Die purpurnen Flüsse
e Mutter , dan n wieder au f de n Soh n un d erkannte , da ß de r Pfarre r i m Begrif f war , in nostalgische n Erinnerunge n z u versinken . E r schlu g seinen gutmütigste n Tonfal l an : »Ha t si e Ihne n den n gesagt , waru m si e die Bilde r wollte?«
»Nein.«
»Ha t si e vo n Jud e gesprochen?«
»Nein.«
»Ha t si e Ihne n Gel d gegeben?«
De r Pfarre r verzo g da s Gesicht . »Abe r nein ! Si e ha t mic h u m die beide n Foto s gebeten , da s wa r alles ! Her r i m Himme l … ic h … hielt diese n Besuc h fü r ei n Zeichen , verstehe n Sie ? Ein e vo n Gott gesandt e Anerkennung! « E r schluchzte.
»Damal s wußt e ic h noc h nicht , da ß ic h ei n Versage r bin . Ein versoffene r Kerl , de r z u nicht s gu t ist . De r Soh n diese r … Wi e soll ma n etwa s geben , wa s ma n selbe r nich t hat? « rie f e r flehentlich, rappelt e sic h au f un d packt e Karim s Lederjacke.
»Wi e da s Lich t bringen , wen n ic h wander e i n finstere m Tal? Wie?«
Di e Mutte r lie ß di e Schachte l fallen , Foto s breitete n sic h übe r den Boden . Mi t ausgestreckte n Kralle n stürzt e si e sic h au f ihre n Sohn un d schlu g au f ih n ein , au f de n Rücken , di e Schultern , mi t kleinen hämmernde n Fäusten . »Schuft ! Schuft ! Schuft! « schri e sie . Entsetzt wic h Kari m zurück . I n diese m Zimme r brodelt e de r Wahnsinn , und e r wollt e nu r noc h fort , eh e e r selbs t de n Verstan d verlor . Doc h er hatt e noc h nich t all e Antworten , di e e r brauchte . E r scho b di e Frau beiseit e un d beugt e sic h übe r de n Pfarrer , de r wiede r au f dem Schaumstof f zusammengesack t war . »I n zwe i Sekunde n bi n ic h weg, dan n is t alle s vorbei . Si e habe n di e Nonn e wiedergesehen, stimmt’s? « De r Man n nickt e schluchzend . »Wi e heiß t sie?«
De r Pfarre r schniefte , währen d sein e Mutte r i m Zimme r au f un d ab lie f un d unverständlich e Wort e vo r sic h hinmurmelte . »Wi e heißt sie?«
»Schweste r Andrée.«
»Welches Kloster?«
»Saint-Jean-de-la-Croix . Di e Karmeliterinnen.«
»W o is t das?«
De r Man n vergru b da s Gesich t i n de n Händen . Kari m packt e ihn unte r de n Achsel n un d zerrt e ih n au f di e Beine . »W o is t das?«
»Zwische n Sèt e un d de m Ca p d’Agde , nah e a m Meer . Ic h besuche si e manchmal , wen n mic h de r Zweife l überkommt . Si e is t meine Zuflucht , verstehe n Sie ? Ein e groß e Hilf e … Ic h … « Di e Tü r schlug zu . Kari m lie f z u seine m Wagen.
V
22
De r Himme l hatt e sic h wiede r verfinstert . Wi e ein e ungeheure schwarz e Welle , erstarr t zwische n steinerne n Flanken , ragt e der Gran d Pi c d e Belledonn e i n di e Wolken . Sein e Hänge , di e von winzige n stachelige n Bäume n gespick t waren , schiene n sic h i n der Höh e i n dunstige m Wei ß aufzulösen . Di e Kabe l de r Seilbahn spannte n sic h wi e dünn e Dräht e senkrech t übe r de n Schnee . »Ich denke , de r Mörde r wa r mi t Rém y Caillois , al s e r noc h a m Lebe n war, dor t obe n au f de m Gipfel. « Niéman s lächelte . »Ic h denke , si e sind mi t de r Seilbah n gefahren . Ei n erfahrene r Alpinis t kan n di e Bah n zu jede r Tages - ode r Nachtzei t ohn e weitere s i n Betrie b setzen.«
»Waru m sin d Si e sic h d a s o sicher? « fragt e Fann y Ferreira.
Wunderschö n wa r di e jung e Geologieprofessorin : Ih r Gesich t im Krage n de r Sturmkapuz e strahlt e vo n überwältigende r Frisch e und Jugend , wi e ei n Ru f de r Zeit . U m ihr e Schläfe n tanzte n dunkle Locken , un d ihr e Auge n funkelte n hel l übe r de r schattige n Haut. Niéman s empfan d ei n wilde s Verlangen , i n diese s Fleisc h z u beißen, da s pur e Lebenslus t atmete . »Wi r habe n inzwische n de n Beweis , daß di e Leich e i m Gletscherei s au f eine m diese r Berg e gelege n hat«, antwortet e er . »Mei n Instink t sag t mir , da ß de r Ber g de r Gran d Pi c ist un d da s Ei s vo m Vallernes-Gletsche r stammt . Wei l da s de r Hausberg de r Stad t is t un d de r Aufstie g gleic h hinte r de r Universitä t beginnt. Wei l diese r Gletsche r de n Flu ß speist , de r a m Campu s vorbeifließt. Ic h denke , de r Mörde r is t anschließen d mi t eine m Kaja k oder ähnliche n Gefähr t un d seine m Opfe r a n Bor d durc h de n Wildbac h ins Ta l abgefahren . Ers t dan n ha t e r di e Leich e i n di e Felsnisch e gehievt, dami t jeman d si e al s Spiegelbil d i m Flu ß entdeck t … « Fann y sah sic h entnerv t um .
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