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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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werden wir die Mauern Makors überwinden«, entgegnete er. »Du hast sie nicht gesehen«, wandten seine jüngeren Söhne ein. »El-Schaddai aber hat sie gesehen«, beharrte er, »und vor Ihm sind alle Mauern gleich. Gestürmt werden sie nur, wenn Er Seinen Befehl erteilt.« Er gemahnte seine Söhne und die übrigen ungeduldigen Krieger daran, daß nach dem Willen ihres Gottes die Einnahme der Felder sich friedlich vollziehen müsse. Seine Söhne aber sagten: »Frage Ihn nochmals, was wir tun sollen«, denn daß sie ohne Blutvergießen zu Feldern gelangen könnten, vermochten sie sich nicht vorzustellen. Zugleich jedoch vertrauten sie ihrem
    Vater als dem Mann, der mit seinem Gott in Rede und Widerrede sprach. Als Zadok nun allein die nach Damaskus führende Straße hinabschritt und schließlich zu einem Tal mit flammend roten Felsen kam, ging keiner ihm nach, denn alle wußten, daß er bei seinem Gott weilte. »Was sollen wir tun?« fragte der Alte verzagt, sein Gesicht auf die Felswand gerichtet.
    »Wie Ich dir in der Wüste gesagt habe«, antwortete geduldig die Stimme, »sollst du das dir zugeteilte Land besetzen.«
    »Aber in der Wüste sagtest Du mir nicht, ob ich Krieg oder Frieden mit mir bringen solle. Meine ungestümen Söhne sind begierig auf Krieg und auf den Tod vieler Menschen.«
    »Fürchtest du den Krieg noch immer, Zadok?«
    »Ja. Als ich ein Knabe war und wir Timri belagerten.«
    »Ich erinnere Mich an Timri.«
    »Du befahlst meinem Vater, die Stadt wegen ihrer Greuel zu zerstören, und er zwang mich, neben ihm zu bleiben, als er Männer und Frauen und Kinder niedermetzelte. Meine Knöchel waren rot vor Blut. Mir wurde übel, und ich wollte nie mehr einen Speer sehen. Und ich haßte Dich, El-Schaddai, denn Du warst grausam.«
    »Ich erinnere Mich der Nacht«, sagte der Gott. »Du warst sieben Jahre alt und verfluchtest Mich. Sprach Ich damals nicht zum erstenmal mit dir? Am Tage nach Timri, als dein Vater in der Nähe der Schlange schlief, die ihn gebissen hätte?« Zadok rief sich den siebenundfünfzig Jahre zurückliegenden Mittag ins Gedächtnis, da er zum erstenmal mit seinem Gott geredet hatte. Nie war ihm in all der Zeit je der Gedanke gekommen, daß El-Schaddai ihn an jenem Tag gerade deshalb erwählt habe, weil er am Vorabend sich dem Blutbad in Timri widersetzt hatte. Ältere und weisere Männer hätte El-Schaddai wählen können, aber seine Wahl war auf das Kind Zadok gefallen, weil dieser siebenjährige Knabe sich kraft eigenen
    Gewissens für Erbarmen und Menschlichkeit entscheiden wollte. »Ich habe über Krieg oder Frieden nicht mit dir gesprochen«, fuhr der Gott fort, »weil Ich in diesen Dingen allein bestimme. Dich gehen sie nichts an. Besetze das Land. Und ob dort Krieg oder Frieden sein soll, werde Ich entscheiden - nach dem Empfang, den die Kinder Kanaans Mir bereiten.«
    »So muß ich mich der Stadt nähern, ohne etwas zu wissen?«
    »Du Kleingläubiger! Hast du nicht in der Wüste ebenso gelebt? Wer kann denn gewiß sein, ob die Mauern einer Stadt sich seinem Befehle öffnen, wenn er sich ihr nähert? Dir aber habe Ich versprochen, daß sich Makors Mauern auftun werden, und du fragst noch - in Krieg oder Frieden? Denke an deine Großmutter Rachel. Achthundert Tage ging sie zum Brunnen von Zaber, und nichts ereignete sich, und als sie am nächsten Tage ging, wurde sie von einem Skorpion getötet. Konnte sie es durch Vorsicht verhindern? Denke an deinen Sohn Zattu. Er ging durch die Grube, in der hundert Männer an Schlangenbissen gestorben waren, und kam lebend heraus. Konnte er es durch Überlegen vollbringen? Ich bin El-Schaddai, und Ich habe dir versprochen, daß die Mauern von Makor sich deinem Befehl auftun werden. Kannst du durch Überlegen die Verheißung noch erhöhen?« Der alte Mann demütigte sich vor seinem Gott. Aber als er zu seinen Söhnen zurückgekehrt war, deutete er El-Schaddais Worte nach eigenem Gutdünken: »Es wird morgen kein Krieg sein.« Da dies der Wille ihres Gottes war, schliefen die Hebräer in dieser Nacht ohne Lagerfeuer und gürteten sich am Morgen darauf für das letzte Stück ihres Weges zur ummauerten Stadt.
    Der Tell
    Ein rechter Unglückstag war es: Drei Gruppen von Touristen hatten den Todesleuchter sehen wollen. Und dreimal hatte Cullinane erklären müssen, daß das Fundstück in Chicago ausgestellt werde, jetzt war er erschöpft. Er schloß die Tür seines Arbeitszimmers von innen ab und grübelte über die Problematik solcher

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