Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Qualen der Sophora

Die Qualen der Sophora

Titel: Die Qualen der Sophora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
Vom Netzwerk:
wehtun…
    Sie legte ihm das blutige Handgelenk an
die Lippen, während sie ihm mit der rechten Hand sanft über die Stirn strich.
Zuerst passierte gar nichts, so dass sie Angst bekam und sich große Sorgen
machte, sie hätte etwas bei seiner Behandlung falsch gemacht, dann bewegten
sich seine Lippen über der Wunde, umschlossen sie und dann kam der erste Zug,
der Nico in den Knien schwach machte. Sie hatte keine Sekunde über die
Auswirkungen nachgedacht, die diese großherzige Geste in ihr auslösen würde.
Sie taumelte gegen die Liege, als sich unvermittelt Damons Fangzähne in ihre
Haut bohrten. Sie musste sich fest auf die Unterlippe beißen, um Wendy nicht
aufzuschrecken, weil sie sonst laut aufgeschrien hätte.
    Das war beinahe zu viel für sie. Sie
quälte sich unnötig, indem sie hier praktisch eine Umwandlung nachstellte, aber
nun war es zu spät, um einen Rückzieher zu machen. Für Damon würde es sowieso
keinen Unterschied machen. Er sollte nur genug nehmen, damit er sich selbst
heilen konnte.
     
    Wendy musste sich schwer zusammenreißen,
um beim Anblick des schwerverletzten Kriegers nicht in Panik auszubrechen und das
Weite zu suchen. Der angeschossene Damon war überhaupt kein Problem. Mit Kugeln
konnte sie umgehen. Ash dagegen war... Oh Gott, die Verbrennungen auf seinem
Rücken waren dritten, an manchen Stellen sogar vierten Grades. Sie musste sich
zwingen, ruhig zu bleiben, während sie sich in Nicos Auftrag um ihn kümmerte.
Dabei zitterten ihre Hände allerdings so stark, dass sie kaum in der Lage war,
ihn mit Hilfe der Lost Soul, die ihr half, seinen Körper in die richtige
Position zu bringen, damit er trinken konnte. Konnte er überhaupt noch
schlucken? Immerhin hatten sie in der Zeit, in der Nico sich um Damon kümmerte,
Ash’ Wunden ebenfalls gereinigt und steril verbunden. Transplantationen waren
in seinem Fall nicht nötig.
    Was war da draußen nur passiert?
    Er musste mit dem Rücken in die Explosion
geraten sein. Mitten ins heißeste Feuer. Damons Sachen waren nur an den Kanten
angesengt. Wendy zählte eins und eins zusammen. Ash musste sich auf seinen
Waffenbruder geworfen haben, um ihn zu schützen. Doch wer schützte jetzt ihn?
Das Plasma würde in keinem Fall so schnell helfen. Nicht einmal direkt über die
Vene gegeben. Es war nichts im Vergleich mit richtigem Blut. Besonders mit dem
einer Tri’Ora wie Wendy. Doch auch das Blut aus ihrem Handgelenk würde von der
Menge her zu wenig sein. Es wäre zu anstrengend für ihn, es herauszusaugen,
wenn er das überhaupt noch konnte. Sie würde ihn an ihren Hals lassen müssen.
Eine Tatsache, die Wendy Übelkeit bereitete und ebenfalls den Schweiß ins
Gesicht trieb. Sie hatte sich nach dem Vorfall mit Winston geschworen, nie
wieder irgendwen an ihren Hals zu lassen. Das war zu nah! Zu persönlich und
überhaupt etwas, mit dem sie nicht leben konnte. Aber das hier ist ein Notfall
und Ash würde nie... Er würde ihr nie zu nahe treten und sie hatte keine Angst
vor ihm, doch trotzdem war das hier eine schier unerträgliche Vorstellung.
    Die Lost Soul fragte sie danach, was sie
jetzt tun wollte. Wendy warf einen unschlüssigen Blick auf Ash’ regungsloses
Gesicht. Wenn sie ihm nicht half, würde er den Tag bestimmt nicht überleben.
    „Ich weiß es nicht!“, flüsterte sie,
obwohl sie etwas anderes hätte antworten müssen. „Ich bin keine
Krankenschwester! Nico, du musst...“
Die letzten Worte mit der Bitte um Hilfe verstummten abrupt auf ihren Lippen,
als sie sich Nico zuwandte und sah, was sie tat. Wie Damon an ihrem Handgelenk
hing und einen kräftigen Zug nach dem anderen nahm.
    „NICO!“ Wendy sprang um die Liege, auf
der Ash lag, herum und riss das Handgelenk von Damons Lippen fort, der erneut
ohnmächtig auf die Liege zurückkippte.
    „WAS TUST DU DA?!“
Die Sophora blutete stark. Wendy hielt ihren Arm nach oben, damit das Blut
nicht weiter aus der Wunde heraussprudeln konnte und suchte auf dem Rollwagen
blind nach einem Verband. Sie war sichtlich geschockt über Nicos Verhalten.
Großmut war eine tolle Sache, aber wenn diese in Lebensmüdigkeit gipfelte, war
sie vollkommen unangebracht.
    „DU DARFST DAS NICHT TUN! DU BIST KEINE
VON UNS! DU KANNST DABEI STERBEN!“
Es klang heftiger als beabsichtigt. Damon stöhnte und sank zurück in eine
gnädige Ohnmacht. Wendy zog Nico ungeduldiger als beabsichtigt auf einen Stuhl,
um sie zu verbinden.
    „Geht es dir gut? Ist dir schwindelig?
Wie viel hat er getrunken?“, fragte sie,

Weitere Kostenlose Bücher