Die Quelle
war ein Fehler, denn Jussuf selbst dachte überhaupt nicht daran zu arbeiten. Er zeigte seinen drei Frauen, wie sie zu graben hatten, und schrie dann seine acht Kinder an. Aber geduldig erklärte Tabari ihm, daß, wer nicht gräbt und nicht richtig gräbt, verdammt noch mal auch nichts zu essen bekommt. Darauf machte sich der Patriarch an die Arbeit. Und der Zufall wollte es, daß gerade er, und sogar im Graben A, auf den ersten nennenswerten Fund stieß: eine lachende, reizende kleine Göttin aus Ton - einst die Heilbringerin der schwangeren Frauen und der Bauern, die sich um die Fruchtbarkeit ihres Bodens sorgten. Es war Astarte, die kanaanitische Göttin. Cullinane aber erinnerte diese Statuette an Vered Bar-El.
»Gratuliere«, rief er Jussuf auf Arabisch zu und gab Tabari Weisung, dem Alten sofort eine Prämie zu zahlen. Abends durfte Jussuf die Göttin in den Speisesaal des Kibbuz mitnehmen, wo er sie stolz den jungen Leuten zeigte, die auf dem Tell gearbeitet hatten. Einer rief: »Sie sieht ja aus wie Dr. Bar-El.«
Schicht XIV ° _
etwa 2000 v. Chr. /_
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Tonstatuette der Göttin 1
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Astarte ^
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Die nackte kleine Göttin mit den kreisrunden Brüsten wurde sofort zu Vereds Tisch gebracht, aber die sagte nur: »Nun weiß ich aber wirklich nicht, wie er das behaupten kann.« Da zerriß der Junge sein Taschentuch und paßte daraus der Göttin einen Bikini an. Das Figürchen sah plötzlich der Archäologin verblüffend ähnlich - vielleicht, weil beide das Eigentlichste des weiblichen Wesens verkörperten, das geschlechtliche Verlangen, den Drang nach Zeugung neuen Lebens. Eines Tages traf auch das erwartete Telegramm aus Stockholm ein:
CULLINANE STOP IHRE SCHICHT III STOP 1380 V. CHR. PLUS-MINUS 105 STOP KOENIGLICHES INSTITUT
Und wenige Tage später teilte das Laboratorium in Chicago sein Ergebnis mit: »1420 v. Chr. plus-minus 110«. Wenn dies die Zeitstellung für die beiden Tongefäße war, dann konnte Cullinane diese Astarte wahrscheinlich auf etwa 2200 v. Chr. datieren.
Er ließ zu, daß die kleine Göttin den improvisierten Bikini weiter tragen durfte. Wenn er sie betrachtete, wie sie so herausfordernd auf seinem Schreibtisch stand, als wolle sie ihn ermuntern, seinen Acker zu bestellen und Kinder zu zeugen, spürte er sein Verlangen nach Vered Bar-El mehr und mehr. Es war, so dachte er, wirklich ein schwerer Fehler von ihr, daß sie ihn nicht heiraten wollte, denn es war doch wohl ganz klar, daß sie nie Iljan Eliavs Frau wurde. Diese beiden waren doch so wenig durch Leidenschaft verbunden, es fehlte zwischen ihnen doch so offensichtlich an jeder Bindung, daß er sich ernsthaft überlegte, ob er nicht seinen Antrag wiederholen sollte. Aber da kam etwas dazwischen: ein Telegramm von Zodman aus Chicago mit der Bitte, sofort zu kommen und, wenn irgend möglich, den Leuchter des Todes mitzubringen. Eine Sitzung der Förderer des Biblischen Museums finde statt usw. usw.
»Ich wäre doch verrückt, wenn ich fliege«, grollte er und rief seine Mitarbeiter zusammen, um sich bei ihnen Beistand zu holen.
»Wie die Dinge stehen«, sagte Eliav, »meine ich, daß Sie nicht fliegen sollten. Zodman ist nur auf billige Propaganda aus.«
»Ich werde telegrafieren, daß ich nicht kann«, sagte der Ire kurz. »Einen Augenblick«, unterbrach Tabari. »Denkt an Onkel Mahmuds goldene Regel: >Der Mann, der zahlt, muß bei guter Laune gehalten werden.««
»Aber nicht mit diesem verdammten Leuchter. Nein!«
»John«, wiederholte der Araber mit Nachdruck, »du sollst dich ganz gewiß nicht bloßstellen. Ich war noch nie in Chicago. Wie wäre es, wenn ich die Menora hinbringe, als Scheich verkleidet. Ich könnte denen ganz schön etwas vormachen.«
Vered lachte. Wenn sie sich vorstellte, wie dieser Dschemail Tabari die Damen Chicagos völlig aus der Fassung bringen würde!
»Ich kann dich jetzt nicht entbehren, Dschemail«, sagte Cullinane. »Nächstes Jahr kannst du meinetwegen nach Chicago. Aber jetzt, mit diesen Marokkanern.«
»Dann habe ich einen anderen Vorschlag.« Dschemail nahm wieder das Wort. »Schicke doch Vered.«
»Möchtest du?« fragte Cullinane.
»Ich würde schon ganz gern sehen, was an diesem Amerika dran ist«, antwortete sie.
»Sie wird natürlich nicht den gleichen Effekt machen wie ich«, sagte Tabari. »Was ist schon eine Jüdin gegen einen Araber! Aber sie ist.« Er schnippte am Bikini der kleinen Göttin aus Ton.
»Wir
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