Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)
gediegen, dennoch chic. Woher kannte ich sie nur. Dann haute es mich fast vom Stuhl. Ich starrte Mark an und sagte laut:
“Ich werd` verrückt. Genossin Olga.“
Die quiekende Frau de Keijzer zum Hove war zu Frau Olga Kaiser mutiert, schlank, brünett und elegant. Ihre Personalien wurden aufgenommen: 45 Jahre alt, Hausfrau, geschieden. „Geschieden?“ flüsterte ich Mark zu.
„Hat ihr Bonze sie verjagt?“ Er nickte.
„Hat ne jüngere gefunden“, flüsterte er zurück.
Der Vorsitzende blickte fragend zu uns herüber.
„Hat die Verteidigung Fragen an die Zeugin?“
„Zurzeit nicht,“ antwortete Mark,
„wir hatten nur Schwierigkeiten, Frau Kaiser einzuordnen.“
Der Vorsitzende forderte Genossin Olga auf, die Ereignisse der Neujahrsnacht zu erzählen. Olga war ganz Dame. Sie berichtete chronologisch, wie sie auf der Toilette festgestellt habe, dass sich jemand übergeben musste. Dann habe eine Stimme zuerst „Frau Fischer“ und dann „Marianne“ gerufen. Als sie von der Toilette in den Waschraum kam, sah sie, dass auf der Bank im sogenannten Ruheerker Marianne Fischer lag und von mir versorgt wurde. Auf dem Tisch stand eine geöffnete Pillen dose, in der lag eine Kapsel.
„Hat Frau Krause auf die Verstorbene eingeredet, damit sie die Kapsel einnähme?“ fragte der Vorsitzende.
Olga überlegte lange, schüttelte den Kopf, hob die Schultern. Doch dann fiel es ihr ein.
„Nein, eigentlich hat sie gesagt, hier sei ein Medi kament von ihrem Arzt. Aber wenn sie kotz...., ehem, wenn sie sich übergeben müsse, hätte es keinen Zweck, das zu nehmen. Ja, und plötzlich begann Marianne zu frieren, Frau Krause hat sich die Garderobenmarke geben lassen, um den Mantel von Frau Fischer zum Zudecken zu holen.“
Olga machte eine Pause. Sie hatte sichtlich Mühe, die Rolle der vornehmen Dame beizu behalten.
„Und dann?“ fragte der Staatsanwalt.
„Dann habe ich mich vor dem Spiegel frisch gemacht und nicht mehr auf Marianne geachtet. Plötzlich hörte ich ein Rascheln. Ich sah zu ihr hinüber. Sie hatte das Wasserglas in der Hand und trank, und im nächsten Augenblick...“,
Olgas Stimme steigerte sich immer mehr zum quiekenden Crescendo
„bekam sie Zuckungen, verdrehte die Augen, verkrampfte sich und Schaum kam aus ihrem Mund. Da wusste ich, sie war tot.“
Olga heulte und schluchzte. Mir drehte sich der Magen. Die Horrorszene aus der Sylvesternacht wurde plastisch.
„Sie sind sicher, dass zu dem Zeitpunkt eine Pillendose auf dem Tisch stand?“
„Ganz sicher.“
„Ab wann war sie denn nicht mehr da?“
„Das weiß ich nicht. Meiner Meinung nach war sie noch da als ich den Raum verließ.“
„Wann war das? Bevor oder nachdem Frau Krause den Raum verlassen hatte?“
„Ich wurde vom Polizeiarzt aus dem Raum geführt und in irgendeinem Zimmer behandelt. Da war Frau Krause schon eine Weile weg.“
„Haben Sie einen Briefumschlag gesehen?“ Olga überlegte.
„Kann mich nicht erinnern.“
„Noch Fragen an die Zeugin?“
Der Vorsitzende wollte Genossin Olga bereits entlassen, aber da kannte er Mark schlecht.
„Ich weiß gar nicht so recht, wie ich Sie anreden soll, Frau de Keijzer zum Hove,“
sagte er verschmitzt.
„Sie sind ja ein echtes Chamäleon. Wechseln die Farbe, zumindest die Haarfarbe. Wechseln den Namen, das Outfit, den Mann.“
Olga blickte böse. Ganz offensichtlich wollte Mark sie provozieren.
„Er hat mich verlassen“, gestand Olga, die Märtyrerin.
„Genau“, fuhr Mark fort.
„Ihre Ehe war Ende letzten Jahres doch wohl schon zerrüttet. Ich nehme an, das Scheidungsverfahren lief bereits? Sie waren allein auf der Party?“
Olga nickte.
„Superparty“, lachte sie.
„Ja“, feixte Mark „Fressen und Saufen bis zum Abwinken.“
„Das haben auch alle genossen,“
Olga schien die Erinnerung zu gefallen.
„Sie auch?“ fragte Mark.
„Darauf kannste einen lassen, mein Junge.“
Da kam die Genossin Olga wieder zum Vorschein.
„Frau Kaiser,“ Max wurde schlagartig förmlich, „niemand macht Ihnen sicherlich einen Vorwurf, dass Sie in Ihrem Scheidungsschmerz und in Anbetracht des hohen Eintrittsgeldes von den freien Getränken reichlich Gebrauch gemacht haben. Aber glauben Sie ernsthaft, dass Sie noch in der Lage waren, eine exakte Beschreibung der Ereignisse zu machen. Soviel ich weiß, hatten sie einen hysterischen Anfall. Man kann doch wohl sagen, dass Sie zu dem Zeitpunkt nicht mehr klar bei Verstand waren.“
Das war zu viel für
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