Die Qualen der Sophora
Eine Frau, die ihn mit ihrer Unsicherheit überforderte, weil er
selbst insgeheim sehr unsicher war.
Es war leicht, andere auf ihre
vermeintlichen Fehler aufmerksam zu machen und sie ihnen unter die Nase zu
reiben. Aber vor der eigenen Tür zu kehren und sich zu bessern, war für Damon
Archer schon ein Kunststück, für das er noch viele Jahre würde trainieren müssen.
Frauen, die selbstsicher auftraten und eine gewisse Arroganz an den Tag legten,
wusste er zu bändigen. Dazu brauchte man nicht viel außer ein paar Worten, die
sie hören wollten und nicht schmalzig klangen. Gutes Aussehen und ein keckes
Lächeln taten das Übrige und schon war man am Ziel. Bei Nico war das anders.
Sie wollte wirklich und wahrhaftig überzeugt werden. Sie wollte den wahren, den
echten Damon Archer. Den Chief, der ihr geholfen hatte, das kleine Baby aus den
Flammen zu retten. Wenn sie weiterhin so tief in seine Augen schaute, dann
hatte sie den letzten Rest Anstand und Verantwortung, der in ihm geblieben war,
bald gefunden. Der Kuss war schon mal ein guter Anfang.
Oh, Damon, ich liebe dich so sehr!
Der Gedanke, der in ihrem Kopf dröhnend
widerhallte, brachte Nico zur Vernunft. Sie hatte schon die Hände über seine
Brust geschoben, wollte seinen Nacken umfassen, sich in sein Haar krallen, sich
nie wieder von ihm lösen.
Mit einem gequälten Aufstöhnen löste sie sich von seinen Lippen und zwang sich,
die schweren Lider zu öffnen und sich seinem Blick zu stellen. Er sah irritiert
aus, doch in den Schatten der Nacht konnte sie den Ausdruck auf seinem Gesicht
nicht richtig deuten. Es könnte genauso gut Verachtung oder Wut sein, weil er
sich nun in seiner Meinung über sie bestätigt sah. Ihr Mund schien zu brennen,
sie schmeckte ihn auf ihrer Zunge und sie spürte die Wärme seines starken
Körpers an ihrem, doch das verhinderte nicht, dass sie wie Espenlaub zitterte.
Warum hatte er das getan?
Nico ließ die Hände wieder sinken und
krallte sich dann aus einem Impuls heraus in den Stoff seines Oberteils, das er
unter dem schweren Mantel trug. Ein trockenes Aufschluchzen ließ sie erzittern
und sie barg einen Moment ihr totenblasses Gesicht an seiner starken Brust. In
stiller Verzweiflung wünschte sie sich, dass er sie wieder lieben könnte, dass
es keine andere in seinem Leben gäbe, aber sie musste vernünftig sein. Es war
nicht richtig, ihn zu lieben und ihn für sich zu begehren. Wenn es nur nicht so
wehtun würde… Es würde sie innerlich zerfressen, wenn sie bei seiner
Verbindungszeremonie anwesend sein musste, weil er als Krieger vom Orakel
persönlich vermählt werden würde unter Anwesenheit aller Sophoras, also auch
ihr.
Als jemand sachte aber doch hörbar auf
die Motorhaube des Wagens klopfte, fuhren Nico und Damon auseinander. Sie
schuldbewusst, er wahrscheinlich erleichtert. Sie strich sich mit fliegenden
Bewegungen ihrer zitternden Hände über die feuchten Wangen und versuchte,
wieder die Fassung zu gewinnen.
Damon war noch nicht ganz bewusst, was
er da getan hatte. Obwohl ihm nichts ferner gelegen hatte, sie mehr als nur
einen Kuss lang zu bedrängen. Einen Moment lang hatte er sich gefühlt als
würden sämtliche Lasten von ihm abfallen, solange sie ihn nur festhielt und
ihre Liebe für zwei reichte. Das war natürlich nicht genug. Eigentlich müsste
es seine Liebe sein. Er war der Stärkere, oder nicht?
Damon sah sich um und direkt in die
Augen von Ray, dem nichts anzumerken war, wie er auf die Szene vor sich
reagierte. Dabei war ihm sicher nichts entgangen. Nico hatte leise
aufschluchzend und schweigend an Damons Oberteil gehangen.
Und wie sie ihn wieder angesehen
hatte.
Damon hätte sie am liebsten an sich
gezogen, um dieses warme Gefühl des Gebrauchtwerdens nicht zu verlieren, das
dieser Blick in ihm auslöste. Doch er tat es nicht. Erneut zogen Wolken vor den
Mond und die Vernunft verließ den Krieger genauso schnell wie sie gekommen war.
-Entschuldigt, bitte! Nathan und Ash
begleiten King und seine Patentochter nach Hause, Cat und Wendy fahren mit. Wir
fahren direkt zurück in die Fortress, damit Romy sich etwas erholen kann, bevor
wir uns zu einer Besprechung zusammen setzen, bis dahin müssten dann auch Ron
und Bone wieder zurück sein! -
Ray trat an die Fahrertür und machte nicht den Eindruck, als wäre er der
Meinung, dass sich Nico und Damon nicht angemessen verhalten hatten.
Nico wollte ein letztes Mal zu Damon
aufschauen, ließ den Kopf aber sinken, als ihr sein Vorwurf
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