Die Quelle
Goldmünze, die annähernd tausend Jahre alt ist, und eine Menora. Alle in falschen Schichten zu falscher Zeit. Was für eine Buddelei ist das hier eigentlich?« Drei Tage später kam ein Besuch, dem er zunächst kaum Bedeutung zumaß: Ein Journalist aus Australien, ein netter, frischer Bursche, erschien und stellte eine Reihe belangloser Fragen. Plötzlich entdeckte er die goldene Menora. »Was ist denn das?« fragte er.
»Das ist eine sogenannte Menora«, erklärte Cullinane etwas ungeduldig. »Bedeutet das, daß Sie eine Menge Gold finden werden.«
»Sie ist viel zu jungen Datums, als daß sie archäologisch von Wert sein könnte.«
»Ich verstehe. Könnte ich trotzdem eine Aufnahme machen?«
»Ich glaube, besser nicht.«
»Übrigens. was bedeutet so eine Menora?«
»Sie ist ein siebenarmiger Leuchter«, erklärte Cullinane. Ein paar Tage später, als es Zeit wurde zu überlegen, was mit diesem Besucher schiefgegangen war, konnte er sich nur noch an zweierlei erinnern: Der Australier hatte sorgfältig die Arme gezählt - »fünf, sechs, sieben« -, wobei sein sympathisches Gesicht ein fast jungenhaftes Vergnügen zeigte.
»Dr. Cullinane, wenn ich nun ausdrücklich schreibe, daß diese Menora, wie Sie es nennen, keine historische Bedeutung hat, könnte ich dann nicht wenigstens ein einziges Bild machen?« Und wider Willen gab Cullinane die Erlaubnis. Schnell zog der Australier eine japanische Kamera aus der Tasche und holte einen älteren Kibbuznik heran, der sich mit dem Leuchter in Positur stellen sollte. »Sehen Sie das Ding an«, befahl er dem Mann, und nach ein paar blitzschnellen Handgriffen dankte er Cullinane und stürzte davon - zum Flughafen von Tel Aviv. »Ich wollte, ich hätte einen solchen Auftrieb«, lachte Cullinane. Zu einem weiteren Kommentar kam es nicht, denn Tabari kam in aller Eile vom Graben B gelaufen, mit einer Münze, die man in einer Spalte zwischen ein paar Steinen gefunden hatte. Sie war sehr groß, einst also wohl von erheblichem Wert. Als man sie jedoch gereinigt hatte, stellte sich heraus, daß es sich nicht um eine Münze handelte, sondern um ein Bronzesiegel.
Der Abguß eines Siegelstempels in Bronze. Das war in der Tat ein bemerkenswerter Fund, ein authentisches Stück aus der Zeit der Kreuzzüge. Wenn es auch nicht den Beweis dafür erbrachte, daß Graben B auf die Burg stoßen würde, zeigte es doch, daß wenigstens einer der Volkmars auf dem Tell gewesen war. »Ich glaube, wir sind nahe an der Burg«, sagte Tabari mit gedämpfter Begeisterung, und Cullinane sandte an Paul J. Zodman, seinen Millionär in Chicago, ein Telegramm mit der Nachricht, daß ein positives Ergebnis bevorstehe.
Doch noch bevor Zodman antworten konnte, gelangte eine Londoner Zeitung nach Makor, und was darin zu lesen stand, versetzte das Ausgräber-Team in erhebliche Erregung. Zeitungen aus Rom, Paris und New York folgten mit der gleichen finsteren Geschichte. Hatte doch dieser Australier mit seinen Fotos ein wildes Lügenmärchen veröffentlicht, unter der Schlagzeile »Der Leuchter des Todes«: Ein böser König aus biblischen Zeiten hatte sieben Hauptfeinde. Seinem Heerführer befahl er, sieben Kerzen anzuzünden. »Wenn die siebente Kerze erlischt, müssen meine sieben Feinde tot sein.«
Siegelabdruck (Bronze) des Kreuzritters Volkmar VIII.
Schicht IV etwa 1290 n. Chr.
Die erste Kerze brannte nieder, und der erste Feind wurde enthauptet. Die sechste verlosch, und der sechste Feind mußte sein Leben lassen. »Als aber die siebente Kerze, die in der Mitte, flackernd ausging, drehte sich der General plötzlich um und schlug dem König den Kopf ab, denn dieser war sich selbst sein schlimmster Feind. Und dann vergrub der Heerführer den schrecklichen siebenarmigen Leuchter unter der Mauer, wo Dr. John Cullinane dieses fluchbeladene Stück auf so brillante Weise gefunden hat.«
Das Hauptfoto zeigte einen distinguiert aussehenden älteren Gelehren, der schreckensbleich vor der Menora zurückwich. Die Unterschrift lautete: »Dr. Gheorge Moscowitz, der berühmte Archäologe, sagt: >Dieser verruchte Gegenstand wird gewiß allen, die ihn besitzen, Unglück bringen, denn auf ihm lastet der Fluch des Todes.c«
Cullinane stöhnte und tat, was er nur selten tat: Er fluchte. »Wer, zum Teufel, ist bloß Dr. Gheorge Moscowitz?«
Tabari sagte: »Der nette alte Rumäne, der hier fegt.«
»Hol ihn rein«, versetzte Cullinane scharf, aber als der Kibbuznik voller Vorahnungen sich mit leiser Stimme meldete,
Weitere Kostenlose Bücher