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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Kanaanitern, geschwärzt und verschwollen die Gesichter, gelang es, durch das aufgebrochene Nordtor zu entkommen. Ein paar andere erkämpften sich ihren Weg über die gefallenen Hebräer hinweg, die am Haupttor lagen. Aber als sie, fast erstickt von der Glut und halb blind, herausstolperten, rannten sie in die Speere von Ephers Männern und wurden niedergemacht, noch ehe sie sich den Rauch aus den Augen reiben konnten. Gegen Mittag sah die vom Qualm getrübte Sonne nur noch Ruinen. Die Stadt Makor und ihre Bevölkerung gab es nicht mehr. Allein die Mauer und die Türme des Haupttors waren geblieben. Auch der zum Brunnen führende Mauergang stand noch, aber sein Dach war abgebrannt, seine Wände waren nackt und rußig, und die Brunnenquelle sprudelte ihr süßes Wasser nun für die Sieger. Über dem schweigenden Stadthügel aber lag eine dicke Schicht schwarzer Asche - als Todesmal des kanaanitischen Makor den Menschen erkennbar, solange die Erde bestand.
    Nur eine Gruppe von Menschen aus Makor überlebte unversehrt. Die hethitischen Wagenlenker waren, als der Brand aufflammte, weit von der Stadt entfernt gewesen, denn wohlbedacht hatte die scheinbar ängstlich fliehende Masse der Hebräer sie fortgelockt. Triumphierend fuhren die Hethiter heim - zu einer nicht mehr bestehenden Stadt. Eine kurze Weile betrachteten sie stumm die Verwüstung, schnell und scharf überlegten sie, was zu tun sei, und dann taten sie, was erfahrene Söldner in solchen Fällen tun: Sie wendeten ihre Sichelwagen und ließen die Pferde ostwärts über die Straße nach Damaskus galoppieren. Die blutigen Sicheln drehten sich in der Sonne. Nie hat man sie wiedergesehen. Zadok dem Gerechten, der den Frieden so sehr herbeigesehnt hatte, brachten die Stunden des Sieges nichts als Schmerz. Sein bewußtes Leben hatte mit dem Blutbad von Timri begonnen, und nun endete es ebenfalls mit Mord und Brand. Die Hände seiner Sippe waren blutbefleckt. Die wenigen Kanaaniter, die der Feuersbrunst entkommen waren, wurden vor ihn geschleppt. Umsonst versuchte er, ihnen das Leben zu retten. »Der da sagt, er will El-Schaddai annehmen«, bat Zadok. Aber
    Epher hatte heute zu viele seiner Brüder sterben sehen, und der Befehl über die Sippe lag nun bei ihm. Er wollte nur noch Rache. Sein Speer blitzte auf, und vor den Augen des Vaters starb der Gefangene.
    »Hör auf mit Töten!« befahl Zadok. »El-Schaddai gebietet es dir.« Epher blickte seinen Vater mit Verachtung an, denn er wußte, daß El-Schaddai geboten hatte, die Kanaaniter zu erschlagen. Und so tötete er sie, Mann um Mann, alle, die beim Wiederaufbau der Stadt hätten helfen können.
    Zuletzt zerrten Ephers Brüder den Statthalter und seinen Sohn Zibeon herbei. Auf den Knien mußten sie zu Zadok kriechen. »Dieser beider Leben bleibt verschont«, verlangte der Alte. Schon hob Epher die Waffe, da warf sein Vater sich mit ausgebreiteten Armen schützend vor die Gefangenen und rief: »Diese zwei hat El-Schaddai mir gegeben.«
    Einen Augenblick glaubte Epher, sein Vater wolle die beiden zu besonderen Foltern abführen lassen. Er ließ die Waffe sinken. Da küßte der alte Mann demütig Uriels Hände und sagte: »Ich bitte dich, nimm El-Schaddai an.« Der Statthalter, sich dessen bewußt, daß seine Unentschlossenheit der Stadt Makor den Untergang gebracht hatte, blickte Zadok an. Jetzt endlich begriff er, was das Feuer bedeutete, das er in den Augen des alten Mannes lodern gesehen hatte. »Ich lebe mit Baal und Astarte«, sagte er. Epher erschlug ihn.
    Entsetzt über die Untat seines Sohnes rief Zadok: »El-Schaddai wollte das Leben dieses Mannes erhalten!«
    In der Hitze des Tötens ließ Epher seinen Arm sinken, starrte seinen Vater an und sprach die furchtbaren Worte: »Du bist ein Lügner.« Der alte Mann keuchte. Aber Epher fuhr fort: »Vergangene Nacht, als du schliefst, kam El-Schaddai zu mir. Ich kenne die Wahrheit.« Und nach El-Schaddais Willen wollte er auch seinen Schwager töten. Abermals deckte Zadok den Mann seiner Tochter mit dem eigenen Leib.
    »Nimmst du El-Schaddai an?« fragte der Alte. »Ich nehme den Einen Gott an«, versicherte Zibeon. »Wo ist Lea?«
    »Erschlagen.« Und der Gram des alten Mannes war so erbarmungswürdig, daß Epher ihm Zibeons Leben schenkte. Durch die Kinder, die Zibeon später bekam, blieb die lange Reihe der Geschlechter, die mit dem Manne Ur begonnen hatte, erhalten.
    Von den nahezu neunzehnhundert Kanaanitern entkamen nur neun Männer, fünfzig Frauen und an die

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