemacht, dass ich dich nicht wie einen kleinen Jungen behandeln soll, wenn ich möchte, dass du dich erwachsener verhältst«, sagte sein Vater mit einem betont aufrichtigen Unterton. »Sie hat recht. Ich hätte deine Sachen nicht wegwerfen dürfen, weil es meine Aufgabe ist, dich an die richtigen Entscheidungen heranzuführen, statt sie für dich zu treffen.«
    Die Stimme seines Vaters erinnerte Zach an das vergangene Jahr, als er in der Schule in eine Schlägerei verwickelt war. Seine Mutter hatte ihn so lange im Büro des Rektors schmoren lassen, bis er bereit war, sich bei Harry Parillo für die Schläge zu entschuldigen, obwohl es ihm kein bisschen leid getan hatte. Die Entschuldigung seines Vaters klang genauso gezwungen.
    »Es ist schwer, sich daran zu gewöhnen, dass wir wieder zusammen sind, ich weiß«, sagte Zachs Mutter. »Aber wir geben uns alle Mühe. Möchtest du noch etwas dazu sagen, Zachary?«
    »Nein.«
    »Das macht nichts.« Sein Vater stand auf und schlug Zach auf die Schulter. »Wir haben uns verstanden, oder?«
    Eine ungemütliche Stille breitete sich zwischen ihnen aus.
    Schließlich nickte Zach, weil er seinen Vater wirklich verstand. Er verstand, dass er seine Mutter glücklich machen wollte. Er hatte Verständnis dafür, dass es ihm nicht leidtat. Aber deshalb konnte er ihm noch lange nicht vergeben.
    Am nächsten Tag ging Zach zum Training und versuchte, Poppy, Alice und seinen Vater aus seinen Gedanken zu verbannen, indem er so aggressiv spielte, dass der Coach ihn abmahnte und für den Rest des Trainings auf die Bank schickte. Zach wollte auch nicht an die Geschichte denken, die nun ohne ihn weiterging und sich um die Leerstellen rankte, die seine Figuren hinterließen, bis sie zugewachsen waren und niemanden mehr kümmerten.
    Er erwog noch mal, wegzulaufen, doch ihm wurde klar, dass er nicht gewusst hätte, wohin.
    Da sein Vater an diesem Abend im Restaurant arbeitete, erlaubte Zachs Mutter ihm, auf dem Sofa vor dem Fernseher Ravioli aus der Dose zu essen. Sie redeten nicht viel, aber er merkte, dass sie ihm aus dem Augenwinkel besorgte Blicke zuwarf.
    Am nächsten Morgen bat er sie, ihn zur Schule zu fahren, und am Nachmittag ging er zu Alex Rios. Sie spielten Videospiele in Alex’ ausgebautem Keller auf einem Fernseher, größer als jeder, den Zach je in einem Wohnraum gesehen hatte.
    Am darauffolgenden Tag kam Alice zu Zach, als er in der Pause Körbe warf, und drückte ihm einen Zettel in die Hand. Als sie wieder ging, brüllten ein paar

Weitere Kostenlose Bücher