Die Quelle
gelegen hat? Wie in Megiddo?«
»Ich weiß nicht, ich weiß nicht«, sagte Tabari vorsichtig. »Aber ich halte es für falsch, daß du das Wadi vollschüttest, denn vielleicht wollen wir in ein paar Jahren gerade dort graben. Genau da unten.«
»Dein Onkel Mahmud ist berühmt dafür, daß er sich von Ahnungen hat leiten lassen. Du willst wohl, daß ich es mit deiner auch so mache?«
»Genau«, antwortete Tabari. Also suchten sie für den Schutt eine andere Stelle. Am nächsten Morgen verteilte Tabari die kleinen Pickel und Kellen, wie sie in der modernen Archäologie benutzt werden - bei keiner ernsthaften Ausgrabung arbeitet man mit Schaufeln - ; alles ließ sich gut an, besonders, weil er wieder einmal einer Ahnung gefolgt war. Dort, wo im nordöstlichen Sektor die Arbeit am Graben B begonnen hatte, sah er zufällig, wie ein Kibbuznik etwas in seiner Hand hielt und aufmerksam betrachtete. Offenbar wollte er einen der Leiter herbeirufen. Doch dann zauderte der junge Mann; es sah ganz so aus, als wolle er gerade einen kleinen Fund in die Tasche stecken, vielleicht um ihn später verkaufen zu können. »Wünschten Sie etwas von mir?« fragte Tabari, scheinbar gleichgültig, kam näher und streckte seine Hand aus.
»Ja«, sagte der Kibbuznik. »Ich glaube, ich habe etwas gefunden.« Er gab Tabari eine Münze.
Im Speisesaal gab es natürlich eine lebhafte Debatte. Die Münze trug eine arabische Inschrift. Aber wann und wie war sie nach Makor gekommen? Cullinane faßte noch einmal zusammen: »Die Münze ist nur ein paar Zentimeter von der höchsten Stelle des Hügels entfernt gefunden worden. Das kann niemals bedeuten, daß es hier früher eine arabische Stadt gegeben hat, denn von der hätte man doch irgendwann etwas gehört. Sie sieht übrigens ziemlich alt aus. Kannst du sie entziffern, Dschemail?«
Tabari hatte bereits einen Teil der arabischen Inschrift gelesen; während er sich noch bemühte, den Rest zu enträtseln, erschien der Fotograf mit zwei Büchern über die Münzen Palästinas. Nach vielem Nachschlagen stellte sich heraus, daß die Münze etwa um das Jahr 1000 n. Chr. geprägt worden war. »Aber das ist doch kaum zu glauben«, protestierte Cullinane. »Das sind fast hundert Jahre vor dem Ersten Kreuzzug, und wenn das tatsächlich stimmt.« Er hielt einen Augenblick inne, und dann folgte die klassische Wehklage aller Archäologen: »Diese Münze hat einfach nicht hierzusein.« Später meinte er zu Tabari: »Alles wäre viel einfacher, wenn du die verdammte Münze dem Kibbuznik gelassen hättest. Warum soll er sie nicht irgendeinem Touristen in Akko verkaufen? Warne deine Leute, sie sollen keine Fakten ausgraben, die unsere Arbeit nur komplizieren.«
Aber schon vier Tage später gruben die Männer am Graben B etwas wirklich sehr Seltsames aus. Als Cullinane es erfahren und in seine Karte eingetragen hatte, witzelte er: »Tabari, da hat jemand absichtlich unseren Graben angereichert.« Diese Gefahr bestand bei archäologischen Arbeiten dauernd: Begeisterte Helfer, teils in der Hoffnung auf Belohnung, teils auch in der Absicht, den meist recht beliebten Ausländern eine Freude zu machen, verstecken häufig früher von ihnen gefundene Stücke im Boden, die sie dann triumphierend mit ihren Geräten zutage fördern. Schon eine flüchtige Untersuchung des neuen Fundes aber beruhigte sogar Cullinane, denn kein Arbeiter hätte je gerade dieses Objekt zum Einschmuggeln erwerben können: Es war aus Gold.
Schicht II etwa 1875 n. Chr.
Türkische Goldmünze
Schicht III etwa 1550 n. Chr.
Menora aus Gold
Und es war eine Menora. Dieser siebenarmige Leuchter, etwas ganz spezifisch Jüdisches, verursachte an der Ausgrabungsstelle und im Kibbuz nicht geringe Aufregung. Datieren ließ sich der Fund jedoch vorerst nicht, denn die Menora gab es bei den Juden mindestens seit der Zeit des Auszuges aus Ägypten. Gott Selbst hatte genaue Weisungen gegeben, wie sie anzufertigen sei: »Mache einen Leuchter aus reinem Gold. Sechs Rohre gehen von seinen Seiten aus, drei
Leuchterrohre aus seiner einen Seite, drei Leuchterrohre aus seiner andern Seite.« Sehr ausführlich hatte Gott Seine Weisungen gegeben, denn offenbar war Ihm die Menora sehr wichtig.
»Es ist Kunsthandwerkerarbeit«, gab Cullinane widerwillig zu, »aber archäologisch gesehen ohne Wert.« Er schob das Stück fort, ohne zu wissen, daß es bald das berühmteste Objekt dieser Ausgrabung werden sollte. »Verdammt«, knurrte er. »Eine Gewehrkugel, eine
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