Die Quelle
zu halten.
Als der Wind stark genug wehte, traten die vier Kampfgruppen der Hebräer an. Die Masse rannte gegen die Stadtmauer im nutzlosen Versuch, die mit glatten Steinen belegte Schräge vor der eigentlichen Mauer zu erklimmen. Unauffällig unter dieser Masse verteilt aber war die zweite Gruppe, vierzig todbereite junge Männer, die wußten, daß ihr Opfer seine Rechtfertigung erhielt, sobald es nur fünf von ihnen gelang, in die Stadt einzudringen. In dem von den Hebräern beherrschten Teil der Wassermauer wartete die dritte Kampfgruppe, zwanzig Männer, die gegen eine starke Übermacht das Nordtor stürmen sollten. Und nördlich der Stadt, im steilen Wadi, hielt sich die vierte Gruppe versteckt: Epher mit dreißig zu allem entschlossenen jungen Männern. Sie hatten das Glacis und die Mauer zu erklimmen - Töpfe mit glimmender Holzkohle in der Hand. Der Plan war aberwitzig. Nur ein Wunder konnte ihm Erfolg bringen. Der Statthalter blickte vom Turm auf den Teil des Schlachtfeldes, auf den er nach Ephers Plan seine Aufmerksamkeit richten sollte: dorthin, wo die Hebräer genau das taten, was Uriel sich gewünscht hatte. »Sie sammeln sich noch immer vor dem Tor«, rief er, seinen Augen kaum trauend. »Hinaus die Hethiter!« Die Torflügel wurden geöffnet, die Wagen des Schreckens dröhnten die Rampe hinab, die Hethiter schlugen auf einen scheinbar kopflos gewordenen Feind ein. Kaum aber hatte der letzte Streitwagen das Tor verlassen, da rannte die zweite Kampfgruppe der Hebräer die Rampe hinan und stürmte durchs offene Tor, bis sie, von den Ketten aufgehalten, im gewinkelten Torgang dem Pfeilhagel der Bogenschützen auf den Türmen ausgesetzt war.
»Zum Haupttor!« schrien die kanaanitischen Truppenführer durch die Straßen, als sie sahen, daß die Hebräer, die sich dort festgerannt hatten, anfingen, Feuerbrände in die Stadt zu werfen. Im winkligen Gang am Tor tobte ein verzweifelter Kampf. Zibeon hieb vor dem Haus des Statthalters mit dem Schwert auf die Hebräer ein und tötete einen Bruder seiner Frau. Von den Türmen herab traf Pfeil um Pfeil. Dieser zweite Teil von Ephers Plan schien fehlzuschlagen, denn noch hatte kein Hebräer in die Stadt eindringen können, wohl aber waren viele gefallen. Sie wurden von ihren eigenen Fackeln verbrannt.
Immerhin war mit dem Angriff auf das Haupttor eines erreicht: Wachen und Krieger aus den anderen Stadtteilen eilten zum Tor, so daß die dritte Kampfgruppe, die den Weg durch den dunklen Gang erzwingen sollte, auf geringeren Widerstand stieß, als man erwartet hatte. In Zweierreihen rückten die Hebräer vor, über die Gefallenen hinweg, und schließlich erreichten neun das Brunnentor und rissen es aus den Angeln. Vier stellten sich mit Stricken auf die Mauer, noch ehe die überrumpelten Kanaaniter Hilfe von den am Haupttor Kämpfenden herbeirufen konnten, und drei andere Hebräer rannten vom Brunnentor zu den Ställen, wo nur ein paar Pferde wieherten.
Die vier auf der Mauer gaben dem im Wadi wartenden Epher das verabredete Zeichen. Als erster kletterte der Rothaarige, einen Feuertopf in der Hand, an den Stricken herauf. Die anderen folgten ihm. Zu gleicher Zeit erkämpften sich am Haupttor drei heldenhafte Hebräer, die den Pfeilhagel überlebt hatten, den Eingang in die Stadt und schleuderten ihre Fackeln auf die Binsendächer der Häuser. Epher rannte zu den Stallungen, schlug den hethi tischen Posten, einen Invaliden, der ein Bein verloren hatte, nieder und steckte die Streu und die Heuvorräte in Brand. Andere Hebräer schleuderten ihre Feuertöpfe gegen die Stallwände. Schnell peitschte der Wind das Feuer zu hohen Flammen auf. Die Pferde in den Ställen schrien entsetzlich, als sie umkamen. Noch rannten Bürger zu den Zisternen, um Wasser zum Löschen zu holen.
Aber in wenigen Augenblicken trieb El-Schaddais Wind die Flammen über die dem Untergang geweihte Stadt und entfachte einen so gewaltigen Brand, daß die Lehmziegel in zornigem Rot glühten, als fresse ein Melak von Riesengestalt ganz Makor. Schwellen und Türsturze aus Kalkstein zerfielen in Staub, und noch unfertige Tonware wurde blasig aufgetrieben, ehe sie steinhart brannte - selbst zweitausendsechshundert Jahre später war noch zu erkennen, daß diese Formen nur in einer Feuersbrunst entstanden sein konnten. Makor war verloren: Häuser, Läden, Kleidung, Kornspeicher, Nahrung für Tage des Hungers und jedes menschliche und tierische Leben - alles hatten die Flammen vernichtet. Einigen wenigen
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