Die purpurnen Flüsse
r Gegend , stimmt’s?«
»Nein.«
»Wa s habe n Si e getan , da ß ma n Si e hierhe r versetz t hat?«
»Da s is t ein e lang e Geschichte . Vielleich t komm e ic h irgendwann ma l vorbe i un d erzähl e si e Ihnen.«
Drauße n tra t Kari m z u de n Streifenpolizisten , di e mi t de r Miene schuldbewußte r Schüle r i n de r Faus t rauchten . Sélie r spran g au s dem Wagen.
»Mein e Güte , e s is t scho n wiede r wa s passiert!«
»Wa s denn?«
»Noc h ei n Einbruch . Seitde m ic h hie r bin , hab e ic h ni e …«
»Wo?«
Sélie r zögerte , sa h sein e Kollege n an . Sei n Ate m rasselt e unter seine m Schnurrbart.
»Ic h … Au f de m Friedhof . Jeman d is t i n ein e Gruf t eingebrochen.«
Di e Gräbe r un d Kreuz e erstreckte n sic h übe r ein e leicht e Anhöhe, un d mi t ihre n Grau - un d Grüntöne n wirkte n si e wi e die Verästelunge n vo n Flechten , di e i m Sonnenlich t leuchten . Karim stan d hinte r de m Gitterto r un d schnuppert e de n Duf t vo n Ta u und verwelkte n Blumen.
»Ih r warte t hie r au f mich« , befah l e r de n Streifenpolizisten . An eine n Monta g wi e diese n würd e Sarza c sic h noc h lang e erinnern, sagt e e r sich , währen d e r Latexhandschuh e überstreifte . Vo r der Fahr t zu m Friedho f wa r e r noc h kur z z u Haus e gewesen , u m seine »wissenschaftliche « Ausrüstun g z u holen : eine n Koffer , i n de m sich Aluminium - un d Granitpulve r sowi e Klebebände r zu m Nachweis vo n Fingerabdrücke n befanden , außerde m Elastomere , u m etwaige Fußspure n auszugieße n … E r wa r fes t entschlossen , selbs t dem allergeringste n Hinwei s sorgfälti g nachzugehen.
Übe r di e Kiesweg e schrit t e r z u de r entweihte n Gruft , dere n Lage ma n ih m beschriebe n hatte . Eine n kurze n Momen t hatt e e r eine regelrecht e Grabschändun g befürchtet , vo n de r Art , wi e si e seit einige n Jahre n i n Frankreic h imme r wiede r vorkame n un d die offenba r ein e makabr e Mod e geworde n waren : verstreut e Schädel un d verstümmelt e Leichen . Abe r nein : Hie r wa r alle s i n Ordnun g – auße r de r Gruf t hatte n di e Grabschände r sichtlic h nicht s angerührt.
Kari m stan d a m Fu ß de s Granitblock s un d betrachtet e das Mausoleu m i n For m eine r kleine n Kapelle . Di e Tü r wa r nur angelehnt . E r gin g i n di e Kni e un d untersucht e di e Verriegelung . Wie i n de r Schul e hatte n di e Einbreche r besonder e Sorgfal t au f das Schlo ß verwendet . Kari m stric h übe r di e Kant e de r steinerne n Mauer un d ka m z u de m Schluß , da ß auc h i n diese m Fal l Profi s a m Werk gewese n waren . Dieselben ? E r stie ß di e Tü r au f un d versuchte , sich di e Szen e vorzustellen . Waru m hatte n di e Eindringling e soviel Vorsich t walte n lassen , u m ei n Grabma l aufzubrechen , un d waren dan n abgezogen , ohn e di e Tü r wiede r z u schließen ? Kari m bewegte de n schwere n hölzerne n Flüge l hi n un d he r un d begriff : I n die schmal e Furch e de r Türverkleidun g ware n Kieselstein e gerutscht , so da ß di e Tü r nich t meh r fugenlo s schlo ß un d sic h nich t mehr verriegel n ließ . Nu r di e kleine n Kiese l verrieten , da ß sic h hier jeman d z u schaffe n gemach t hatte.
De r Polizis t untersucht e nu n da s Schlo ß selbst , ei n kompliziertes, rech t antike s Hebelsystem , mi t de m siche r nu r Spezialisten zurechtkamen . Kari m stockte : Spezialisten ? Konnt e e s tatsächlich sein , da ß i n de r kleine n Schul e un d au f diese m Friedho f dieselben Einbreche r a m Wer k gewese n waren ? Welche r Zusammenhang mocht e zwische n de n beide n Einbrüche n bestehen ? Di e Stel e lieferte ih m eine n erste n Hinweis . »Jud e Itéro . 23 . Ma i 197 2 – 14 . August 1982 « stan d darauf . Kari m überlegte . Vielleich t hatt e diese r kleine Jung e di e Ecol e Jea n Jaurè s besucht . Au f de r Grabtafe l wa r keine weiter e Inschrift , kei n Gebe t eingemeißelt . Nu r ei n kleine r ovaler, nachgedunkelte r Silberrahme n wa r au f de m Marmo r befestigt . Aber e r enthiel t kei n Porträt . »Is t da s ei n Mädche n ode r was?«
Kari m dreht e sic h um : Sélie r stan d hinte r ihm , wi e üblic h mit verwirrte r Miene . »Nein , da s is t ei n Jungenname.«
»Abe r englisch?«
»Nei n jüdisch. « Sélie r wischt e sic h di e Stir n ab.
»Mein e Güte , dan n is t da s womöglic h ein e Schändun g wi e in Carpentras ? Ware n da s Neonazis?«
Kari m stan d auf . »Nein , da s glaub e ic h
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