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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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der Schlacht bei den Wagen genommen worden waren, hatte er nur selten an Deutschland gedacht. Mehr als acht Jahre war es nun her, daß er den Rhein zum letztenmal gesehen hatte. Volkmars Sohn Otto war nun Herr über Burg, Stadt und Grafschaft Gretsch. Sich selbst aber empfand der alte Graf kaum noch als Deutschen. Er deutete auf den bescheidenen, aber wohnlichen Raum, in dem sie beim Mahl saßen, und fragte: »Würdest du diese behagliche Stätte verlassen, um in die kalte Burg Gretsch zurückzukehren?« Er zeigte auf das gute Essen, das Lukas hatte zubereiten lassen, auf den Wein, auf die Leckereien aus Damaskus. Und dabei dachte Volkmar, wie anders doch die Ritter in ihren unwohnlichen, zugigen Burgen am Rhein lebten. Seine Frau Taleb trug Seide und bestickte Stoffe, während seine erste Frau Mathilda froh gewesen war über jedes grobe Tuch. In Makor hatte er Gold und Silber statt des Zinns und Kupfers in Deutschland. Durch seinen klugen Lukas erhielt er heilende Salben und Tränke, die in Deutschland unbekannt waren. Und so sagte er: »Wenn ich mein Bein in Gretsch verloren hätte und unsere Bader und Feldscher hätten mich behandelt - ich wäre wohl schon lange tot. Ich habe keine Sehnsucht mehr nach diesem unwirtlichen Land.«
    »Dann bleib hier und hilf mir herrschen.« Mit diesen Worten schloß Gunther das Gespräch.
    So blieb Gunther in Makor. Schon während der ersten Woche kündigte er an, daß sich nun mancherlei ändern werde. Als erstes wolle er auf dem Stadthügel von Makor eine große Burg bauen: »Jeder Mann der Herrschaft Makor wird sechzehn Tage im Monat für den Bau der Burg arbeiten, bis sie vollendet ist. In den Steinbrüchen brauchen wir tausend Arbeiter, die ganze Zeit über. Und um die Steine abzuschleppen, fünfhundert Pferde und Esel.« Volkmar humpelte auf seinen Krücken hinter Gunther her, der nach der rechten Stelle für seine Burg suchte und mit langen Schritten zeigte, welche Abmessungen sie haben sollte. Der alte Graf war erstaunt, eine wie große Burg Gunther im Sinn hatte.
    »Sie wird so groß, weil wir von hier aus ein sehr großes Fürstentum regieren werden.« Von diesem Tag an sprach er nur noch vom »Fürstentum«, denn das wollte er für sich haben. Endlich kam er zu Volkmar zurück, der sich auf seine Krücken gelehnt hatte, und fragte: »Du bist jetzt fünf Jahre hier. Welche Stelle der Stadt ist am besten geeignet für unsere Burg?«
    Volkmar erklärte, im Nordwesten, hinter der Basilika, sei es am günstigsten, denn dort wehe die kühle Abendbrise durch das Wadi, und man könne den Blick auf das Meer jenseits von Saint Jean d’Acre genießen, Gunther war anfangs gewillt, die Burg dort zu bauen, wählte aber schließlich aus Gründen besserer Verteidigung das Gelände weiter östlich, denn der Hang des Wadi nördlich davon war steiler. »Eines Tages wird es zu einer Belagerung kommen«, meinte Gunther vorsorglich, »und diese Rinne da unten kann dann unsere Rettung sein.« So ließ er im Nordosten der Basilika eine riesig große Fläche für die Burg abstecken. Als Lukas sah, daß ein Drittel aller Häuser der Stadt innerhalb der Markierungen standen, legte er Verwahrung ein. Aber Gunther sagte nur: »Abreißen!«, und dabei blieb es.
    Fast dreißig feste Städte hatte er belagert - Nicaea, Antiochia, Jerusalem, Askalon:    die Namen waren wie Träume,
    griechisches Feuer war auf seine Mannen gefallen, und er selbst hatte mit seinen Steinschleudern die abgehackten Köpfe türkischer Gefangener zum Hohn hinter die Mauern der Verteidiger werfen lassen. Aus solch reicher Erfahrung wußte Gunther, wie man eine Burg zu bauen hatte. Da gab es keine scharfen Ecken, keine sauber abgekanteten Türme, denn das waren gefährliche Stellen. »Mit einem Rammbock kann man die Ecksteine herausbrechen«, erklärte er Lukas, »aber bei einem runden Turm, wo soll man da mit dem Angriff beginnen?« Er bestand auch darauf, daß jeder Stein dicht bei dicht an den anderen saß, damit keine Mauerhaken und keine Sturmleitern Halt fanden. Die Mauer war steil geschrägt, ihr Grundriß so, daß jede Stelle von je zwei Türmen her unter flankierenden Beschuß von Pfeilen und Armbrustbolzen genommen werden konnte. »Und der Fuß der Mauer erhält einen scharfen Knick nach außen. in diesem Winkel.«, erklärte er, »damit die Steine, die vom Wehrgang hinabgeworfen werden, mit großer Kraft abprallen und die Belagerer treffen, die sich unter einem Schutzdach gegen die Mauer vorarbeiten.« Zwei Jahre

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