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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Sobald du dich zu Ihm bekennst, Menachem, bist du frei.« Der Priester erhob sich, trat zu dem Juden und kniete neben ihm auf der bloßen Erde nieder. Er legte seine Hand in die Menachems, zog den jungen Menschen zu sich herab, bis auch er kniete, und betete: »Jesus Christus, Du unser Herr und Heiland, blicke huldvoll hernieder auf diesen Menachem ben Jochanan, der eine so furchtbare Sünde auf seinen Schultern getragen hat.
    Nicht seine Sünde, sondern die Erbsünde. Blicke gnädig auf ihn und nimm ihm die Bürde ab, die er so mannhaft getragen hat.«
    Im stillen Raum vollzog sich ein Wunder. Das erdrückende Gewicht, unter dem Menachem sich dahingequält hatte, war gewichen, die Wolken, die sein Gemüt verdunkelt hatten, waren verschwunden. Menachem spürte, wie die Last von ihm genommen wurde, eine Last, so schwer wie drei Säcke Weizengrütze. Und gleich einem Kind, dem etwas Schönes begegnet ist, schluchzte er vor Glück. »Und nun, Du unser Erlöser, Jesus Christus«, betete der Spanier, »nimm diesen Ausgestoßenen auf in Deine Bruderschaft. Sage ihm, daß es ihm freisteht, zu Deiner Gemeinde zu gehören.«
    Der Priester wandte sich, immer noch kniend, Menachem zu. Dann stand er auf und hob den jungen Juden mit ausgestreckten Händen zu sich empor. »Du brauchst nicht länger ein Ausgestoßener zu sein«, rief er freudig, küßte Menachem wie einen Sohn, führte ihn zum Stuhl zurück und setzte sich dann ebenfalls. Die grauen Haare an seinen Schläfen schimmerten im Licht der Öllampe wie Silber, und sein sonst so strenges Gesicht strahlte in Liebe. »Rabbi Ascher hatte recht in allem, was er tat, Menachem«, sagte er. »Die Welt ist sündig, und dein Vater hat die Sünde in dieser Welt durch seine eigenmächtige Handlung vermehrt. Und auch auf dir hat die Sünde gelastet, und zu Recht warst du ausgestoßen. Doch das alte Gesetz, durch das du in der Sünde verharren mußtest, ist aufgehoben.« Er sah sehr wohl, daß der junge Mensch seine Worte nicht verstand; doch in seiner Begeisterung sprach er weiter. »Das alte Gesetz mit seiner Strenge gilt nicht mehr. An seiner Stelle herrscht das neue Gesetz der Liebe und der Erlösung. Wenn du mir hier und heute sagst, daß du Christus folgen willst, so wird deine Sünde auf ewig getilgt sein.«
    Jetzt endlich sprach Menachem: »Ich kann also zu Eurer Kirche gehören?«
    »Du wirst die Kirche bauen. Und sie wird die deine sein.«
    »Ich habe geholfen, die Synagoge zu bauen, aber sie war niemals mein.«
    »Die Kirche Jesu Christi steht dir offen ohne jede Einschränkung.«
    »Kann ich mit Euch singen? Mit Euch beten?« Er sah nicht, das Eusebios zustimmend nickte, denn er blickte zu Boden. Beinahe unhörbar fragte er: »Würdet Ihr mir zu heiraten erlauben?«
    »Jedes Mädchen unserer Kirche wird sich gern mit dir verheiraten, Menachem.« Der Priester führte den jungen Juden zum Kruzifix, kniete im Staube vor ihm nieder und zog auch Menachem in die Knie. Mit starker Stimme betete Eusebios: »Jesus Christus, ich bringe Dir heute Menachem ben Jochanan als Deinen Diener dar. Er gibt seine Seele und sein Leben in Deine Obhut.« Der Priester gab Menachem ein Zeichen zu sprechen.
    »Jesus Christus«, flüsterte der Ausgestoßene. »Nicht länger vermag ich die Last der Sünde zu tragen. Nimm mich an.« Seine Stimme brach, von einem mächtigen Antrieb gezwungen, warf er sich ausgestreckt vor dem Kruzifix zu Boden. »Ich kann sie nicht länger tragen. ich kann nicht«, wiederholte er viele Male. »Jesus Christus, hilf mir.«
    Lange verharrte Menachem, bis sich Eusebios erhob und dem Liegenden half, sich aufzurichten. Auf beide Wangen küßte der Priester ihn und sprach: »Heute bist du noch Menachem ben Jochanan. In drei Tagen, wenn du das Sakrament der Taufe empfängst, wirst du Markos sein, und in diesem Augenblick wird dein neues Leben beginnen.« Er erteilte dem ersten, den er in Makor bekehrt hatte, seinen Segen und schickte ihn in die Nacht hinaus - einen Mann, dem eine unerträgliche Bürde abgenommen war.
    Schon seit einiger Zeit hatte Eusebios gefühlt, daß er Menachem wohl als ersten für seine Kirche gewinnen könne. Doch was am folgenden Morgen geschah, hatte er nicht vorausgeahnt. Noch vor Beginn der Bauarbeiten klopfte Menachem an die Tür zum Zimmer des Priester. Als Eusebios, der gerade gebetet hatte, öffnete, stand nicht nur Menachem draußen, sondern neben ihm auch Jochanan. Und so gab der Priester, wenn auch nicht mit der gleichen Innigkeit wie bei

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