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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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oben, wo seine Frau mit den Kindern beim Essen saß. Er hatte jedoch keine Zeit, ihr von Hagarsis Voraussagen über die einander feindlichen Päpste zu erzählen, denn es kam ein Knecht mit der
    Ankündigung, Fremde ritten auf der Straße von Köln heran. Volkmar begab sich mit Mathilda auf den Wehrgang. Eine Staubwolke näherte sich schnell der Stadt. »Es müssen etwa ein halbes Dutzend Reiter sein«, sagte Volkmar und streckte den Kopf vor, um zu sehen, wer da wohl kam.
    Jetzt waren die Reiter so nahe, daß er den ersten erkennen konnte. Ein Ritter war es, im Kettenhemd; Helm und Schild hingen an seiner Seite. Über dem leichten Panzer trug er einen langen weißen Umhang, auf den ein großes blaues Kreuz genäht war. Nun sah man auch den Kopf des Mannes, einen hübschen, herrischen blonden Kopf, glattrasiert das Gesicht, blau die Augen. »Gunther ist es!« rief Mathilda glücklich und lief hinab, ihren Bruder zu begrüßen. Als die sieben Ritter -aus Köln kamen sie - in der Halle saßen, hatten sie erregende Neuigkeiten zu erzählen. »Wir haben das Kreuz genommen«, verkündete Gunther. »In einem Monat ziehen wir nach Jerusalem. Wenn wir aufbrechen, werden wir fünfzehntausend Mann sein, und du gehst mit.«
    »Ich?« rief Volkmar.
    »Du! Und Konrad von Mainz und Heinrich von Worms. Jeder.«
    »Ich folge nicht den Befehlen eines falschen Papstes«, widersprach Volkmar. »Zum Teufel mit dem Papst!« rief Gunther. »Clemens? Urban? Wer schert sich drum? Schwager, im Heiligen Land sind Königreiche zu gewinnen, und kein Streit der Päpste soll uns um solche Beute bringen.«
    Die Ritter, die mit Gunther aufgebrochen waren, um möglichst viele Burggesessene zur Teilnahme am Kreuzzug zu bewegen, nickten. Einer fragte Mathilda: »Wäret Ihr nicht gern Fürstin von Antiochia oder Königin von Jerusalem?«
    »Meinen Bruder sähe ich schon sehr gern als Herrn solcher Länder«, antwortete sie, denn sie wußte, wie sehr Gunther sich ein eigenes großes Lehen wünschte. »Ich bin aber ganz zufrieden hier in Gretsch«, sagte Volkmar. »Willst du nicht das Kreuz nehmen?« schrie sein Schwager. »Jeder hier am Rhein tut es.« Er rannte auf den Söller, von dem aus man den Platz vor der Burg überblicken konnte und grölte: »He, ihr da unten, wie viele von euch wollen nach Jerusalem ziehen und es vor den Heiden retten?«
    Ein einstimmiger Schrei antwortete und hallte durch die Burg. Ein Mann rief: »Klaus hat ein Haar vom Esel Peters des Eremiten.«
    Als er den Namen des kleinen Priesters hörte, blickte Gunther finster drein, dann rief er in die Menge hinab: »Alle kräftigen Männer, die in einer Woche mit mir nach Jerusalem ziehen wollen.« Jetzt wurde das Schreien dort unten zum Brüllen. Der blonde Ritter winkte mit den Armen, dann kehrte er zum Tisch zurück, ließ sich krachend auf seinen Stuhl fallen und murmelte: »Dieser verdammte Mönch. Er hat nicht die geringste Aussicht, nach Jerusalem zu kommen.«
    »Du denkst nicht?« fragte Volkmar.
    »Du hast ihn doch gesehen. Hatte er unter seinen zwanzigtausend Männern zehn, die kämpfen können? Bauern, alte Weiber, Kinder.« Der junge Mann stand auf und stampfte durch das Zimmer, seine Eisenschuhe klirrten auf den Steinen. »Volkmar, um Jerusalem für die Christen zurückzuerobern, brauchen wir Krieger. Männer, die das Waffenhandwerk verstehen. Die Türken sind furchtbare Kämpfer.«
    »Und du bist entschlossen, gegen sie zu ziehen?« fragte Mathilda. Gunther eilte durch das Zimmer und kniete neben ihr nieder. »Schwester! Einer von denen, die mit uns ziehen, wird einmal zum König von Jerusalem gekrönt werden. Ein halbes Dutzend andere werden große Länder für sich selbst gewinnen. Ich habe die Absicht, einer von denen zu sein.« Dann, etwas beschämt, daß er sich so freimütig bloßgestellt hatte, deutete er auf einen seiner Begleiter und fügte hinzu: »Und Gottfried hier wird auch eines gewinnen.« Volkmar und seine Frau sahen Gottfried an, einen Trottel ohne Kinn. Der grinste und nickte mit dem Kopf. Er hatte ebenfalls den Wunsch, im Heiligen Land mindestens eine Baronie zu bekommen.
    Gunthers wilder Ehrgeiz sprudelte noch einmal auf, als er rief: »Heute in einem Monat, am 24. Mai, werden wir von Gretsch losziehen, fünfzehntausend, zwanzigtausend. Und du sollst mitkommen.« Er küßte seine Schwester zum Abschied und eilte die Burgtreppe hinab, voller Eifer, die Nachricht vom Kreuzzug auch in den anderen Burgen und Städten am Rhein zu verbreiten. Am Tor sah

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