Die Quelle
Montgomery gebetet. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wieviel er mir bedeutet.« Er klopfte seine Pfeife aus und sagte zu Boden blickend: »Es ging um Haaresbreite, meine Herren.«
Cullinane fragte: »Dann wissen Sie also zu unterscheiden zwischen den Engländern, mit denen Sie gekämpft haben, und denen, gegen die Sie gekämpft haben?«
»Selbstverständlich. Weil ich mein zweigeteiltes Ich zu unterscheiden habe. Auf der einen Seite steht der Jude, der all sein Können den Engländern zu verdanken hat, und auf der anderen Seite der Jude, der sie später voll Überzeugung bekämpft hat.«
»Kannst du denn immer dein so vielgesichtiges Ich auseinanderhalten?« fragte Tabari etwas boshaft.
»Man schnappt über, wenn man es nicht tut«, lachte Eliav. »Wie hältst du es denn mit deinen mannigfachen Verpflichtungen als arabischer Israeli.« Cullinane fiel ihm ins Wort. »Es ist schon gut so, wenn man einen Juden über diese Dinge sprechen hört. Ich als Ire empfinde ähnlich wie Sie. Ich muß zugeben, daß die Engländer im großen und ganzen Wunder vollbracht haben,. in Irland aber.« Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Es hört sich bestimmt so an, als ob ich wie ein irischer Politiker in Chicago spreche. Aber was ich sagen wollte ist, daß sie in Irland nicht die blasseste Ahnung gehabt haben. Sie sind dort von einer völlig falschen geistigen Grundlage ausgegangen.«
»Sie haben mir das Wort aus dem Mund genommen«, sagte Eliav, »und jetzt wollen wir mal Tabari ein bißchen hochnehmen.« Er zündete noch einmal seine Pfeife an.
»Vorher noch etwas«, warf Cullinane ein. »Ich weiß, warum sie es in Irland falsch gemacht haben. Aber warum haben sie es hier auch getan?«
Der Jude war mit dem Anzünden seiner Pfeife fertig. Aber in der kleinen Pause vorher beugte sich Tabari vor, als ob er etwas sagen wollte. Eliav bemerkte es und zögerte, doch Tabari verbeugte sich und sagte: »Der ganze Hyde-Park lauscht deinen Worten.«
»Um das Verhalten der Engländer in Palästina zu verstehen«
- Eliav sprach langsam und nachdenklich -, »muß man die Engländer kennen, die hierher kamen. Dann muß man auch die Engländer in ihrem Verhältnis zu den Arabern studieren, die sie hier antrafen, und man muß sie auch den Juden gegenüberstellen.«
»Genau«, sagte Tabari mit boshaftem Vergnügen. »Es geht darum, Cullinane, daß wir zwei Typen von Engländern in Palästina kennengelernt haben. Da waren die ungebildeten Leute zweiter Garnitur, die weder zu Hause verwendbar waren noch die nötigen Voraussetzungen für wichtige Posten mitbrachten, wie etwa in Indien. Du darfst nicht vergessen, daß unser kleines Falastin wirklich kaum zählte. Was war hier schon wichtig? Und da haben wir das bekommen, was übrig geblieben war.«
»Richtig«, nickte Eliav. »Die anderen dagegen waren natürlich erste Klasse. Bibelspezialisten, arabisch sprechende Gelehrte, Herren mit weitgespannten Interessen. Wie nun haben diese beiden verschiedenen Typen von Engländern auf Palästina reagiert?« Er wandte sich an Tabari.
»Auf diesem Gebiet bin ich Experte«, witzelte Tabari, »weil meine Familie ja mit denen immer exerziert hat. Ich meine das ganz im Ernst. Mein Vater hat uns dann immer zusammengeholt und uns genau erklärt, wie man die blöden Engländer zu behandeln hat. Ich höre ihn heute noch dozieren: >Worte kosten nichts, Dschemail. Benutze deshalb die schönsten, die dir zur Verfügung stehen. Effendi, verehrter Sir, Exzellenz, Pascha.< Er empfahl uns, alle Militärs mit Colonel anzureden, ausgenommen natürlich einen General, wenn wir ihn als solchen erkannten. Ich hatte ein Studium in Oxford hinter mir. Trotzdem machte es mir einen riesigen Spaß, irgendeinen kleinen Schreihals aus Manchester mit Effendi zu titulieren. Ich hatte mir sogar ein besonders hochgestochenes
Ritual ausgearbeitet. Während ich mich tief verneigte, berührte ich Stirn und Brust und sagte: >Verehrter Sir. In aller Demut würde ich mich glücklich preisen, wenn Sie, was weiß ich.<«
»Was soll das bedeuten: Was weiß ich?«
»Nun, ich hatte bald heraus, ob er Arabisch verstand oder nicht. Wenn nicht, beendete ich meinen Satz mit >Küß mir den Hintern<, und der Narr grinste mit gebleckten Zähnen. und ich bekam alles, was ich wollte. Die Art, wie wir Araber mit dem Durchschnittsengländer umgegangen sind, war schon fast kriminell.«
»Und am gleichen Tag«, setzte Eliav hinzu, »begegnete dieser unterbelichtete Engländer wahrscheinlich
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