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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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die Moschee, die Kirche, und alle waren sie der Zerstörung anheimgefallen.
    Cullinane gestattete, daß der Stein und die Münze einige Tage im Kibbuz ausgestellt wurden. Mit ernsten Mienen standen die Juden davor; lange betrachteten sie das Bild ihrer Bundeslade, aber länger noch die harten Züge des Kaisers Vespasian, der ihren Tempel hatte zerstören lassen, und die Gestalt der Judaea Capta, wie sie unter einer Palme ihre Demütigung betrauert. Auf dieser Münze, einer der schönsten, die man je gefunden hatte, sahen die Juden von heute voller Ergriffenheit die Geschichte ihres Volkes: die Gewalt auf der einen Seite und auf der anderen den Schmerz über das, was die Gewalt verursacht hatte. Cullinane, ebenfalls tief beeindruckt von den drei Funden, telegrafierte Paul Zodman:
    SEHR RASCHER FORTGANG STOP BITTE KOMMEN
    Das Verhältnis zwischen den beiden Gräben war nun umgekehrt, wie es so oft bei Ausgrabungen geschieht: Graben B wühlte sich hinein in die Fundamente der Kreuzritterburg. Ihre Mauern reichten so tief hinab durch viele Schichten menschlicher Wohnstätten, daß diese unkenntlich und für die Erforschung größtenteils unbrauchbar geworden waren. In diesem Graben waren jetzt hauptsächlich schwere Steine aus dem Weg zu räumen. Im Graben A hingegen lief die wissenschaftliche Arbeit auf Hochtouren. Jetzt zeigte es sich, wie richtig es gewesen war, diesen Baufachmann von der Universität von Pennsylvania heranzuziehen.
    Römische Münze
    Der Einschnitt war oben ganze neun Meter breit und hatte abgeschrägte Seiten, so daß nur ein kleiner Teil des Mauerwerks freilag. Wenn der Architekt jedoch nach und nach den Schutt entfernte und prüfte, was einmal wo oder worauf gestanden hatte, dann konnte er mindestens da oder dort eindeutig sagen, wie die Stücke einst zusammengepaßt hatten. Er war ein geduldiger Mann; still, als sei er überhaupt nicht vorhanden, lehnte er sich an die Grabenwand, wenn die schwitzenden Kibbuzniks sich an ihm vorbeidrängten. Sobald sie aber mit Heben und Zerren fertig waren, begann er seine Arbeit: Kniend, häufig mit einem Besen bewaffnet, versuchte er festzustellen, wie die Steine behauen waren und ob sie Reste von altem Mörtel aufwiesen, denn es konnte ja sein, daß sie schon früher einmal beim Bau einer anderen Mauer verwendet worden waren. Was für jeden anderen Menschen nichts bedeutete als eine Reihe von Steinen, die sich mit einer zweiten kreuzte, lieferte ihm eine Vielzahl überraschender Erkenntnisse. Seine Vorstellungskraft mußte die entscheidenden Hinweise geben, in welcher Richtung man die
    Schicht VIII    O
    etwa 70n.Chr.

    Grabungsarbeiten voranzutreiben hatte. Aber es war Verlaß auf ihn - keiner der vier anderen Archäologen in Makor konnte sich auf diesem Spezialgebiet mit ihm messen.
    Nur etwas lenkte ihn von seiner Arbeit ab. Und darüber beschwerte er sich bei Cullinane: »Wirklich, John, du solltest diesen Mädchen nahelegen, sich mehr anzuziehen. Ich finde es außerordentlich störend.«
    »Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, sagte Cullinane. Bei der Ausgrabung in Makor hielt man es nämlich mit der Bekleidung so wie heutzutage überall: Die jungen Männer trugen zum Schutz gegen die fast tropische Sonne Hüte, Hemden mit langen Ärmeln, Schuhe und Socken, damit sie sich nicht die Knöchel anstießen. Die Mädchen aus dem Kibbuz dagegen kamen mit sehr viel weniger aus, mit ärmellosen Blusen, Shorts und Tennisschuhen. Strümpfe brauchten sie keine. Schon ein paar Tage in der Sonnenglut ließen aus den Mädchen bronzene Göttinnen werden, wohlgeformt und höchst erfreulich anzusehen. Gewiß - sie waren bescheiden und gut erzogen, aber sie waren auch verführerisch, und es gab wohl kaum einen Mann, der sich nicht dann und wann versucht gefühlt hätte, hinüberzulangen und diese netten Judenmädels zu kneifen. Diese Versuchung war - wie konnte es anders sein - eine der unerwarteten Freuden dieser Ausgrabung. Aber Cullinane mußte seinem Architekten beipflichten: »Bei der Arbeit in Ägypten war’s viel einfacher. Dort mußten die Frauen Kleider tragen.« Als der Architekt ein zweites Mal protestierte - »John, ich bin ernstlich beunruhigt. Wenn die da den Felsblock hochgehoben hätte, wäre sie aus sämtlichen Nähten geplatzt« -, war es Cullinane klar, daß etwas unternommen werden mußte. Er ließ Dr. Bar-El kommen und sagte in seinem besten Amtston: »Frau Bar-El, ich glaube, Sie sollten einmal mit den Mädchen reden. Sie müssen wirklich

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