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Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)

Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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schwiegen beide lange Zeit.
    »Noch einmal zurück zu dem Mord«, sagte sie leise. »Was genau ging da in Ihnen als Kind vor, als sich das Verbrechen in der Nachbarschaft ereignete?«
    »Es war für mich vielleicht ein Schlüsselerlebnis. Ich fand es aufregend, bedrohlich und anziehend zugleich. Die Absperrbänder, das Blaulicht, die Männer in den weißen Overalls, die Trage mit dem Leichensack. Susanna Halm hatte noch kurz vor ihrer Ermordung mit mir gesprochen. Ich weiß nicht mehr genau, was sie gesagt hatte, aber sie kannte mich ja, und sie mochte mich, glaube ich. Und ich hab als Junge die Szene nachgespielt mit meinen Plastikfiguren und meinen Polizeiautos, und einmal kam meine Mutter in das Zimmer, und sie sah mir dabei zu, wie ich Mörder und Ermittler spielte, auch die Szene, als der Frau der Schädel eingeschlagen wurde, ich sah das ja alles deutlich vor mir, ein gusseiserner Kerzenständer, das war meine Phantasie, ein sehr mächtiger, gusseiserner Kerzenständer, wir hatten so einen in der Wohnung, und ich sah vor mir, wie mein Vater ausholte und –.«
    Die Stimme versagte ihm.
    Nach einer Weile sagte er kaum hörbar: »Meine Mutter hatte Tränen in den Augen, als sie mich den Mord nachspielen sah. Ich bin mir sicher, dass sie etwas von dem Verhältnis meines Vaters mit Susanna Halm gewusst hat.«
    Jana Michels sah ihn nur an.
    »Einmal, es war vielleicht schon ein Jahr nach dem Mord, stand ich wieder vor dem Hauseingang, es zog mich immer dorthin, und plötzlich war mein Vater hinter mir. Er – er zog mich am Kragen meiner Jacke zu sich herum, plötzlich, von hinten. Ich war so erschrocken, dass ich aufschrie. Ich sehe noch immer sein zorniges Gesicht vor mir, es ist das Gesicht aus meinem Alptraum, und er brüllte mich an. Er fragte, was ich hier zu suchen hätte und wie oft er mir schon gesagt hätte, ich solle nicht mehr vor diesem verdammten Haus spielen.«
    »Ihr Vater ist Tischler von Beruf, nicht wahr? Das haben Sie in einer Sitzung mal erwähnt.«
    Trojan nickte. »Er war es, jetzt ist er im Ruhestand.«
    »Und er hatte diesen Unfall?«
    Abermals nickte er. »Es war ein kleiner Betrieb, in dem er arbeitete. Er verdiente nicht viel. Meine Mutter musste nebenbei als Verkäuferin schuften, damit sie uns überhaupt durchfüttern konnte. Ja, und eines Tages kam sie völlig aufgewühlt von der Arbeit heim. Ich sehe mich noch an meinem Schreibtisch sitzen, über meine Hausaufgaben gebeugt, und sie kommt zum Zimmer herein und sagt mir, dass Vater mit der Hand in die Standfräse geraten sei. Sie haben ihn sofort in eine Spezialklinik gebracht, haben an ihm rumgeflickt, aber entweder war das alles Pfusch oder –.«
    Er stieß die Luft aus.
    »Jedenfalls war Vaters Hand fortan verkrüppelt. Er konnte seinen Beruf nicht mehr ausüben, wurde zum Frührentner, das Geld war noch knapper als zuvor und – sein Jähzorn und die permanenten Selbstvorwürfe, er hatte doch bei der Arbeit getrunken, und letztlich war es seine Schuld, die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Es war –.«
    Eine Kopfbewegung von Jana Michels ermutigte ihn weiterzusprechen. Der Schweiß lief ihm in Bächen den Rücken hinunter.
    »Ich beschloss also, Polizist zu werden. Es war kurz nach dem Abitur, ich erzählte meinem Vater davon. Er lachte mich aus. Ich höre noch seine Worte: ›Du bist doch viel zu weich für diesen Beruf.‹ Aber da war auch dieses Aufblitzen in seinen Augen, als wollte er mir noch etwas sagen.«
    »Was war das Ihrer Meinung nach?«
    Trojans Finger verkrampften sich.
    »Eine Drohung: ›Wag es nur ja nicht. Gegen mich kommst du nicht an.‹«
    Und wieder brach es aus ihm heraus: »Es darf ja auch nicht wahr sein, es darf einfach nicht sein. Wie oft hab ich mich dafür geschämt, diesen Gedanken auch nur zuzulassen: Vater hat sie umgebracht. Er war es. Er hat sie erschlagen. Er, er, er! Und Mutter hat es geahnt. Und Mutter –.«
    Er schluckte.
    »Es ist so schwer, darüber zu sprechen.«
    Jana Michels nickte ihm zu.
     
    Karen saß am offenen Fenster und schaute in den Himmel. Mit der einen Hand fuhr sie sich durch ihre Locken, in der anderen hielt sie das Telefon. Eigentlich war es ein guter Tag, es roch nach Sommer, die Vögel lärmten in den Bäumen, und die Hitze machte die Menschen in der Stadt träge und froh.
    Nur die Stimme ihrer besten Freundin passte nicht zu dieser Augustlaune. Immer wenn die Angst zurückkam, sprach sie so tonlos und gehetzt zu ihr.
    »Du kannst es mir auch gleich erzählen,

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