Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Qualen der Sophora

Die Qualen der Sophora

Titel: Die Qualen der Sophora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
Vom Netzwerk:
gegenüber nun empfand, hatte
nichts mehr damit zu tun, dass er unbedingt von ihr trinken wollte und musste,
um seinen Seelenfrieden zu bekommen. Es genügte ihm, sie endlich zu halten,
ohne den Drang zu verspüren, sie von sich stoßen zu müssen, um Böses zu
verhindern, mit ihr zu sprechen und ihre Reaktion mitzuempfinden, wenn er ihr sagte,
wie schön sie war und Nico es einfach nicht glauben wollte.
    „Ich mag es, wenn deine Haare kurz sind.“ Damon hob
eine Hand empor, um seine Finger zärtlich durch die kurzen, jedoch
nachwachsenden dunklen Wellen gleiten zu lassen.
    „Aber es war ein sehr großes Opfer, das du da gebracht
hast. – Meinetwegen.“
Wieder wechselte der Ausdruck der Bewunderung in seinen Augen in einen
schmerzhaften. Damon überlegte ernsthaft und stetig, wie er seine Verfehlungen
zwar nicht ungeschehen aber ein kleines bisschen gut machen konnte. Es war
schwer. Sehr schwer. Schließlich machte er Frauen niemals Komplimente, die er
auch so meinte, wenn er nichts von ihnen wollte. Zumindest denjenigen nicht,
die ihm nichts bedeuteten.
    „Ich habe dir tatsächlich niemals wehtun wollen, aber
ich habe es getan. Als du damals im purpurnen Saal deine Kapuze runtergezogen
hast, war ich ziemlich geschockt. Du hast in dem Kleid auf der Noctis Transitus
so schön ausgesehen. Mit deinen offenen, langen Haaren. So anders als die
anderen.“
Eine frei gewachsene Sonnenblume verirrt in einem Busch dorniger Rosen.
    „Du bist mir aufgefallen und doch habe ich dich nicht
annähernd gewürdigt, wie du es an diesem Abend verdient hättest. Nicht einmal
das Kreuz um deinen Hals, das mir deinen Status in Erinnerung hätte rufen
sollen, hat mich aufgehalten. Ich war wütend auf dich, weil du mir aus dem Weg
gegangen bist, obwohl ich kein Recht dazu hatte, aufgebracht zu sein. Am
nächsten Morgen dann war alles zerstört.“
Er gab die Haarsträhne, die er beständig über seinen Zeigefinger hatte hinweg
gleiten lassen, frei und strich ihr noch behutsamer, als könnte sie unter dem
leisesten Druck, den er auf sie ausübte zu Staub zerfallen, über die nie
errötende, zarte Haut ihrer blassen Wange.
     
    Nico lächelte zögernd, weil die Erwähnung ihrer kurzen
Haare unweigerlich mit der Noctis verbunden war und der Dummheit, die sie
damals begangen hatte. Im Nachhinein musste sie wohl davon ausgehen, dass das
Abklingen von Sterlings Droge sie wohl noch irrationaler hatte handeln lassen. Natürlich
hätte sie gelitten, doch sich dermaßen gehen zu lassen, war ihr eigentlich
völlig fremd.
Ist anders als die anderen gut?
Sie musste sich unweigerlich mit den anderen Immaculate-Frauen vergleichen,
obwohl sie selbst noch keine war. Die Erwähnung ihres dummen Verhaltens
beschämte Nico erneut zutiefst. Sie hatte beim Wiedersehen gespürt, wie viel
sie für ihn empfand. Das machte ihr Angst, weil sie zudem feststellen musste,
dass er zu den Kriegern gehörte.
    Seine zärtlichen Berührungen nahmen ihr den Atem, das
alles konnte nur ein Traum sein, aus dem sie bald erwachen würde. Und doch
spürte sie genau, dass es das nicht wahr.
Damon sagte so wunderbare Dinge, dass ihre Unsicherheit einen Moment von ihr
wich und einem Aufstrahlen Platz machte, das sie gleichzeitig noch eine weitere
Hitzewelle spüren ließ. Sie empfand so viele verschiedene Dinge für ihn, dass
ihr Gemütszustand sich kaleidoskopartig zu verändern schien. Es kam ihr vor,
als hätte sie das alles für eine Ewigkeit unterdrücken müssen.
     
    „Ich habe noch niemals in meinem Leben so viel
Traurigkeit in den Augen eines Menschen gesehen, Nicolasa. Niemals. Du
empfindest so tief, dass es einem Angst machen kann. - Dass es mir Angst macht.
Du leidest so sehr mit, dass ich fürchte, deine Tränen niemals trocknen zu
können, aber dann ist da wieder dieses Feuer in dir. Dieser unbändige Willen,
zu helfen, zu leben und zu verzeihen. In deinen wundervollen braunen Augen
scheint dann eine Sonne, die ihre Wärme beständig auf alles um sich herum
abgibt. –Siehst du, das meine ich
    Nur einen kurzen Augenblick war eben jenes Strahlen
über die vielen Zweifel in ihr hinweg getreten. Er fühlte unsichtbare Hitze in
ihrer Wange, die sich stetig steigerte und er lächelte verlegen wie ein
unbedarfter Junge, der er niemals gewesen war. Nico gegenüber wollten seine
Worte gut überlegt sein. Sie war nicht irgendwer. Damon konnte sich auch hinter
nichts mehr verstecken. Er saß hier im übertragenen Sinne nackt vor ihr und
versuchte zu retten, was zu retten

Weitere Kostenlose Bücher