Die Quelle
gefährdenden Überraschungsangriff abzufangen. Gallier und Germanen waren es, Afrikaner, Syrer und Ägypter, Karthager, Griechen und Männer aus dem Gebiet der fernen Donau - die disziplinierteste Söldnertruppe, die je marschiert war. Nachdem die Vorhut gesichert hatte, daß kein Hinterhalt drohte, rastete sie nicht etwa vor der Stadtmauer, sondern begann unverzüglich, einen großen Platz für das römische Lager zu suchen und vorzubereiten.
Dann kamen, auf Pferden aus Germanien und Hispanien, Schwadronen schwerbewaffneter Reiter, bestimmt, der Vorhut zu Hilfe zu eilen, falls diese Feindberührung bekam. Ihnen folgten Landmesser mit allem Gerät zum Abstecken des Platzes für das Lager, den die Vorhut ausgesucht hatte, und eine starke Abteilung Pioniere für den Bau des Lagers und der Straßen, unmittelbar dahinter der Troß mit dem Gepäck der Offiziere unter Bedeckung von Legionären zu Fuß und von Kavallerie; ein Feind, der sich dieses Trosses bemächtigen wollte, mußte achtzehn Glieder Infanterie und acht Glieder Reiterei durchstoßen. Jetzt erschienen etwa zweihundert Berittene, in ihrer Mitte die Feldherren Vespasian, sein Sohn Titus und der Legat Trajanus, dicht hinter ihnen die mächtigen Belagerungsmaschinen, gezogen von zahlreichen Maultieren, begleitet von je einem Manipel Legionäre, danach die Kommandeure und Offiziere der Einheiten und, auf besonders stattlichen Pferden, einige Dutzend hochgewachsene Männer mit den Feldzeichen der Truppen und den drei goldenen Adlern der Fünften Legion.
Macedonica, der Zehnten Fretensis und der Fünfzehnten Apollinaris. Ein dichter Schwarm von Trompetern, Trommlern, Wasserträgern und Köchen schloß sich an, wiederum im Schutz von Legionären. Und erst als dieser riesige Vortrab vorüber war, marschierte das eigentliche Heer auf, Tausende von Legionären, jeweils zu sechst Schulter an Schulter in einer Reihe.
Am Ende kamen Sklaven, abermals ein Troß auf Maultieren, Eseln, Kamelen, Wagen, syrische und makedonische Söldner, und schließlich die Nachhut, bestehend aus leichter Infanterie, einer Cohorte schwerer Infanterie und vier Schwadronen schneller Reiterei. Seit mehr als zweihundert Jahren waren die
Römer in dieser Marschordnung durch nahezu die gesamte bekannte Welt gezogen, und kein Feind hatte sich gegen sie auf die Dauer behaupten können. An jenem sonnigen Tag lag als erstes Hindernis auf dem Weg nach Jerusalem die von elfhundert jüdischen Kriegern gehaltene Grenzfeste Makor.
Von der Mauer herab beobachtete Josephus, Feldherr der Juden in Galilaea, wie verzaubert den Aufmarsch der Römer. »Wer ist Vespasian?« fragte er Jigal immer wieder. Doch als dann schließlich ein massiger hoher Offizier mit dem verwitterten Gesicht des Veteranen auf einem Fuchshengst vorüberritt, konnte es keinen Zweifel mehr geben. Das war er, der große Feldherr, der Sieger in Germanien, Britannien und Afrika. »Da ist er also«, flüsterte Josephus, und solange der stiernackige Römer zu sehen war, starrte der jüdische Befehlshaber ihm nach - als gelte es keinen Krieg, sondern einen Zweikampf zwischen ihm und diesem einen Römer. Sobald Vespasian sich davon vergewissert hatte, daß sein Heer aufmarschiert war, sprengte er, gemäß altem Kriegsbrauch, auf seinem Hengst zum Haupttor und rief: »Wer führt hier den Befehl?«
Zu Jigals Verwunderung trat Josephus in den Schatten zurück, schob den kleinen Landarbeiter nach vorn und bedeutete ihm, er solle dem Römer antworten. Verwirrt blickte Jigal hinab und hörte des Generals rauhe Stimme: »Ich fordere Makor zur Übergabe auf.«
Jigal wußte keine rechte Antwort - woher auch sollte er die Sprache des Krieges beherrschen? - und blieb deshalb stumm, bis Josephus ihn anstieß und ihm zuflüsterte: »Sag ihm, daß du die Stadt niemals übergeben wirst.« Es schien Jigal keineswegs richtig, daß gerade er diese Botschaft ausrichten sollte; dennoch blickte er zu Vespasian hinab und antwortete: »Wir werden uns niemals ergeben.« Vespasian riß sein Pferd herum, drehte Jigal den Rücken und rief seinen Leuten zu: »Schlagt das Lager auf.« Die Belagerung Makors hatte begonnen. Es sollte ein Krieg der Art werden, wie Jigal ihn während seiner Nachtwache mit Gott vorausgeschaut hatte. Die Römer bereiteten jede ihrer Bewegungen peinlich genau vor. Schon die Truppen für den ersten Angriff wurden so zusammengestellt, daß hochgewachsene Legionäre leichtere, gelenkige Kameraden hochstemmen konnten, sobald sich irgendwo eine
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