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Die Qualen der Sophora

Die Qualen der Sophora

Titel: Die Qualen der Sophora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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nachdem der Druckverband richtig saß.
Dabei sollte sie sich eigentlich um Ash kümmern. Jetzt musste sie sich auch
noch um Nicolasa Sorgen machen, die vor ihr saß und noch blasser war als die
Wand hinter ihr.
    Awendela wünschte sich sehr, dass ihr
Vater in diesem Augenblick zugegen wäre. Oder einer der anderen. Das hier lief
irgendwie aus dem Ruder, dabei hatte es noch nicht einmal richtig angefangen.
Wendy war mit der Gesamtsituation vollkommen überfordert. Plötzlich war sie es,
die in Tränen ausbrach, Nicos erschrockenem Blick auswich und den Versuch
unternahm, so schnell wie möglich die Fassung zurückzugewinnen.
     
    Nico zuckte nicht einmal zusammen, als
Wendy sie anschrie und von Damon loszerrte. Sie wäre nicht mehr fähig gewesen,
sich selbst von seinem kräftigen Biss zu befreien, ohne sich das gesamte
Handgelenk dabei zu zerfetzen.
„Es ist alles gut, Wendy… Es war nicht viel. Es sollte ihn nur zum Trinken des
Plasmas animieren!“, flüsterte sie mit schwacher Stimme, die ihre Worte Lügen
strafte.
Sie schob es auf die aufwallenden Gefühle für Damon, die sie bei einem so
intimen Akt einfach nicht unterdrücken konnte. Er hatte ja wirklich nicht viel
genommen, sie war weit von der Verwandlung entfernt gewesen. Dazu musste der
Immaculate ja beinahe das gesamte Blut nehmen, das hätte viel länger gedauert.
Es war einfach genug gewesen, seinen Appetit anzuregen...
Nico war Wendy nicht böse, sie hatte keine Angst vor dem Tod, er war ihr seit
frühester Kindheit stetiger Begleiter und sie würde einfach mit Mélusina in
eine bessere Welt übergehen. Frei von allen Sorgen und Unzulänglichkeiten. Frei
von ihrem gefangenen Herzen.
     
    „Schon gut!“, wehrte Wendy mit erstickter
Stimme ab und ließ sich vor Nicos Platz erschöpft auf die Knie sinken. Sie
konnte nicht mehr länger warten. Sie musste sich beruhigen und dann musste sie
tun, was ihr Vater vor hundert Jahren für sie getan hatte. Sie musste das Leben
seines Mitstreiters retten. Koste es, was es wolle. Es war das Mindeste, was
sie für ihn tun konnte. Hastig wischte sie die Tränen fort und versuchte, Nico
tapfer anzulächeln.
    „Es ist alles in Ordnung. Es tut mir
leid, wenn ich dich angeschrien habe. Das hätte ich nicht tun dürfen, aber du
hast mir einen großen Schreck einjagt, Nico. Dir kann ich nicht auch noch
helfen, wenn ich Ash zu trinken gegeben habe. Damon ist zu schwach, um dir durch
die Verwandlung zu helfen, die notwendig gewesen wäre, wenn er mehr getrunken
hätte. Du bist noch menschlich, Nico. Das darfst du nicht vergessen. Niemand
wäre hier gewesen, um dich zu retten. Wie hätte ich das Catalina und meinem
Vater erklären sollen, hm?“
    Wendy bat Nico mit einem flehenden Blick
aus buntschimmernden Augen um Vergebung, bevor sie deren Hand nahm und mit ihr
gemeinsam zu Damon rüber sah, der nun wieder ganz normal atmete und auf dem
besten Weg der Heilung zu sein schien. Man konnte ihn auch an eine Infusion
hängen, falls er sich weigerte, das normale Plasma zu trinken, das Nico ihm
eigentlich hätte geben sollen. Es ehrte die Sophora, ihn um jeden Preis retten
zu wollen, doch musste sie aus ihren eigenen Visionen heraus erkannt haben, wie
wichtig sie selbst war. Ein Teil der neuen Quadruga, ein Teil einer neuen Riege
von Kriegern. Sie durfte ihr Leben nicht einfach so aufs Spiel setzen, nur weil
sie diesen Mann... Wendy traf es wie ein Blitz und plötzlich wurden ihr einige
Zusammenhänge klar, die sie im Vorfeld irritiert hatten... liebte.
    „Oh!“, entwich es ihren Lippen, als sie
den unbewussten Gedanken Nicos aufschnappte, der ihr durch die kurze
Verbundenheit nicht entgehen konnte. Mehr sagte sie nicht. Sie sah der Sophora
lediglich weiterhin ernst in die Augen. Hoffentlich wurden ihre Gefühle
irgendwann erwidert. Nico hätte es so sehr verdient. Zwischen ihnen herrschte
einen Moment Stille, dann kehrten sie in die Realität zurück.
    „Ich muss Ash aufrichten und dann müssen
wir ihn irgendwie dazu bringen, aufzuwachen. Er darf nicht so bewusstlos
bleiben wie jetzt. Er muss von mir trinken, um gesund zu werden. Mein Puls am
Handgelenk reicht nicht. Er braucht mehr. Schnell. Das heißt, ich muss...“
Wendy schluckte, denn es fiel ihr schwer, die Wahrheit auszusprechen und dabei
so zu tun, als wäre es selbstverständlich, damit die Sophora nicht merkte, wie
viel Angst sie davor hatte.
    „...ihn an meinen Hals lassen. Ich kann
mich schneiden und du musst dafür sorgen, dass seine Lippen... sich um

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