Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)
offensichtlich fassungslos zugehört hatte, denn er sah wie seine sichere Beute ihm entwischte, schaltete sich ein.
„Frau Herzmann, Ihre beste Freundin kündigt ihren Selbstmord an, und Sie tun nichts dagegen?“
„Ich habe mich sehr bemüht, habe lange Gespräche mit ihr geführt und ihr gesagt, sie solle sich doch von Jochen trennen und ein neues Leben anfangen, ohne diesem ständigen Erwartungsdruck ausgesetzt zu sein, ohne das ständige Gefühl zu versagen. Sie solle einfach ein Leben führen nach ihren Vorstellungen. Sie solle sich ganz einfach wohlfühlen. Ich wollte ihr helfen, und ich hatte auch vor Weihnachten das Gefühl, dass sie sich auf diesem Weg befand.
„Haben Sie denn nicht mal Kontakt zu dem Ehemann aufgenommen.“
„Doch, das habe ich. Er sagte, er wisse, dass seine Frau gefährdet sei. Sie sei wegen dieser Depressionen in Behandlung. Er wolle das aber auf jeden Fall noch einmal mit dem Arzt besprechen. Jochen machte sich große Sorgen.“
„Ich glaube Ihnen das alles nicht,“ rief der Staatsanwalt. „Ihre beste Freundin ist am 1. Januar verstorben. Heute haben wir den 15. Mai. Und plötzlich erscheinen Sie hier und entlasten die Angeklagte. Was hat man Ihnen dafür gezahlt?“
Ruth Herzmann begann zu weinen und Mark sprang auf und verwahrte sich energisch gegen diese Einschüchterung seiner Zeugin. Der Staatsanwalt könne sich nicht alles erlauben, nur weil er jetzt auf der Verliererstraße sei. Der Vorsitzende wies den Staatsanwalt zurecht, wandte sich dann an die Zeugin und sagte beruhigend:
„Staatsanwälte sind manchmal so. Aber wir möchten auch gerne wissen, warum sie mit Ihrer Aussage so lange gewartet haben.“
„Ich war Ende des Jahres im Skiurlaub und kam erst Mitte Januar zurück. Als ich nichts von Marianne hörte, habe ich nach einer Woche versucht sie anzurufen. Aber ich erreichte sie nicht. Ich lese nicht regelmäßig Zeitung, aber ich hörte, wie sich Patienten und Kollegen von dem Giftmord auf der Burg unterhielten. Also rief ich Jochen an. Es war aber gar nicht so einfach, ihn zu erreichen. Er erzählte mir dann, dass seine Freundin verhaftet worden sei; sie stünde in Verdacht, Marianne ermordet zu haben. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Hatte Marianne geplant, sich umzubringen und den Verdacht auf ihre Konkurrentin zu lenken, oder war sie wirklich von der Angeklagten ermordet worden? Ich konnte das nicht beurteilen. Aber ich dachte, wenn Marianne das geplant hat, kann ich ihr doch keinen Strich durch die Rechnung machen. Ich dachte, die Polizei wird das schon herausfinden. Ich hatte keinen Grund, der Angeklagten zu helfen.“
„Und warum tun Sie es jetzt?“ der Staatsanwalt ließ nicht locker.
„Ich habe mir das lange überlegt,“ sagte Ruth Herzmann.
„Wenn ich mal davon ausgehe, dass die Ehe der Fischers schon lange am Ende war und Marianne sich sowieso scheiden lassen wollte, dann ist es ja wohl kaum ein Verbrechen, wenn eine andere Frau mit Jochen zusammen ist. Als ich dann in der Zeitung las, dass Jochen die reiche Andrea Kötter heiratet, habe ich mich entschlossen, meine Aussage zu machen. Frau Krause ist gestraft genug. Sie muss nicht noch lebenslänglich ins Gefängnis.“
Also doch Andrea Kötter. So ein falscher Hund. Jochen hatte mich hereingelegt. Tiefe Verzweiflung überfiel mich. Ruth Herzmann wurde entlassen. Von da an hörte ich nicht mehr, was gesagt wurde. Ich merkte nur, wie ich herausgeführt wurde, diesmal ohne Hand schellen. Als ich draußen stand, fragte ich Mark, was denn los sei.
„Der Richter hat die Sitzung vertagt. Heute sollten die Plädoyers gehalten werden. Aber in Anbetracht der neuen Lage und auch Deines Gesundheitszustandes ist das auf Übermorgen vertagt worden.“
Ich lag in meiner Zelle, hatte die Augen geschlossen und ließ mein ganzes verpfuschtes Leben an mir vorbeiziehen. Alles hatte ich verloren, meine Stelle im Krankenhaus, meine Wohnung, meine Liebe, meine ganze neue Existenz. Wo sollte ich nur hin, wenn ich frei kam? Ich wollte nichts essen, ich wollte niemanden sehen, ich wollte allein sein. Ein Arzt kam und untersuchte mich. Ich bekam eine Injektion, ich weiß nicht wofür oder wogegen. Es war mir auch egal.
Dann saß ich wieder im Gerichtssaal. Der Staatsanwalt redete und redete. Von Heimtücke, von Verwerflichkeit, davon, dass ich mir geld- und statussüchtig einen reichen Mann angeln wollte. Dann forderte er lebenslänglich.
Mark erhob sich und sagte
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