Die Qualen der Sophora
die
Verletzungen der Krieger mit bloßem Auge einzuschätzen.
Jetzt musste sie sich beweisen. Sie
durfte nicht zögern und keine Fehler machen. Das Wohlergehen von zwei sehr
besonderen Menschen stand auf dem Spiel und das hatte nichts mit ihren Gefühlen
für Damon zu tun. Es hätte auch ein anderer Krieger sein können und sie hätte
genauso empfunden. Oben in der Einsatzzentrale wurden die Verletzten in den
großen Behandlungsraum gebracht, wo man gleichzeitig bis zu drei Patienten
behandeln konnte, falls das nötig werden sollte.
Da Jackie ihr offiziell die Aufgabe der
Krankenpflege übertragen hatte, war es an ihr, den Lost Souls Befehle zu
erteilen, doch in diesem Fall fiel ihr das nicht schwer. Es ging um Leben und
Tod. Sie war wieder die patente Krankenschwester, die ihre Fähigkeiten keine
Sekunde anzweifelte. Mit geübten Griffen bereitete Nico zwei OP-Rollwagen vor,
auf die sie ein paar für die Behandlung nötige Utensilien legte. Skalpelle,
Plasma-Beutel, sterile Wundauflagen, Pinzetten, Nierenschalen für Geschosse
oder Schrapnelle, portable Röntgengeräte…
Auf Sterilität mussten sie nicht
unbedingt achten, dennoch war hier natürlich alles peinlich sauber gehalten.
Nico legte auch Handschuhe bereit, weil sie es einfach nicht gewohnt war, mit
bloßen Händen zu arbeiten.
Sie schob Wendy den einen Wagen hin und stellte ihren neben Damons Liege, wo
ihm die Lost Souls schon die schmutzigen und blutigen Kleider vom Leib geschält
hatten. Am Fußende lagen sterile Tücher bereit, doch Nico verzichtete vorerst
darauf, ihn zu bedecken, weil sie seine Verletzungen so besser beurteilen
konnte. Im Moment war er nur ein Schwerverletzter, der ihre Hilfe brauchte.
„Sag mir Bescheid, wenn du Hilfe brauchen
solltest, Wendy! Ash geht vor, es geht ihm viel schlechter als Damon!“, sagte
sie leise, bevor sie die Helfer mit einem Danke entließ, um sich besser auf die
Arbeit konzentrieren zu können.
Sie begann damit, das Blut mit einem Schwamm und lauwarmem Wasser von seiner
Haut zu waschen, da es die Einschusslöcher verschleierte. Danach lokalisierte
sie die fünf Kugeln, die Damon getroffen hatten. Die im Oberschenkel war
einfach zu entfernen und bald hörte man ein leises metallisches Scheppern, da sie
das Projektil in die bereitgelegte Schale fallen ließ.
Nico musste sich beeilen, sie wollte ihn
mit Plasma behandeln, aber nicht bevor sie nicht alle Kugeln entfernt hatte.
Gerade befand er sich in einer tiefen Ohnmacht, die ihn kaum Schmerzen spüren
lassen würde. Bei Kugel vier zögerte sie dennoch. Sie war schließlich kein
Thorax-Chirurg. Selbst die Versicherungen von Jackie, dass sie die Schulmedizin
hinter sich lassen durfte, beruhigten sie nicht unbedingt. Sie setzte dennoch
den Schnitt zwischen zwei Rippen und nutzte ihre schmalen Finger, um nach der
Kugel zu fischen, ohne den Knochenspreizer einzusetzen, um den derzeitigen
Schaden so gering wie möglich zu halten. Auf ihrer Stirn bildeten sich kleine
Schweißperlen vor Anstrengung. Sie sah mehr denn je die Dringlichkeit der
Verwandlung auf ihren Schultern lasten. Vorher war sie eben nicht von
vollständigem Nutzen.
Als sie endlich die letzte Kugel entfernt
hatte, seufzte sie erleichtert auf. Sein Herz schlug langsam aber gleichmäßig
und nicht zu schwach. Er brauchte nur noch Blut, um sich selbst zu heilen. Das
würde er jetzt auch tun, aber der Sonnenaufgang nahte und so würde er unnötige
Stunden mit einer schmerzhaften Heilung verbringen. Vorsichtig deckte sie ihn
mit den hellgrauen Tüchern zu, bevor sie nach dem Plasmabeutel griff, der einen
mundgerechten Drehverschluss besaß.
„Trink!“, bat sie leise, als das Blut
über seine blassen, trockenen Lippen floss, doch die rote Flüssigkeit lief
einfach an seinem Mundwinkel wieder heraus. Sie versuchte es weiter, doch Damon
zeigte keinerlei Reaktion auf das Plasma.
Nicos Herz krampfte sich zusammen, weil
sie fürchtete, sein Zustand könnte bedenklicher sein, als sie bisher befürchtet
hatte. Sie warf einen flüchtigen Blick zur Seite und griff dann nach einem
frischen Skalpell, mit dem sie sich entschlossen ins Handgelenk schnitt, ohne
eine Miene dabei zu verziehen.
Das Messer war sehr scharf, die Schmerzen würden später kommen. Auch hier war
ihr Breed-Status noch im Weg. Nach der Umwandlung würde ihr Blut potenter sein,
aber Damon kannte den Geschmack schon und würde vielleicht dadurch angeregt
werden, von dem Plasma zu trinken.
Nur ein kleines Bisschen, das wird
niemandem
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