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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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zwanzig Kinder dem Brand und dem Gemetzel. Als sei er noch immer der Mann, der die Sippe führt, ging der alte Zadok zu jedem einzelnen und forderte ihm das Gelöbnis ab, künftig nur noch El-Schaddai zu verehren. Nachdem er die Frauen unter die hebräischen Bauern verteilt hatte, nahm er die männlichen Kanaaniter mit sich und beschnitt mit eigener Hand alle noch Unbeschnittenen. Am Ende dieser Mühen setzte er sich vor dem Heiligtum nieder und weinte, ein müder alter Mann, in dessen Augen das Feuer des Eiferers erloschen war. Niemand vermißte ihn, denn Epher gab jetzt die Befehle. Unbemerkt schleppte sich Zadok aus dem Lager. Er schämte sich, daß er teilhatte am Leid dieses Tages. Laut schrie er zu seinem Gott: »El-Schaddai, warum ward ich erwählt, die Zerstörung zu begehen?« Heute hatte er neun weitere geliebte Söhne verloren; seine Sklavin war von den Streitwagen, seine Tochter von ihren Brüdern erschlagen worden. Aber als es Abend wurde, dachte er der unnütz erschlagenen Kanaaniter, und da er nicht gutheißen konnte, was sein Volk getan hatte, trotzte er offen seinem Gott: »Unbarmherzig bist Du, so viele zu töten.« Und El-Schaddai wurde ungeduldig mit Seinem Diener, umhüllte den Berg mit einer Wolke von Licht und erschien dem Zadok von Angesicht zu Angesicht. Und der alte Mann starb.
    Es war schon Nacht, als seine Frauen ihn fanden. Er lag gefällt über der Stelle, an der Baal einst geherrscht hatte. Seine Söhne kamen und trugen den Vater den Berg hinunter. Sie sangen ein Lied von Zadok, dem Helden, der Makor zerstört und den Baal überwunden habe. Und als sie den fast schwerelosen Leichnam vor dem Altar niederlegten und seine noch wie staunend offenen Augen schlossen, redeten sie miteinander, ungewiß, zu welchem von ihnen El-Schaddai fortan sprechen werde, um ihm die Gebote zu verkünden, die sie zu befolgen hatten. Lange redeten sie, denn von den vier überlebenden Söhnen des alten Mannes waren drei über vierzig Jahre alt, alle drei fromm. In der Nacht aber, als die Hebräer den Sieg feierten und Zadoks Tod beklagten, sprach ihr Gott unmittelbar zum rothaarigen Epher, und alle sahen den jungen Heerführer beben und vor der Ernennung zurückweichen. Und dies sprach El-Schaddai zu Epher: »Zadok den Gerechten habe Ich heute hinweggenommen, weil er Mir ungehorsam war. Aber er ist ein großer Mann gewesen, und Ich habe mich viele Jahre lang auf ihn verlassen. Er war ein Mann, mit dem Ich gewandert bin, und nun sollst du Mir in gleicher Weise dienen, denn dies ist das Gelobte Land, das Ich dir zum Erbe gegeben habe.«
    Die Jahre verstrichen. Schon lange lag der alte Zadok, Sohn des Zebul, unter den Eichen begraben.
    Da hörte Epher Gerüchte, die ihn besorgt machten. Er stieg zum Gipfel des Berges hinauf. Dort sah er, daß sein Volk, umgestimmt durch Kanaaniter, die den Brand der Stadt überlegt hatten, abermals den Stein des Baal aufgestellt hatte, und dazu einen zweiten, El-Schaddai geweiht. Epher kämpfte mit den Steinen und wollte sie umstürzen. Aber er war allein, und seine Kraft reichte nicht aus.

    Gehörnter Altar, aus einem Stück Basalt mit eisernen Werkzeugen zugehauen, der Kopf des Stiers in Basrelief gearbeitet. Makor, 1116 v. Chr. Vorn Abflußrinne für das Blut von Tieropfern. Die rituelle Bedeutung der vier »Hörner« ist nicht klar; bei der Einweihung eines neuen Altars wurde auf jedes Horn das Blut von geopferten Tieren gestrichen, entsprechend den Weisungen im Zweiten Buch Mose 29,12: »Nimm vom Blut des Farren und gibs an die Hörner der Schlachtstatt mit deinem Finger, das Blut im ganzen aber schütte an den Grund der Schlachtstatt.« Flüchtlinge, die Asyl suchten, waren sogar vor dem König sicher, solange sie die Hörner des Altars umfaßten, wie es im Ersten Buch der Könige 1,50 steht: »Aber Adonia fürchtete sich vor Salomo und machte sich auf, ging hin und faßte die Hörner des Altars.« Zerbrochen in Makor im späten Frühjahr 963 v. Chr.
    Schicht XII
    Der Psalm Jabaals, des Wiedehopfs

    Es war Morgen in Makor. Die Vögel zwitscherten auf den Dächern, und die Kinder lärmten in den Straßen der kleinen Stadt, die sicher inmitten des Ringes der neuerbauten Steinmauern lag. Aus dem Haus des Statthalters trat ein untersetzter bärtiger Mann mit vielen Sommersprossen auf dem kahlen Kopf. Er blickte finster drein - offensichtlich war er enttäuscht über eine Entscheidung des Statthalters. Die Hauptstraße entlang ging er heimwärts, aber bald war er von einer Schar

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