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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Klatsch zu besprechen oder um sich über das Geschehen im Reich und in der Welt informieren zu lassen, denn der Mann mit der Goldkappe konnte lesen und schreiben und war in seiner Jugend in vielen Ländern gewesen.
    »Hagarsi«, sagte Volkmar wie zu einem Freund, »ich brauche sechs Goldstücke, bis die Ernte eingebracht ist.« Der Geldverleiher nickte zustimmend, als gehe dieser Zweck des Besuchs ihn wenig an. »Deshalb hättet Ihr den Vogt schicken können. Was hat Euch eigentlich hergeführt?«
    »Ich muß wissen, ob so ein Pöbel, wie er heute an Gretsch vorüberzog, wirklich Aussichten hat, Jerusalem zu erreichen.« Der Jude antwortete nicht. Deshalb fragte Volkmar: »Hast du sie gesehen?«
    »Selbstverständlich«, sagte Hagarsi und deutet damit an, daß es zum Geschäft gehörte, alles zu sehen, was im Morgengrauen an Gretsch vorbeikam. Dann setzte er langsam hinzu, wie ein Feldherr, der seine früheren Schlachten überdenkt: »Bis Jerusalem bin ich nicht gekommen. Nur bis Antiochia.«
    »Du warst in Konstantinopel?«
    »Mehrmals. Als die Ungarn noch Heiden waren, habe ich Händler von Gretsch nach Konstantinopel geführt. Wir hatten dabei nur wenige Kämpfe auszufechten.« Er lehnte sich zurück und zeichnete die Reiserouten nach Osten in die Luft. »Man kann es machen. Wenn man die Ungarn nicht aufstört. oder die Bulgaren.«
    »Du denkst also, der närrische Priester auf dem grauen Esel kann es erreichen?«
    »Bis nach Jerusalem?« Der Händler überlegte. »Ich habe keine Ritter gesehen, die sie schützen könnten«, sagte er. »Und sie hatten nur wenig Vorräte.«
    »Welchen Weg werden sie nehmen?« fragte Volkmar.
    »Als wir dorthin zogen«, erwiderte der ehemalige Anführer langer Wagenkolonnen, indem er die Augen schloß und seinen Bart mit beiden Händen strich, »folgten wir dem Lauf der Donau bis dorthin, wo die Straße nach Norden abbiegt, nach Nowgorod.« Er erinnerte sich der wilden Tage seiner Jugend, als er seine schweren Planwagen nach Smolensk und Kiew geleitet hatte. »Wir haben mit ihnen allen Handel getrieben.«
    »Nimm einmal an, der Pöbel erreicht Konstantinopel«, unterbrach ihn Volkmar. »Kommen sie dann überhaupt noch weiter. nach Jerusalem?«
    »Sie könnten.«, sagte Hagarsi. Es lag ihm offenbar nichts daran, sich darüber zu äußern, deshalb fuhr er ablenkend fort: »Ich erinnere mich an ein Jahr, als wir von Kiew nach Konstantinopel ziehen wollten.«
    »Du denkst also nicht, daß sie Jerusalem erreichen?« fragte der Graf hartnäckig. »Graf Volkmar«, lachte Hagarsi kurz auf, »hier handelt es sich doch wohl um ein Unternehmen der christlichen Kirche. Ist es einem Juden angemessen, darüber zu reden?«
    »Du und ich, wir sind alte Freunde, Simon.« Volkmar redete Hagarsi mit Vornamen an.
    »Sie werden nicht hinkommen«, sagte der Jude. »Als ich zum letztenmal im Orient war, wurden die Türken bereits sehr stark. Ich wollte damals noch einmal nach Antiochia. Mit Waren aus Zypern und Ägypten. Unmöglich.« Und rasch fügte er hinzu: »Wenn ich aber tausend gutbewaffnete Männer gehabt hätte. Ritter. wie Ihr es seid.«
    Volkmar wollte nicht, daß Hagarsi meinte, er habe die Absicht, an einem Zug nach Jerusalem teilzunehmen. Deshalb wechselte er das Thema: »Welcher Papst wird die Oberhand gewinnen?«
    Wieder schloß der Jude seine Augen. »Nur ein naher Freund würde es für richtig halten«, sagte er, »einen Juden um seine Meinung in dieser Angelegenheit zu befragen.«
    »Nur ein alter Freund kann wissen, daß du mit Rom Handel getrieben hast und wahrscheinlich die Antwort weißt.«
    »Soweit unsere Kaufleute in Rom uns sagen, hat unser deutscher Kaiser den falschen Mann unterstützt. Sein Papst
    Clemens wird keine Anerkennung gewinnen. Sondern Frankreichs Papst Urban.«
    Das hatte Volkmar nicht hören wollen. Seit einiger Zeit glaubte er, sein Kaiser werde sich durchsetzen und Papst Clemens zum rechtmäßigen Papst erklärt werden; aber Volkmar hatte eine hohe Meinung von den Ansichten des stets gut informierten Juden. Nur selten ertappte man ihn bei einem Fehler. Und was Simon Hagarsi eben gesagt hatte, beunruhigte den Grafen.
    »Wie kann Frankreichs Papst gewinnen«, entgegnete er, »wenn Deutschland, England und ein großer Teil Italiens gegen ihn sind und wenn unser Papst Rom auf seiner Seite hat?«
    »Papst Urban mit seiner Verkündigung des Kreuzzugs.«
    »Du hast den Pöbel gesehen, Hagarsi. Was kann der schon ausrichten?«
    »Dieser Pöbel? Nichts. Aber meine

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