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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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hielt der Palmach in Ilanas Haus eine Lagebesprechung ab. Die Stimmung war denkbar gedrückt. Alle waren zwar noch mutig genug, bis zum Ende zu kämpfen, aber keiner hatte mehr Kraft genug, an anderes zu denken als an hinhaltenden Widerstand. Um Mitternacht - noch immer sprachen sie miteinander - waren plötzlich alarmierende Geräusche aus dem Wadi unterhalb des Friedhofs zu hören. Gottesmann zitterte. Wenn die Araber zum letzten Angriff angetreten waren, hatte er loszugehen, aber.
    Jetzt klang es wie Stimmen. Feuerten da die rotbemützten Iraker und die weißen »Löwen von Aleppo« einander zum
    Gemetzel an? Die kleine Vered packte ihre Maschinenpistole und öffnete die Tür. Sternklar war die Nacht. Die Stimmen wurden lauter. Menschen sangen, Männer. und Frauen. Und jetzt konnte auch Gottesmann die Worte verstehen, trotzige Worte, die durch die Nacht tönten:
    »Von Metulla bis zum Negev,
    Von der Wüste bis zum Meer,
    Jeder junge Mann trägt Waffen,
    Jedes Mädchen steht auf Wacht.«
    Vered war die erste, die sprach. »Es müssen Hunderte sein.« Sie stürzte aus dem Zimmer. Bagdadi folgte ihr und dann BarEl, der seine Kräfte wiederkehren fühlte. »Komm mit, Gottesmann«, rief Ilana. »Ich warte.«
    »Gut.« Sie ließ ihn sitzen und auf die offene Tür starren und beeilte sich, die aufgeregten Juden einzuholen, die durch die engen Straßen auf den Friedhof zu liefen. Aber an der Ecke der Wodscher Synagoge blieb sie plötzlich stehen, allein in der Nacht. »Eine Falle!« sagte sie sich. »Es sind die Araber. Und wenn wir unten auf sie stoßen, greifen die anderen bei der Treppe an.« Sie kehrte auf der Stelle um, nahm das Gewehr von der Schulter und rannte allein zu der lebenswichtigen Treppe, bereit, sofort zu schießen. Aber dort war nichts; den Arabern, die hier vielleicht hatten angreifen wollen, war die Lust dazu offenbar durch den Lärm aus dem Wadi genommen.
    In jener entscheidenden Nacht kamen, von Teddy Reich geführt, zweihundert Palmachniks nach Safad. Teddy Reich gab dem jüdischen Widerstandswillen neue Kraft. Drahtig, stets auf dem Sprung und von der brennenden Gewißheit beseelt, daß es keine andere Wahl gab - »entweder wir nehmen Safad, oder wir werden Schritt für Schritt ins Meer gedrängt« -, war er das Sinnbild der leidenschaftlichen jüdischen Kriegsführung während der folgenden acht Monate. Er trug eine verblichene Khaki-Uniform, Handgranaten hingen an seinem Kordgürtel, außerdem rechts griffbereit ein Revolver. Und obwohl er nur einen Arm hatte - der linke Ärmel war säuberlich an der Schulter festgesteckt -, brachte er es doch irgendwie fertig, auch mit seiner Schmeisser-Maschinenpistole zu schießen. Teddy Reich war nicht groß, aber sein Körper war wie aus Stein. Und schon seine Gegenwart genügte, den Verteidigern von Safad wieder Mut zu machen. »Wir sind gekommen, um hier aufzuräumen«, sagte er. Nach einer kurzen Vorstellung seiner Leutnants -»Gabbai, Zuchanski, Geldzenberg, Peled, Misrachi« - zog er los, um noch bei Nacht die Lage in Safad zu erkunden.
    »Das ist die Treppe«, erklärte der MemMem. »Und da oben ist die Polizeistation. ein Betonbau.«
    »Wieviel Araber sind drin?«
    »Etwa vierhundert.«
    »Maschinengewehre?«
    »Mindestens dreißig. Von den Engländern zurückgelassen.«
    Teddy Reich ging rasch an das andere Ende des jüdischen Viertels und deutete auf das dreistöckige Steinhaus mit dem Flachdach. »Genauso besetzt?« fragte er. »Ja«, nickte Bar-El.
    Dann ging er zurück zur Mitte des Viertels. Teddy Reich blickte eine Zeitlang zu der Ruine der Kreuzritterburg hinauf, die mit ihrer Lage die ganze Stadt beherrschte; endlich stieg er auf das Dach eines jüdischen Hauses, um sich das Gefährlichste anzusehen: das große Fort auf dem Berg hinter der Stadt. Die Engländer hatten es gebaut; seine Mauern waren dick, seine Magazine voller Lebensmittel, und es hatte seine eigene Wasserversorgung. Drohend lag es im Dunkel der Nacht wie ein böses Vorzeichen - mächtig und für gewöhnliche Sterbliche unangreifbar. Gottesmann, der sich nur mit Mühe beherrschte, glaubte sogar Teddy Reich nach Luft ringen zu hören, während er auf das unheimliche Fort sah. Wenn Reich beim Anblick der arabischen Stellungen einen Schreck bekommen hatte, so ließ er es sich nicht anmerken. »Zurück zum Befehlsstand«, sagte er kurz. Und jetzt hielt er eine Lagebesprechung, die keiner der Teilnehmer je vergessen sollte. Er nahm eine tiefe Schüssel und legte sie verkehrt auf

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