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Die purpurnen Flüsse

Titel: Die purpurnen Flüsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Kei n einziger Schaulustiger , kein e Familie , di e a n eine m Montagaben d übe r das Geländ e schlenderten . I n de r Fern e fletscht e da s schwarz e Meer sein e weißliche n Gischtzähne.
    Kari m tra t näher . Ei n Riesenra d dreht e sic h i n Zeitlupe . Seine Speiche n ware n mi t kleine n Lampion s besetzt , di e flackerte n wie unte r eine m Wackelkontakt , wei l imme r nu r di e ein e Hälfte aufflammte , währen d di e ander e erlosch . I m Autoscoote r schlugen di e Wage n blindling s un d mechanisc h ihr e Haken , un d unte r den windgeblähte n Plane n de r Ständ e ga b e s di e immergleichen Attraktionen : Tombolas , Schießbuden , erbärmlich e Spektake l – Abdou f wußt e nicht , wa s ih n meh r deprimierte , di e Kirch e oder diese r Jahrmark t …
    Ohn e groß e Hoffnun g began n er , di e Budenbesitze r und Schaustelle r z u befragen . E r sprac h vo n eine m zehnjährige n Jungen namen s Jud e Itér o un d nannt e ei n Datum : Jul i 1982 . Di e meisten Gesichte r starrte n ih n an , ohn e mi t de r Wimpe r z u zucken , wie zerknittert e Mumien . Manchma l erhiel t e r al s Reaktio n ein verneinende s Knurren , dan n wiede r di e ungläubig e Gegenfrage:
    »Wie , vo r vierzeh n Jahren ? Ja , wa s den n noc h alles? « Kari m fühlte sic h zunehmen d mutlos . E s stimmt e j a – we r sollt e sic h a n ein e so nebensächlich e Begebenhei t noc h erinnern ? Wi e of t wa r di e Mutter de s Junge n den n hiergewesen ? A n drei , vier , allerhöchsten s fünf Sonntagen?
    Au s reine r Sturhei t klappert e e r sämtlich e Ständ e ab , wei l e r sich einredete , da s Kin d hab e vielleich t ein e besonder e Vorlieb e fü r diese ode r jen e Attraktio n gehab t ode r mi t eine m de r Schausteller Freundschaf t geschlosse n …
    Doc h a m End e seine r Rund e wa r e r s o schla u wi e zuvor . E r ging zu m Stran d un d starrt e auf s Mee r hinaus . Mi t unverminderte r Wucht rollte n di e Welle n wi e Schaumzunge n an s Ufe r un d brache n sic h an de r Mole . Weite r drauße n sa h da s Mee r au s wi e Teer . Kari m hatte da s Gefühl , i n ei n Niemandslan d gerate n z u sein , i n de m e s nichts meh r z u hole n gab . Ein e Kindheitserinnerun g fie l ih m ein : die verzaubert e Stad t vo n Pinocchio , w o di e böse n Kinde r von großartige n Spektakel n i n di e Fall e gelock t un d i n Ese l verwandelt wurden . Wa s wa r au s Jud e geworden?
    Au f de m Rückwe g z u seine m Wage n entdeckt e Kari m einen kleine n Zirku s au f eine r unbebaute n Fläche , de r ih m zuvo r entgangen war . Entschlossen , kein e Möglichkei t auße r ach t z u lassen , gin g er au f da s Zel t zu . E s wa r eigentlic h kei n Zirku s – nu r ei n recht windschiefe s Zelt , i n de m ei n paa r Artistennummer n vorgeführt wurden . Übe r de m wackelige n Eingan g verkündet e ei n Transparent i n geschnörkelte n Buchstaben : »Lo s Braseros« . Ei n ganzes Programm . Mi t zwe i Finger n ho b de r Polizis t de n Vorhan g an , der al s Tü r diente , un d tra t ein . Wi e angewurzel t blie b e r stehen . Sah helllodernd e Flammen , begleite t vo n donnernde m Prasseln. Benzingeruc h weht e ih n i n Schwade n an . Geblende t meint e e r im erste n Moment , ein e lichterlo h brennend e Maschin e z u sehen , doch gleic h darau f erkannt e e r menschlich e Körper , ro t leuchtend e Haut, un d begriff , da ß e s sic h u m Feuerschlucke r handelte , di e unte r trüben Funzel n ein e Ar t Ballet t veranstalteten . Männe r mi t nacktem Oberkörper , glänzen d vo n Schwei ß un d Benzin , di e ihren Flammenate m au f leich t brennbar e Fackel n hauchte n un d einen unheimliche n Tan z aufführten , be i de m si e sic h i m Krei s stampfend vo r un d zurüc k bewegten , imme r wiede r eine n Schluc k Benzin nahme n un d neue , imme r höher e Flamme n zu m Zeltdach emporspieen . Manch e bückte n sich , di e Arm e au f di e Kni e gestützt, währen d ander e wi e lodernd e Höllengestalte n übe r di e krummen Rücke n hinwegsprangen.
    Kari m dacht e a n di e Teufel , di e Jud e un d sein e Mutte r jagten. Imme r wieder , diese n ganze n lange n Alptrau m hindurch , hatte dieselb e Atmosphär e geherrscht , dieselb e giftig e Unruhe . »Jedes Verbreche n is t ei n Atomkern« , hatt e de r Polizis t mi t der militärische n Bürstenfrisu r gesagt.
    Kari m setzt e sic h i n ein e de r hölzerne n Sitzreihe n un d sa h den Drachenlehrlinge n ein e Weil e zu , fes t entschlossen , hierzubleiben un d di e Männe r z u befragen

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