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Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Titel: Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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angeleuchtet wurde. Dann nahm sie den Rucksack ab und zog ihn auf ihren Schoß.
    »Sagt ihr mir jetzt endlich, was los ist?«, fragte Zach und setzte sich ihr gegenüber. Die Holzdielen unter seiner Schlafanzughose fühlten sich kalt an und er rutschte hin und her, weil es so unbequem war.
    Sie machte den Reißverschluss auf. »Du wirst uns jede Wette auslachen«, sagte sie. »Aber das wird dir schon noch vergehen.«
    Zach warf Alice einen Blick zu. Sie lehnte an der Wand des Schuppens. »Poppy hat einen Geist gesehen«, sagte sie.
    Zach versuchte vergeblich, den Schauer zu unterdrücken. Nachts in einem dunklen Schuppen sprach man nicht über Gespenster. »Ihr wollt mir nur einen Schreck einjagen. Das ist doch nur ein blöder – «
    Poppy holte vorsichtig die Porzellanpuppe aus dem Rucksack. Zach hielt den Atem an und schwieg. Die glanzlosen schwarzen Augen der Königin standen offen und richteten sich eindringlich auf ihn. Sie war ihm immer schon unheimlich gewesen, aber im Licht der Taschenlampe wirkte sie dämonisch.
    Poppy strich der Puppe übers Gesicht. Es war so strahlend weiß wie die Teller eines feinen Geschirrs. Das Haar war so spröde wie ein Borstenpinsel und spross üppig aus ihrem Schädel, ihre Wangen und Lippen waren hellrosa gefärbt. Als Poppy sie zu Boden legte, blieben ihre Lider offen, obwohl sie sich in dieser Haltung hätten schließen müssen. Es war, als ließe sie Zach nicht aus den Augen. Ihr dünnes zerschlissenes Kleid war an der Schulter eingerissen und hatte zahllose stecknadelgroße Löcher. Das Alter hatte den verblassten Stoff mehr mitgenommen als den Rest der Puppe – und der Transport in Poppys Rucksack hatte es auch nicht besser gemacht.
    »Die Königin«, sagte Zach mit bebender Stimme und nötigte sich einen höhnischen Unterton ab, um seine Angst nicht zu verraten. »Und? Ihr habt mich hierher verschleppt, um mir eine Puppe zu zeigen?«
    »Hör einfach nur zu«, entgegnete Alice. »Versuch einfach ein paar Minuten nicht der blöde Arsch zu sein, der du geworden bist.«
    Alice redete sonst nie so, schon gar nicht mit ihm. Das saß.
    »Ich weiß, dass du gesagt hast, du würdest nicht mehr zu uns kommen, aber ich dachte, vielleicht tust du es trotzdem«, ratterte Poppy herunter. »Aber dann hätte ich nicht einfach an die Vitrine gehen und die Königin herausholen können. Deshalb habe ich sie an dem Abend nach unserem Streit, als meine Ma gerade nicht da war, herausgeholt und die anderen Sachen so arrangiert, dass man es nicht sofort sieht. Tja und in jener Nacht – da habe ich dann das tote Mädchen gesehen.«
    »Du meinst, du hattest einen Albtraum «, sagte Zach.
    »Halt doch einfach die Klappe«, sagte Alice.
    »Es war anders als in einem normalen Traum«, sagte Poppy und strich die Locken der Königin glatt. Ihre Stimme war jetzt zart und frostig wie die Nachtluft. Genauso sprach Poppy, wenn sie irgendwelche Bösewichte oder die Königin selbst spielte. »Es war überhaupt nicht wie im Traum. Sie saß am Fußende auf meinem Bett. Sie hatte blonde Haare, wie die Puppe, aber ihre waren zottelig und schmutzig. Ihr Nachthemd hatte Matschflecken. Sie hat gesagt, ich müsste sie begraben. Sie hat gesagt, sie fände keine Ruhe, bis ihre Knochen in ihrem eigenen Grab lägen, und wenn ich ihr nicht helfen würde, müsste ich es büßen.«
    Poppy machte eine Pause, als erwartete sie eine blöde Bemerkung. Alice trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Aber Zach war gebannt von den Bildern, die Poppy heraufbeschworen hatte, und schwieg eine Weile. Er hatte das Mädchen mit dem schmutzigen Nachthemd buchstäblich vor Augen.
    »Ihre Knochen ?«, wiederholte er schließlich.
    »Wusstest du, dass Porzellan aus Knochen gemacht wird?«, fragte Poppy. »Die Puppenkönigin wurde aus Menschenknochen hergestellt. Kleinmädchen-Knochen. Die Haare, die an den Kopf genäht sind, sind die Haare des kleinen Mädchens. Und der Puppenkörper ist angefüllt mit ihrer Asche.«
    Zach bekam eine Gänsehaut und schloss die Augen, damit er die Puppe nicht mehr ansehen musste. »Okay, wenn ihr das witzig findet, bitte. Verstehe. Ihr seid sauer auf mich, weil ich nicht mehr mitspiele, und jetzt wollt ihr mir mit so einem Hirngespinst Angst einjagen. Was kommt denn noch? Habt ihr draußen ein Bettlaken in einem Baum drapiert, damit ich mich zu Tode erschrecke?«
    »Ich hab’s dir ja gesagt«, flüsterte Alice Poppy zu.
    »Ihr habt wirklich ein Bettlaken da draußen?« Zach ließ stirnrunzelnd den

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