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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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sind aber gerade in den Schichten, in denen die Keramik das wichtigste ist«, widersprach Cullinane.
    »Halte Paul Zodman bei guter Laune«, warnte Tabari. Und schon entwarf er ein Telegramm: Cullinane sei leider in Jerusalem, und deshalb könne er nur mitteilen, daß der Chef absolut unabkömmlich sei, für ihn aber, falls alle Unkosten übernommen würden, Dr. Bar-El mit dem Leuchter des Todes. Am nächsten Morgen fand eine von Jussufs Frauen im Graben B zwei kleine Steine. Sie brachte sie zu Dr. Eliav, weil sie meinte, sie könnten von Interesse sein. Sie waren es in der Tat. Sofort ließ der lange Archäologe die Arbeit einstellen und bat seine Kollegen in den Graben. Zwei Feuersteine waren es, zweieinhalb Zentimeter lang, die eine Seite wie eine Schneide, ausgezackt und wie poliert glänzend, die andere ziemlich dick und stumpf. Diese Feuersteine konnten weder als Speerspitzen noch als Messer benutzt worden sein. Trotzdem war die Aufregung über die beiden unscheinbaren Steine genauso groß wie bei den anderen Funden aus dem Tell. Alle durchsuchten eifrig den Schutt, bis nach ein paar Minuten Vered schrie: »Ich habe noch einen. Genauso einen.« Es stimmte, wie man sah, als der Feuerstein neben den beiden anderen lag. Die Suche wurde fortgesetzt, aber erst nach einer Stunde fand der alte Jussuf einen vierten Feuerstein. Und dabei blieb es.
    Die Archäologen brachten die Feuersteine in etwa die gleiche Lage, in der sie gefunden worden waren, und so wurden sie protokolliert. Eiligst schaffte man sie dann zum Waschraum, wo Vered sie säuberte. Danach ordnete sie die vier Steine auf Cullinanes Schreibtisch so an, wie sie gelegen hatten. Wieder fertigte Cullinane eine Skizze an.
    Und was war das Aufregende an diesem Fund? Diese vier Feuersteinstücke hatten einst, eingeklemmt in einen Knochen, die Schneidfläche einer Sichel gebildet. Einst - das heißt in den frühen Morgenstunden der Geschichte. Mit solchen Sicheln hatten Männer und Frauen damals ihr Getreide geerntet.
    Feuersteine einer jungsteinzeitlichen Siche!
    Diese aus dem Schutt geborgenen Steine gehörten zum ältesten landwirtschaftlichen Gerät der Menschheit, das älter war als Bronze und viel älter als Eisen, das in einer Zeit benutzt wurde, da der Mensch noch kein Nutzvieh hielt und das Kamel noch nicht gezähmt war. So unvorstellbar alt diese Erfindung war - sie hatte ungleich größere Bedeutung als die des Kühlschranks oder des Autos, diese erste Sichel: Wenn nur die eine Seite ihrer Feuersteine zackig war und aussah, als sei sie auf Hochglanz poliert, so war dies die Folge des Schneidens der ährentragenden Halme. Der Mensch, der sich dieses großartige, in die Zukunft weisende Werkzeug geschaffen hatte, hob sich mit ihm hinaus über die Tiere, die er jagte. Denn nun brauchte er nicht mehr wie diese unstet auf der Suche nach Nahrung umherziehen. Mit der Sichel schnitt er das Korn, das er - und auch dies war eine der großen Urerfindungen früher Menschheit - dort zum Wachsen gebracht hatte, wo er es wollte. Das zum Getreide gewordene Wildgras, die Sichel: Jetzt erst konnte der Mensch seßhaft werden, konnte er, wie hier in Makor, eine Siedlung gründen, aus der viel später dann eine römische Stadt wurde, ein Ort mit einer schönen byzantinischen Kirche, mit einer stolzen Kreuzritterburg. Voller Ehrfurcht sahen die Archäologen auf die vier Feuersteine.
    Drei Tage später erreichten die Marokkaner in den Gräben A und B den felsigen Untergrund des Tell. Darunter war nichts; die Arbeit in den Suchgräben war beendet.
    Abends packte Vered Bar-El ihre Sachen für die Reise nach Chicago. Als sie fertig war, zog es sie noch einmal zum Tell. Einen letzten Blick wollte sie auf den Hügel und den gewachsenen Felsen werfen, den die Pickel und Kellen freigelegt hatten. Sie kratzte gerade mit dem Schuhabsatz daran, als sie merkte, daß ihr jemand vom Hauptgebäude her gefolgt war. Fragend rief sie: »Eliav?« Aber es war Cullinane.
    Fast erleichtert sagte sie: »Ach, du bist’s, John.« Sie gingen durch den Graben. Vered meinte: »Was wir geschafft haben, ist doch vollkommen. auf seine Art.«
    »In den nächsten neun Jahren werden wir diesen Tell in ein Schmuckstück verwandeln.« Er blieb stehen. »Werdet ihr, du und Eliav, diese neun Jahre bei mir bleiben?«
    »Natürlich.«
    »Ich hatte neulich so ein Gefühl, als ob du es nicht tun wirst.«
    »Wie kindisch«, sagte sie auf hebräisch. »Denn wenn du nicht hier wärst.«, fing er an.
    Zu ihrer eigenen

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