Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)
hervortreten, wo Zach einmal mit einem Textmarker ein Raumschiff gemalt hatte.
Er fuhr den mittlerweile verblassten Umriss mit einem Finger nach.
»Dein Vater hat gestern bei den Abfallbetrieben angerufen«, sagte seine Mutter.
Zach blinzelte und hob den Blick.
Sie trank noch einen Schluck Kaffee. »Und bei der Deponie. Er hat gefragt, ob es irgendeine Möglichkeit gibt, dein Spielzeug zurückzubekommen. Er wollte sogar selbst hinfahren und danach suchen, aber es ging alles nicht. Es tut mir leid. Ich weiß, dass es dumm von ihm war, aber er hat wirklich alles getan, um es wiedergutzumachen, Liebling.«
Zach fühlte sich wie betäubt, als geschähe alles mit einer leichten Verzögerung. Er wusste, dass es eigentlich wichtig sein sollte, was sie sagte, doch es gelang ihm nicht, das auch zu empfinden. Außerdem war er müde, als hätte er überhaupt nicht geschlafen. Dabei hatte er so tief geschlafen, dass das Schrillen des Weckers ihn am tiefsten Grund eines fernen, dunklen Ortes erreicht zu haben schien. Er hatte erst seine Träume abschütteln müssen, um wach zu werden.
»Okay«, sagte er, weil es nichts anderes zu sagen gab.
»Heute Abend setzen wir uns zum Familienrat zusammen. Dein Pa hatte einen sehr strengen Vater und obwohl er das hasst, verhält er sich manchmal genau wie er. Er hat es nicht anders gelernt, Schatz.«
Zach zuckte die Achseln und steckte sich einen Löffel mit Müslimatsch in den Mund, um zu verhindern, dass er ihr sagte, er würde lieber an den Zehen über einem brüllenden Feuer aufgehängt werden, als mit seinem Vater zu sprechen. Kauend nahm er seinen Rucksack und machte sich auf den Weg zur Schule.
»Wir können später weiterreden«, sagte seine Mutter gewollt fröhlich. Sekunden später knallte er die Tür hinter sich zu.
Die kalte Luft fühlte sich wie ein Schlag ins Gesicht an. Er war froh, dass Poppy und Alice nirgends zu sehen waren. Sie wohnten so nah beieinander, dass sie sich manchmal zufällig auf dem Schulweg trafen. Außerdem gingen sie zusammen nach Hause. Doch an diesem Morgen war es eine Erleichterung, allein zu sein. Er hielt den Kopf gesenkt und kickte Steinchen und lose Asphaltbrocken über die Straße. Als er in der Ferne das Schulgebäude sah, überlegte er, was wohl passieren würde, wenn er einfach weiterginge und alles hinter sich ließe, so wie sein Vater vor drei Jahren. Wenn er immer weiterlief, bis er an einen Ort kam, wo ihn niemand kannte und er sich älter machen konnte, Geld verdienen …
Tja, aber was dann?
Als er sich endlich doch dafür entschieden hatte, in die Schule zu gehen, kam er zu spät. Mr Lockwood warf ihm einen bösen Blick zu, als er direkt nach dem Klingeln in den Klassenraum schlurfte. Zach setzte sich an sein Pult und kritzelte nichts auf den Rand seines Hefts. Wenn ihm eine neue Idee für das Spiel kam, konzentrierte er sich auf etwas anderes, bis er nicht mehr daran denken musste.
Beim Mittagessen schmeckte sein Sandwich nach Pappe. Seinen Apfel warf er gleich fort.
Nach der Schule sagte er dem Trainer, er wäre krank, aber in Wirklichkeit wollte er einfach nicht. Er wollte einfach gar nichts mehr.
Zach machte sich auf den Heimweg und hoffte, sich vor den Fernseher setzen zu können, bis seine Mutter von der Arbeit kam. Dann würde er ihr das Gleiche sagen wie dem Trainer. Kurz darauf holte Alice ihn ein, nachdem das Klackern ihrer Schuhe auf dem Bürgersteig sie bereits angekündigt hatte. Er kam sich dumm vor, weil er einfach den üblichen Weg eingeschlagen hatte, ohne daran zu denken, dass er dann seine Freunde treffen könnte.
»Zach?«, fragte Alice, noch außer Atem vom Laufen. Sie trug ein blaues T-Shirt mit einem Wesen darauf, das halb wie ein Brontosaurus und halb wie ein Kätzchen aussah. Ihre Zöpfe waren mit einem Haarband zusammengebunden und an ihren Ohren baumelten kleine Feder-Ohrringe.
Er wusste überhaupt nicht, was er ihr sagen sollte. Er wollte sie fragen, warum sie am Vortag mit ihren Freundinnen gekichert hatte – und warum sie nicht mit ihm geredet hatte. Doch das schien in einem anderen Leben gewesen zu sein, so viel war seitdem passiert. Als wäre er nun eine andere Person.
Ein Junge namens Leo winkte und kam auf sie zu. Er trug eine große Brille und sagte immer komische Sachen. Man konnte sich darauf verlassen, dass er irgendwas Sonderbares von sich geben würde. »Hey«, sagte er. »Ich soll euch von Poppy ausrichten, dass ihr langsam gehen sollt. Sie leiht sich noch ein Buch aus.«
»Oh«,
Weitere Kostenlose Bücher