Die purpurnen Flüsse
Stein , Ritzen , di e al s Stütz e diene n konnten , um zwe i Körpe r abzuseilen.
Ei n eisige r Win d peitscht e sei n Gesicht , un d Niéman s geno ß das kalt e Prickeln . Trot z de r Umständ e hatt e er , al s e r hierhergekommen wa r un d vo r de m kleine n Tümpe l gestande n hatte , de n intensiven Eindruc k vollendete r Füll e empfunden . Vielleich t hatt e sic h der Mörde r dies e Stell e au s ebe n diese m Grun d ausgesucht : E s wa r ein Or t de r Ruhe , de r Heiterkeit , ohn e Störunge n ode r Mißhelligkeiten. Ei n Ort , a n de m da s jadegrün e Wasse r de n gewalttätige n Geist besänftigte.
De r Kommissa r fan d nichts . Run d u m di e Nisch e setzt e e r seine Such e fort : kein e Spu r vo n Haken . E r stützt e ei n Kni e au f de n Rand un d stric h übe r di e Innenwänd e de s Hohlraums , bi s sein e Finge r in de r Mitt e de r Deck e au f einma l ein e Öffnun g ertasteten , mi t scharfen Ränder n un d eindeuti g nich t natürliche r Ursache . Anerkennend dacht e e r a n Fann y Ferreira . Si e hatt e richti g vermutet : Offenbar hatt e de r Mörder , ausgerüste t mi t Felshake n un d Karabinern , die Leich e tatsächlic h mi t Hilf e seine s eigene n Körpergewicht s hier heraufgeschafft.
E r streckt e de n Ar m aus , sucht e weite r un d entdeckt e insgesamt dre i Einschläg e i m Felsen , di e tiefe r waren , al s e r ertaste n konnte , im Dreiec k angeordnet . De r Tathergan g wurd e allmählic h klarer : Rémy Cailloi s mußt e be i seine r Wanderun g überrasch t worde n sein . In diese n einsame n Höhe n hatt e ih n de r Mörde r gefesselt , gefoltert, verstümmel t un d getöte t un d wa r dan n mi t de r Leich e seine s Opfers in s Ta l zurückgekehrt . Wie ? Niéman s war f eine n Blic k nac h unten, dorthin , w o de r Wildbac h sic h z u eine m spiegelglatte n Tümpel staute . Au f de m Wasserweg . Wahrscheinlic h wa r de r Mörde r mit eine m Kaja k ode r ähnliche n Gefähr t de n Bac h hinuntergefahren.
Abe r woz u dies e Mühe ? Waru m hatt e e r de n Tote n nich t einfach a m Tator t liege n gelassen?
Vorsichti g stie g Niéman s wiede r ab . Unte n angelangt , zo g e r die Handschuh e aus , kehrt e de r Wan d de n Rücke n un d betrachtet e die Felsnisch e i n de r ungetrübte n Wasserfläche : Da s Spiegelbil d wa r so reglo s wi e ei n Gemälde , un d wiede r empfan d e r dasselb e Gefüh l – diese r Or t wa r ei n Heiligtum . Ein e Oas e de r Reinhei t un d des Friedens . Un d vielleich t hatt e de r Mörde r ih n au s diese m Grund ausgesucht . Ein e Gewißhei t besa ß Niéman s nu n jedenfalls . Sein Mörde r wa r ei n erfahrene r Alpinist.
Niéman s Wage n wa r mi t eine m VHF-Funkgerä t ausgestattet , das e r jedoc h ni e benutzte . Ebensoweni g wi e e r vertraulich e Gespräche übe r sei n Hand y führte , da s noc h leichte r abzuhöre n war . Statt desse n benutzt e e r sei t einige n Jahre n eine n Pager , eine n Empfänger fü r Funknachrichten , un d wechselt e häufi g di e Marke n un d Typen. Diese s System , da s nu r mi t Hilf e eine s Paßwort s funktionierte, konnt e nieman d abhören . De n Tric k hatt e e r vo n Pariser Drogendealer n übernommen , di e sofor t begriffe n hatten , wi e diskret un d zuverlässi g solch e Funknachrichte n sind . Joisneau , Barne s und Vermon t wußte n sein e Numme r sam t Codewort . Al s e r i n den Wage n stieg , nah m e r da s Gehäus e au s de r Tasch e un d war f einen Blic k au f da s Display . Kein e Nachricht . E r fuh r lo s un d kehrt e zur Universitä t zurück . Inzwische n wa r e s el f Uh r vormittags ; hi n und wiede r überquert e ein e vereinzelt e Gestal t di e Grünfläche . Ei n paar Studente n liefe n di e Bah n de s Stadion s entlang , da s ei n weni g abseits vo m Betonkomple x de r Institutsgebäud e lag.
Niéman s bo g i n ein e Querstraß e ei n un d fuh r wiede r au f das Hauptgebäud e zu . De r gewaltig e Bunke r erstreckt e sic h über sechshunder t Mete r Läng e un d wa r ach t Stockwerk e hoch . E r stellte de n Wage n a b un d war f eine n Blic k au f seine n Plan . Abgesehe n von de r Bibliothe k beherbergt e diese s Ungetü m di e Vorlesungssäl e für Medizi n un d Physi k un d ein e Unmeng e vo n Labors . I m obersten Stockwer k befande n sic h di e Wohnunge n fü r di e Studente n und Universitätsmitarbeiter , di e au f de m Campu s lebten . Mi t rotem Filzstif t hatt e ih m de r Portie r di e Numme r de s Appartement s von Rém y Cailloi s un d seine r junge n Fra u
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