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Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)

Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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von ihrem Duft drang in seine Nasenlöcher. Frauen hatten im Sommer diese Schweißspur auf der Haut. Und mehr noch, sie dünsteten etwas aus, das Bereitschaft signalisierte. Sie waren willig, aber nicht bei jedem. Sie verteilten süße Geschenke, aber nicht für ihn.Das durfte ihn nicht ablenken. Bei seinem Vorhaben ging es um etwas anderes. Er hatte eine Vision. Und der musste er folgen.
    Der Kellergang führte einmal um die Ecke. Sie war völlig ahnungslos, ihre Unbeschwertheit zauberte ein Lächeln auf seine Lippen. Wenn er sich nicht täuschte, summte sie sogar leise vor sich hin, aber vielleicht war das nur das tosende Blut in seinen Ohren. Er schwitzte an den Händen, wischte sie an seinem Blaumann ab.
    Schon blieb sie vor einem Verschlag stehen.
    Er hielt inne, musste seinen Atem kontrollieren. Er war nur noch einen Schritt von seinem Ziel entfernt, und seine Nervenenden vibrierten. Das Latex schnalzte, er streifte sich die Handschuhe über, setzte sich die Kappe auf.
    Sie drehte sich erstaunt zu ihm um.
    »Könnte schmutzig werden«, murmelte er.
    Er registrierte die Irritation in ihrem Gesicht, die aufkeimende Furcht, ihm gefiel dieses Mienenspiel.
    »Und wo soll hier ein Wasserschaden sein?«, fragte sie.
    Wenn sie den Mund öffnete, wurde eine winzige Lücke zwischen ihren Schneidezähnen sichtbar, ein faszinierendes Detail. Er bewunderte ihre vollen, fleischigen Lippen, während er eine der Dosen aus der Seitentasche am rechten Hosenbein zog. Er schüttelte sie, auch wenn es nicht unbedingt notwendig war, bloß ein Teil der Magie.
    »Was soll das? Wozu soll das gut sein?«
    Dieses Zittern in ihrer Stimme. Es inspirierte ihn, brachte sein Blut zum Kochen, aber er musste den Moment noch hinauszögern, ihn auskosten. Nur nicht zu hastig vorgehen, sonst wäre alles im Nu vorbei. Jede Einzelheit war wichtig, ein jedes Molekül ihrer Angst.
    »Das hier?« Er schaute auf die Dose in seiner Hand, als wüsste er selbst nicht, wie sie dahin gekommen war.
    Es pochte hinter seiner Stirn. Jetzt begann das Leuchten, alles in ihm war unter Strom. Er hob den Blick.
    Ihre Pupillen verengten sich. Das war die Panik, das kam vom Schock.
    »Ist etwas zum Aufschäumen«, sagte er sanft.
    Nun setzten die Fluchtgedanken bei ihr ein. Wie bei einem Tier, einem gehetzten, in die Enge getriebenen Tier. Erst warf sie den Kopf in die eine Richtung, da war das Ende des Kellers, nichts als eine nackte Wand, dann in die andere. Und da war er, hinter ihm der Ausgang, weit entfernt.
    »Aufschäumen«, sagte er noch einmal.
    Er hatte den Finger am Abzug der Düse. Warm durchzuckte es ihn. Es war so weit.
    Endlich war es wieder so weit.
    Er drückte ab, und sie begann zu schreien.

ACHT
    I n ihrem kleinen Laden in der Weserstraße hockten die Puppen in Regalen, auf der Fensterbank, am Boden oder hingen an Nylonschnüren von der Decke herab. Alles war bunt und verspielt, Ketten und Anhänger lagen neben allerhand Glitzerkram, Stapeln von T-Shirts und Postkarten, Wolle quoll aus Schubfächern, und die farbigen Wände zierten Poster mit großäugigen Manga-Figuren.
    Josie breitete die Styroporkugeln und die Füllwatte auf ihrem Arbeitstisch aus, legte Stoffe und Nadeln bereit, schaltete leise Musik ein und begann. Sechs Maschen im Ring, danach alle verdoppeln, fünf feste Maschen, zwei zusammenhäkeln, eine Kettmasche einfügen und den Faden durchziehen, das Loch mit dem übrigen Faden schließen. Es war eine Tätigkeit, die sie beruhigte, wie eine Meditation mit den Händen. Nur manchmal hob sie den Kopf und schaute auf die Straße hinaus. Um diese Zeit kam keine Kundschaft, es war noch zu früh, und es gab Tage, an denen sich niemand in ihren Laden verirrte, stille Tage voller Luftmaschen und Spiralrunden, die sie zu genießen versuchte.
    Einmal musste sie flüchtig an den Kommissar denken, eigentlich hatte sie ihn doch anrufen wollen, aber sie wollte nicht mehr an das Foto erinnert werden, das er ihr gezeigt hatte, und schon gar nicht an den grausigen Fund auf ihrem Balkon, sie wollte nicht mehr über Milan nachdenken und endlich seinen Übergriff von Dienstagabend vergessen. Es war besser für sie, wenn sie nur mit ihren Puppen lebte, denn die waren unschuldig und stumm.
    Sie häkelte drei Maschen im Ring und verdoppelte, bildete eine Luftmasche und häkelte in der Reihe weiter, als mit einem Mal ihr Handy piepste. Sie ließ die Nadeln sinken und tippte auf das Display. Es war eine SMS von Karen:
    JOSIE. ICH BIN FURCHTBAR KRANK. KANNST DU

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