Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)
süffisant, ob der Staatsanwalt eigentlich sicher sei, dass er sich in der richtigen Verhandlung befinde. Dann habe er nämlich nicht aufgepasst. Die Angeklagte sei freizusprechen. Er stütze seine Anklage auf die Aussage einer alkoholisierten Zeugin, die noch dazu angegeben habe, dass die Angeklagte keineswegs die Zeugin bedrängte, ein Medikament zu nehmen. Des weiteren habe man einer verurteilten Mörderin eingeredet, sie solle von Zyankali und einem Pillendöschen berichten, und ihr dafür Vorteile bei der Straf zumessung versprochen. Der Arzt der Verstorbenen habe ausgesagt, dass die Verstorbene depressiv und selbstmord-gefährdet sei. Die beste Freundin habe ausgesagt, sie habe ihren Selbstmord angekündigt. Ein Kriminaloberkommissar, der bei seiner Neujahrsfeier gestört wurde, habe sich überhaupt nicht die Mühe gemacht, in der Richtung zu ermitteln. Es gebe so viele Zweifel an meiner Schuld, dass überhaupt nur ein Freispruch in Frage käme.
Dann erhielt ich das letzte Wort. Aber ich sagte nichts. Ich schüttelte nur mit dem Kopf. Das Gericht erhob sich und verließ den Saal. Urteil in zwei Wochen. Ich kam in meine Zelle zurück, legte mich ins Bett und lauschte auf meine Verzweiflung. Von Zeit zu Zeit wurde die Klappe an meiner Zellentür geöffnet. Ich wurde beobachtet. Wie entwürdigend! Aber ich reagierte nicht. Ich verweigerte Essen und Trinken, ich antwortete nicht, wenn ich angesprochen wurde. Ein Arzt kam, Kreislauf und Puls wurden kontrolliert. Ich ließ es geschehen. Nach zwei Tagen kam Mark in meine Zelle.
„O Gott, Tausendschönchen,“ sagte er,„was ist nur aus uns geworden.“
Er zog einen Stuhl an mein Bett, nahm meine Hand und sah mich an. „Iss doch etwas,“ bat er. Er hatte zwei Stück Torte und eine Thermoskanne mit Kaffee dabei. Mühsam erhob ich mich. Wir löffelten den Kuchen und schlürften Kaffee. Das tat gut.
„Du musst über Deine Zukunft nachdenken,“ begann Mark wieder.
„Wohin willst Du, was wirst Du tun?“
Eine unglaubliche Wut stieg in mir hoch.
„Ich habe einen Arbeitsvertrag und einen gültigen Mietvertrag. Ich will auf die Burg und meine Arbeit aufnehmen, und wenn Jochen mich rausschmeißen will, kann er was erleben.“ Ich schrie es geradezu dem armen Mark ins Gesicht. Lange schwieg er.
„Willst Du Dir das wirklich antun?“ fragte er dann traurig.
Wollte ich mir das wirklich antun?
„Ich muss es mir noch mal überlegen,“ sagte ich schließlich.
Er stand auf um zu gehen. Er nahm mich in den Arm und drückte mich fest.
„Ich komm bald wieder, ich helfe Dir.“
Mein Wutanfall hatte meine Lebensgeister geweckt. Ich fühlte mich matt und müde. Aber ich nahm wieder an den Mahlzeiten und den Hofgängen teil. Mark kam alle zwei Tage und fütterte mich mit Torte und Kaffee. Die Urteilsverkündung war Mittwoch. Sonntag kam Max mit seiner unvermeidlichen Torte.
„Tausendschön,“ sagte er und wurde rot.
„Du weißt, dass Du mir viel bedeutest. Das ist im Hinblick auf Deine augenblickliche Gefühlslage bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt, aber ich würde Dich sofort heiraten. Seit ich Deinen Prozess führe, habe ich nicht mehr getrunken. Du könntest mich dauerhaft heilen.“ Ich drückte seine Hand.
„Mark, Du bist süß. Aber ich habe so viel mit mir selbst zu tun. Ich muss mein Leben wieder in den Griff kriegen, und Du musst Deine Probleme alleine regeln. Die Abstinenz bekommt Dir gut. Du siehst prima aus. Lass es so.“
„Ich will Dich nicht bedrängen. Aber vielleicht könntest Du mich irgendwann doch so mögen, dass Du mich heiratest. Ich habe eine große Wohnung. Wir leben als Brüderchen und Schwesterchen zusammen. Du hast ein Dach über dem Kopf und ich helfe Dir bei der Stellensuche. Wer weiß?“
Er sah mich ein bisschen hoffnungsvoll an, aber ich schüttelte den Kopf.
„Mein Leben liegt in Scherben, ohne Stelle, ohne Wohnung, ohne Zukunft, meine Liebe ist kaputt. Ich muss weg aus Hessen.“
„Du willst also nicht zurück auf die Burg?“
Ich schüttelte den Kopf. Er ging.
Kapitel XIII
„Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Die Angeklagte wird auf Kosten der Staats kasse, die auch ihre notwendigen Auslagen zu tragen hat, freigesprochen. Der Haftbefehl wird aufgehoben. Es ergeht noch folgender Beschluss: Die Angeklagte hat wegen der erlittenen Haft Anspruch auf Haftentschädigung.“
Ich sah Mark mit gerunzelter Stirn an.
„Erklär ich Dir,“
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