Die purpurnen Flüsse
hundertjährig e Bäum e verfeuerte.
E s läutet e a n de r Tür . Reflexarti g schaut e Kari m au f di e Uhr: 07.45 . E r macht e auf.
E s wa r Sélier , de r Nachtdiens t gehab t hatte . E r tru g ein e grünliche Mien e zu r Schau , ein e Mischun g zwische n Besorgni s und Schläfrigkeit . Kari m bo t ih m keine n Te e an . Nich t einma l einen Stuhl . E r fragt e nur : »Wa s gibt’s?«
De r Man n öffnet e de n Mund , doc h e r sagt e nichts . Schweißtropfen ranne n ih m unte r de r Mütz e zwische n de n Haare n hervor . Schließlich stammelt e er : »E s is t … di e Schule . Di e klein e Schule.«
»Wa s is t damit?«
»Di e Ecol e Jean-Jaurès . E s wurd e eingebroche n … Heut e nacht.« Kari m lächelte . Di e Woch e fin g rasan t an . Wahrscheinlic h hatten Halbstark e au s de m Nachbaror t au s schiere r Lust , de n Leute n auf de n Wecke r z u gehen , ein e Grundschul e verwüstet . »Ein Riesenchaos , nehm e ic h an? « fragt e Karim , währen d e r sic h anzog.
De r uniformiert e Polizis t verzo g da s Gesich t bei m Anblic k dieser Kleider : Sweatshirt , Jeans , ein e Joggingjack e mi t Kapuz e und darübe r ein e braun e Lederjacke , Model l Müllman n au s de n fünfziger Jahren.
»Ebe n nicht« , antwortet e er . »Da s ware n Profi s … « Karim schnürt e sein e Stiefe l zu . »Profis ? Wa s sol l da s heißen?«
»Da ß e s kei n Jungenstreic h wa r … Si e sin d mi t Dietriche n i n die Schul e eingedrungen , Schlösse r wurde n nich t aufgebrochen . Un d sie habe n keinerle i Spure n hinterlassen . Di e Schulleiteri n hat’ s aus reine m Zufal l gemerkt , a n ei n paa r Kleinigkeiten , di e fau l waren, ansonste n … « Kari m stan d auf . »Wa s habe n si e gestohlen?«
Sélie r schnauft e un d fuh r sic h mi t zwe i Finger n unte r de n Kragen.
»Da s is t noc h komischer . Nicht s habe n si e gestohlen.«
»Wirklich?«
»Wirklich . Si e ware n einfac h i n eine m Klassenzimmer , und dan n …pfff t … sin d si e anscheinen d genaus o schnel l wieder verduftet …«
Eine n kurze n Augenblic k betrachtet e Kari m sei n Spiegelbil d i n der Fensterscheibe . Sein e Rastalocken , di e z u beide n Seite n de s Kopfes wir r herabfielen , sei n schmale s dunkle s Gesicht , verlänger t durch eine n spitze n Ziegenbart . E r setzt e sein e ausladend e Mütz e in jamaikanische n Farbe n au f un d lächelt e sic h zu . Ei n Teufel . Ein Teufe l frisc h au s de r Karibik . E r dreht e sic h z u Sélie r um.
»Un d wies o hols t d u d a mich?«
»Crozie r is t noc h nich t au s de m Wochenend e zurück . Als o haben Dussar d un d ic h … wi r habe n gedach t … da ß d u … D u muß t di r das anschauen , Karim , ic h …«
»Scho n gut . Gehe n wir.«
8
Übe r Sarza c gin g di e Sonn e auf . Ein e Oktobersonne , bleic h und mat t wi e ein e Genesende , di e sic h nu r seh r allmählic h erholt . In seine m alte n Peugeo t folgt e Kari m de m Streifenwagen . Sie durchquerte n di e Stadt , di e z u diese r Stund e noc h wi e to t dala g und ei n weißliche s Leuchte n wi e vo n Irrlichter n verbreitete . Sarza c war wede r ei n alte r Marktflecke n noc h ein e modern e Stadt , sonder n eine Aneinanderreihun g vo n Wohn - un d Geschäftshäuser n unbestimmten Alter s un d ohn e besonder e Kennzeichen , hingebreite t i n eine r weiten Ebene . Nu r da s Stadtzentru m wie s ein e klein e Eigenhei t auf , eine Straßenbahn , di e übe r alte s Kopfsteinpflaste r vo n eine m End e des Orte s zu m andere n ratterte . Imme r wen n si e vorbeikam , mußte Kari m a n di e Schwei z ode r Italie n denken , ohn e gena u z u wissen, weshal b – i n beide n Länder n wa r e r ni e gewesen.
Di e Ecol e Jea n Jaurè s la g i m Osten , i n eine m Viertel , i n de m die ärmer e Bevölkerun g lebte , nah e de m Gewerbegebiet . Kari m fuh r an eine m Ausbun d a n Häßlichkei t entlang , blaue n un d braunen Mietshäusern , di e ih n a n di e Wohnblock s seine r Kindhei t erinnerten. Di e Schul e stan d a m End e eine r Straß e mi t rissige r Asphaltdecke, ein e Betontrepp e führt e zu m Eingan g hinauf . Au f dem Treppenabsat z erwartet e si e ein e Frau , di e i n ihre r weite n dunklen Jack e verlore n wirkte . Di e Schulleiterin . Kari m begrüßt e si e und stellt e sic h vor . Da s aufrichtig e Lächeln , mi t de m di e Fra u ihn empfing , überrascht e ihn , den n i n de r Rege l löst e e r ein e Wog e des
Mißtrauen s aus . Kari m dankt e ih r innerlic h fü r ihr e Spontaneitä
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