Die Qualen der Sophora
einzuhacken als sich bei ihr zu entschuldigen. Entschuldigungen
forderten Mut. Damon war, was seine Empfindungen und Gefühle angingen, immer
schon feige gewesen.
„Verdammt, Nico! Tu nicht so, als
würdest du nicht wissen, wie sehr du mich quälst!“
Er machte einen Schritt auf sie zu, um
sie an den schmalen Schultern zu packen. Ein Schwall von Zimtaroma mischte sich
unter den beißenden Brandgeruch, der wenig anders war als der in der Nacht
ihres Kennenlernens. Sein großer, unter dem schweren Ledermantel angenehme
Wärme verströmender Körper antwortete ganz instinktiv mit einem Hauch schwerer
Süße vollreifer, dunkler Früchte.
„Sag etwas! Schlag mich oder schrei mir
deine Verachtung entgegen, aber hör auf, mich mit diesen großen Augen
anzusehen. Lass diese Unschuldsnummer... endlich... sein... Ich kann so
nicht...so nicht...“ denken.
„Was meinst du?!“ Ihre Stimme erstarb in
einem kraftlosen Hauchen und sie schien innerlich zu explodieren, als er sie
plötzlich packte. Nein, das durfte nicht sein! Sie rang heftig nach Atem und
atmete seinen Duft dafür umso tiefer ein, der jegliche Gegenwehr in ihr sofort
ersterben ließ.
„Bitte, Damon…“, flehte sie ängstlich,
weil sie seine Wut nicht verstand. Sie versuchte doch alles, es ihm irgendwie
recht zu machen. Sie hatte keine Kraft, sich ihm entgegenzustellen, sie konnte
ihn nicht anschreien, weil sie doch wusste, dass alles allein ihre Schuld war.
Außerdem wurde sie niemals laut.
Im nächsten Moment pinnte er sie mit dem
Rücken gegen die kalte Fassade aus Metall und verdunkeltem Panzerglas. Ein Laut
der Überraschung kam über ihre Lippen, den er sofort mit seinen erstickte. Sein
Mund senkte sich auf ihren, um sie zu küssen. Er musste es einfach tun. Der
innere Drang danach war nicht mehr zu ignorieren gewesen. Damit begab er sich
in Teufels Küche. Er konnte nur beten, dass Romana und Chryses im Wagen genauso
beschäftigt sein würden, wie er es hier gerade mit Nico anstrebte. Schon wieder
begrub sein massiver Körper sie förmlich mit seinem Gewicht wie auf den Matten
im Trainingsraum in ihrer ersten Lehrstunde. Der Duft von Pflaumen verstärkte
sich genauso wie der Grad seiner Erregung, die sich mit jedem Millimeter, den
er vorwärts gegen sie drängte, steigerte.
Nico hatte äußerlich nichts mit Romy,
Cat oder Wendy gemeinsam und trotzdem fühlte sie sich unter seinen Händen und
seinem Körper perfekter an als jede Frau, mit der er je zusammen gewesen war.
Sie war genau richtig für ihn und es kostete ihn nicht das kleinste bisschen
Mühe, sich für einen kurzen Moment zusammenzunehmen und so viel Zärtlichkeit in
diesen Kuss fließen zu lassen, als würde sie ihm tatsächlich etwas bedeuten.
Damon war nicht nur feige, sondern gleichermaßen schwach. Sowohl der Mond als
auch die Gier nach Nicos Blut, an das er mit ein bisschen Nettigkeit eher
gelangen würde als mit Gemeinheiten, dominierten über seinen Verstand und
ließen ihn in seinen Vorsätzen, sie nicht mehr nahe an sich heranzulassen,
einknicken.
„Bitte… Es tut mir le…“, wisperte Nico,
doch sie wurde so heftig gegen den Wagen gedrückt, dass ihr die Luft wegblieb
und die Worte in ihrer Kehle erstickt wurden. Dann lag sein Mund plötzlich auf
ihrem.
Im ersten Moment fühlte der zärtliche Kuss sich einfach nur traumhaft an. Nico
erwiderte ihn aus vollstem Herzen, ließ sogar zu, dass seine Zunge in ihren
Mund dringen konnte. Es war genau der Kuss, von dem sie immer geträumt hatte,
der sie von Kopf bis Fuß mit einem wohligen Glücksgefühl ausfüllte. Ihr Herz
schien bersten zu wollen.
Oh Nico, was machst du nur mit mir?
Sie schaffte es tatsächlich, dass sich
während des Kusses wieder sein schlechtes Gewissen ihr gegenüber regte, das ihn
auch dazu gezwungen hatte, sich während des ersten Feuers bei ihr zu
entschuldigen, als er ihr ganz unverblümt die Vorgehensweise bei der
Verwandlung erläutert hatte.
Er schuldete ihr mehr als eine Entschuldigung. Worte würden den Schaden kaum
wieder gut machen können, den er angerichtet hatte. Die Berührung ihrer süß
schmeckenden weichen Lippen, die aus jeder Hautpore ihr eigenes Aroma
verströmten, ließ ihn nachgiebig und einsichtig werden. Für diesen einen,
winzigen Moment schlugen ihre Herzen im gleichen Takt. Nein, ihres galoppierte
ihm wieder davon. Nico war wie ein zarter Schmetterling im Wind, eine Blume,
deren Blütenblätter sich bei der kleinsten Berührung in alle Himmelsrichtungen
verstreuten.
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