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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Hintergäßchen zu dem großen Platz, auf dem die Basilika entstehen sollte. Dort sah er Jochanan und Menachem den Schutt der abgerissenen Häuser in Säcke schaufeln, die von afrikanischen Sklaven zum Rand der Stadt geschleift und ins Wadi ausgeleert wurden. Vater und Sohn grüßten den Rabbi zuvorkommend. »Menachem, kann ich mit dir sprechen?« fragte er.
    Der junge Mann folgte dem Rabbi zu einer Stelle, wo keine Sklaven arbeiteten. Dort stellte Ascher ha-Garsi seine Fragen: »Hast du nach unserer Verabredung gehandelt? Gestohlen? Im Wert von zehn Drachmen? Vor Zeugen?« Menachem fuhr zurück. Was der Rabbi da fragte, wegen dieses seltsamen Vorhabens, war ihm wie die Erinnerung an einen Alptraum aus einer sinnlosen Vergangenheit. Und doch glaubte er, sich entschuldigen zu müssen: »Ich hatte so viel zu tun hier.«
    »Bist du fort von der Mühle?«
    »Ja. Ich helfe hier ein großes Mosaik verlegen.«
    Rabbi Ascher dachte: Wieder dieses Wort »groß«. Warum lassen sich vernünftige Menschen durch dieses Wort »groß« verführen? Menachem redete hastig weiter, als schäme er sich darüber, daß er sein Versprechen nicht gehalten hatte: »Zunächst soll ich die farbigen Steine heranschaffen. Mein Vater wird Baumeister. Sobald der Fußboden fertig ist, werden wir beide gemeinsam am Mosaik arbeiten.«
    »Aber Menachem! Und dein Vorhaben, dich wieder unter das Gesetz zu stellen?«
    Der junge Mann hätte gern erwidert: Falls du mich aufrichtig unter deinen Juden gewünscht hättest, wäre ich jetzt einer. Aber aus Ehrfurcht vor dem alten Rabbi sagte er: »Ich habe viel zu tun, Rabbi«, und ging fort. Im gleichen Augenblick erhob sich an den Trümmern der Ostmauer Geschrei, und Feuerschein war zu sehen. Menachem und Rabbi Ascher eilten hin. Byzantinische Söldner verprügelten einen jungen Juden. Arbeiter versuchten, das Feuer zu löschen. Ein Lagerhaus brannte, in dem die Steuerbeamten die von den Bürgern abgelieferten Naturalabgaben stapelten. Ehe Rabbi Ascher vermittelnd eingreifen konnte, um den Juden vor weiteren Schlägen zu bewahren, sah er Eusebios kommen, sich mit rücksichtslosen Stößen durch die Menge drängen, als seien die Menschen ein Nichts, und mit düster kaltem Blick in das Feuer starren.
    Aber schon drehte der Priester sich um. »Ihr da!« schrie er verschiedene Juden an. »Helft löschen!« Es war jedoch zu spät. Die Flammen hatten bereits auf das Korn und das Olivenöl im Inneren des Hauses übergegriffen. Da war nichts mehr zu retten. Die Lippen weiß vor Zorn, blickte der Priester auf diese neueste Gewalttat der Juden und trat dann dorthin, wo die Soldaten auf den einschlugen, den sie für den Brandstifter hielten. Lange Zeit sah Eusebios zu, bis er rief: »Genug!« Aber da war der Jude bereits tot.
    Laut stöhnte und seufzte es aus dem Gedränge der Juden - so laut, daß man es trotz des Krachens und Knatterns der Flammen hörte, trotz des Geschreis derer, die vergeblich versuchten, das Feuer zu bekämpfen. Mit zusammengekniffenen Lippen verließ der Priester Eusebios die Brandstätte. Als er an Rabbi Ascher vorüberging, sagte er kalt: »Das habe ich gemeint, als Ihr mir nicht zuhören wolltet. Nun werden Söldner aus Antiochia kommen. Germanen. Und das ist Euer Werk!« Einem blanken Schwert gleich, das einen Körper zerschneidet, so schritt Eusebios durch die Menge. In seinem kargen Zimmer betete er eine Zeitlang; dann schickte er einen Boten nach Ptolemais mit der Meldung, der Aufruhr der Juden nehme bedrohliche Formen an. In seinem Bericht stand zu lesen: »Ich befürchte, du mußt die in Antiochia stehenden germanischen Truppen herschicken.«
    Am Abend dieses Tages redete Rabbi Ascher mit seinem Schwiegersohn Abraham. Der stämmige junge Mann saß dicht neben seinem Weib Jael. Er, der sonst so schwerfällig war, widersprach seinem Schwiegervater mit überraschendem Nachdruck. »Die Byzantiner sind zu weit gegangen«, sagte er. »Nein, wir wollen nicht nachgeben. Warum, das wird Jael dir erklären. Wenn sie Kampf haben wollen, werden wir eben kämpfen.«
    Und die nun einundzwanzigjährige Jael erklärte ihrem Vater: »Abraham hat recht. Mit den Byzantinern ist kein Friede möglich. Die Steuereinzieher.«
    »Eusebios hat mir versprochen, daß die Steuern gesenkt werden.« Jael lachte. »Sie sind erhöht worden! Einer muß doch schließlich die neue Kirche bezahlen.«
    »Aber.«
    »Warte ab, bis du erfährst, wie hoch die neue Steuer für deine Mühle ist«, sagte sie erbittert. »Die

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