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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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auch!« rief Gunther großzügig, denn er war erschüttert, in welch körperlicher Verfassung er seinen Schwager antraf. »Du sollst auch weiterhin in meinem Namen herrschen, bis zu deinem Tode - ich werde abwesend sein, um die Grenzen des Königreichs Jerusalem zu erweitern.«
    »Aber wenn ich sterbe, geht dieses Land auf meinen Sohn Volkmar über.« Der alte Graf gab Lukas ein Zeichen. Der führte einen hübschen, dunkelhaarigen Knaben von drei Jahren herein. Das Kind lief auf seinen Vater zu, der sich fest auf seine Krücken stützte, um seinen Sohn aufzufangen und hochzuheben. Wie glücklich der alte Volkmar dabei aussah!
    »Man hat mir gesagt, daß du geheiratet hast«, sagte Gunther und schob für den Augenblick die Frage des Erbes beiseite. »Wo hast du eine Christin gefunden?«
    »Hier«, erwiderte Volkmar. »Eine, die ihr nicht getötet habt.« Wieder gab er Lukas einen Wink. Der Vogt verschwand und kam kurz darauf mit seiner Tochter Taleb zurück, einer schönen Frau von einundzwanzig Jahren. Sie verneigte sich mit der Würde einer Dame von Adel vor Gunther und sagte in singendem Deutsch: »Seid willkommen in Makor, Herr Bruder.«
    Der kriegsmüde Ritter verneigte sich ebenfalls und erwiderte: »Ich bin es, der dich auf meinem Lehen willkommen heißt, Frau Schwester.«
    Diesmal war es Volkmar, der über die heikle Frage hinwegging. Er befahl Lukas, ein Willkommensmahl zu bereiten. Lukas, in derlei Dingen erfahren, ließ einen Hammel braten, einen guten Wein aus den Trauben der Umgebung aus dem Keller holen und manch andere wohlschmeckende Sachen, darunter solche aus dem fernen Damaskus. »Die Karawanen haben ihre Reisen wiederaufgenommen«, erklärte Volkmar und bot seinem Schwager frische Datteln und Honig aus der Hauptstadt der Mohammedaner an. »Damaskus wird wohl auch weiterhin in der Hand der Ungläubigen bleiben«, fuhr er fort, »aber wir müssen nun einmal miteinander Handel treiben.«
    »Das ist auch vernünftig«, knurrte Gunther und leckte sich die Finger. »Wie bist du zu Lukas gekommen. und wo hast du die Frau Gräfin.?«
    »Hier in Makor. Sie hatten sich versteckt. in einer Höhle, bis ihr abgezogen wart.«
    Gunther verneigte sich zur Gräfin hinüber. »Ich bin sehr froh, daß du am Leben geblieben bist. Um die Wahrheit zu sagen«, gestand er, »wenn wir noch einmal von vorn anfingen. ich würde viel weniger töten.« Unbehaglich rutschte er auf seinem Stuhl hin und her und lehnte sich vor, um Vater und Tochter anzustarren, die er am ersten Tag hätte erschlagen können. »Ich habe meine Lehre in Jerusalem erhalten. Wir haben jeden umgebracht, der uns vor die Augen kam. Araber. Juden. aber am nächsten Tag mußten wir entdecken, daß die Hälfte der Toten Christen waren, genau wie wir. Keiner hatte es uns gesagt. Hat man euch erzählt, wie wir Jerusalem eingenommen haben?«
    »Oft genug«, sagte Volkmar. Es war ihm anzusehen, wie sehr es ihn ekelte. »Ich habe doch gesagt, wenn wir es noch einmal tun. Du weißt, Schwager.«
    »Ich bin nicht mehr dein Schwager«, antwortete Volkmar ruhig. »Du bist mehr«, antwortete Gunther, der sich keineswegs beleidigt fühlte. »Du bist mein wahrer Freund. Was ich sagen wollte. nach der Einnahme von Jerusalem. Wie reich wären wir gewesen, wenn wir die Einwohner nur am Leben gelassen hätten.« Abermals neigte er den Kopf vor Vater und Tochter. »In Jerusalem. nach dem Blutbad. fanden wir Küpen voll Purpurfarbe, hunderttausend Besanten wert, und keiner lebte mehr, der gewußt hätte, wie man sie verwendet. Alle Juden waren tot.«
    »Hier haben wir uns anders verhalten«, antwortete Volkmar. »In den Dörfern ist niemand umgebracht worden, und nun sind die Bauernhöfe reich.«
    »Ich freue mich, daß ihr es so gehalten habt. Ich brauche sie auf meinem Lehen.«
    »Das Lehen wird dir nie gehören.« Volkmar sagte es mit fester Stimme. »Es wird mir gehören«, erwiderte Gunther ohne Zorn. »Mit meinem Schwert habe ich es gewonnen, und so gehört es mir. Du bist hier willkommen, solange du lebst, weil ich deine Hilfe brauche. Aber wenn ich selbst Söhne habe, werden sie hier Herren sein, und dein Sohn Volkmar wird sich sein Lehen anderswo suchen müssen.«
    Die beiden deutschen Ritter blickten einander starr in die Augen. Jetzt ging es auf Biegen und Brechen. Gunther fragte rundheraus: »Volkmar, warum nimmst du nicht deinen Sohn und kehrst nach Deutschland zurück?«
    Die Frage verblüffte den Grafen. Denn all die Jahre, seit ihm die Frau und die Tochter in

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