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Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Titel: Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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verstorbenen Frau, die sich um die Tochter gekümmert hatte. Angeblich war Lucas Kerchner sichtlich verstört nach Hause gekommen und hätte sie in einem Zimmer seines großen viktorianischen Hauses eingeschlossen. Als sie sich endlich hätte befreien können, wären Kerchner und seine Tochter bereits verschwunden gewesen.
    Lucas Kerchner leugnete den Mord an seiner Tochter, doch er lieferte keinerlei Erklärung für das Beweismaterial an seinem Arbeitsplatz oder einen Anhaltspunkt für ihren Aufenthaltsort. »Ich bin kein Mörder«, war alles, was er dazu sagte. »Ich habe ihr nur neues Leben eingehaucht.« Im Zuge des weiteren Verhörs brach er zusammen, schrie und weinte und behauptete beharrlich, seine Tochter »sei ein Engel, der auf die Erde gefallen sei« sowie »seine perfekteste Schöpfung«. Kerchner wurde des Mordes für schuldig befunden und zum Tode verurteilt.
    Nach seiner Schuldigsprechung stellte Orchid Ware die Produktion ein. Insgesamt war das ausgesuchte Porzellan nur knapp drei Jahre lang hergestellt worden, doch die Werke erfreuen sich bis heute bei Sammlern großer Beliebtheit und sind sehr kostbar. Alle Jahre wieder kursieren Gerüchte, fantastische Stücke von Lucas Kerchner seien gesichtet worden, die er auf dem Höhepunkt seines Wahnsinns geschaffen hätte: Samoware, eine funktionierende Porzellanuhr, ja sogar eine Gliederpuppe – doch angesichts der Fragilität seiner Werke ist dies höchst zweifelhaft. Dennoch wahrt Orchid Ware seinen geheimnisvollen Nimbus, an dem sicherlich auch in Zukunft festgehalten wird.
    Die Sammlung ist die Leihgabe
eines Privatsammlers.
    Zach starrte auf die Tafel. Er las das Ganze noch einmal durch, um sicherzugehen, dass er nichts missverstanden hatte, während sein Traum wie ein Echo durch seinen Kopf schwirrte. Wenn es stimmte, was Poppy und er geträumt hatten, wenn Eleanor wirklich existierte, dann hatte Lucas Kerchner seine Tochter nicht umgebracht. Eleanors Tante war schuld daran, dass sie vom Dach gefallen war, und Lucas – der, ob er nun ein Mörder war oder nicht, eindeutig total irre war – hatte offenbar ihre Leiche gefunden und gedacht, ihr nur gerecht werden zu können, wenn er sie in eine seiner kostbaren Puppen verwandelte.
    Zach überlief es kalt. Das war schlimmer, als jedes Ungeheuer je hätte sein können.
    Von oben rief jemand – möglicherweise einen Namen. Miss Katherine suchte sie wahrscheinlich überall in der Bibliothek.
    Zach hatte keine Zeit mehr, Lucas Kerchner zu bedauern. Er musste die Puppe finden. Er musste Eleanor finden.
    Rasch ging er in den ersten Raum, in den sie durch das Fenster eingestiegen waren. Überall lagen vom Wind verwehte Zettel, sodass der Boden wie verschneit aussah. Doch eine Puppe suchte er hier vergeblich. Sie war weder auf einem der Aktenschränke noch auf dem Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand oder unter den Schreibtischen.
    Zach ging wieder in den Flur und nahm sich den nächsten Raum vor, in dem kistenweise Bücher standen. Er prüfte jeden Karton, doch die Königin war nirgends zu finden.
    Als er schließlich nicht wusste, wo er noch suchen sollte, schlich er auf die Damentoilette. Er war noch nie in einer Damentoilette gewesen und fand es irgendwie peinlich. Er wollte auf keinen Fall dabei erwischt werden. Doch als er sich umschaute, sah es auch nicht viel anders aus als in der Herrentoilette. Die Fliesen waren rosa und es gab keine Urinale an der Wand, sondern nur drei Kabinen und ein Waschbecken – aber alles andere war genauso. Zach ging ohne große Hoffnung zum Waschbecken, über dem ein Spiegel hing, bis er plötzlich die metallenen Abfalleimer an der Wand bemerkte.
    Dort war sie, die Puppenkönigin, sie lag auf einem Bett aus zusammengeknüllten Papierhandtüchern und starrte mit ihren müden Augen zu Zach hoch. Überrumpelt wich er schnell zurück und blickte zufällig in den Spiegel.
    Doch auch das war sonderbar. Statt seiner selbst sah er dort ein Gesicht aus gesprungenem weißem Porzellan mit schwarzen Löchern anstelle der Augen. Und als Zach den Mund öffnete, um zu schreien, blieb das Spiegelbild ruhig, bewegte die Lippen in dieser Maske nicht.
    Dann blinzelte Zach und sein eigenes Gesicht erschien im Spiegel. Alles war wieder normal – nur sein Herz klopfte wie verrückt.
    Er sagte sich, dass Poppy vielleicht mitten in der Nacht aufgestanden und nach unten auf die Toilette gegangen war. Dort hatte sie die Königin möglicherweise im Halbschlaf am Waschbecken

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