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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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wurde, deren einen nun der Engländer in situ fotografierte - so, wie er noch in der Schicht lag.

    »Mein Gott«, rief er. »Was ist das?« Sein Blitzlicht hatte in der Dunkelheit ein seltsames Objekt aufleuchten lassen. Es hatte etwa den Umriß eines kleinen Brotlaibs und wies eine Anzahl Rillen auf. Es war der Backenzahn eines Elefanten! Das Tier mußte an der Tränke getötet worden sein, damals, als das Klima Israels anders als heute und das Wadi ein tiefer Fluß gewesen war. Konnte man jene auf zwei Beinen sich fortbewegenden Wesen, die den Elefanten getötet hatten, als Menschen bezeichnen? Der Gedanke schien irgendwie absurd, denn sie verstanden weder Ackerbau zu treiben noch zu fischen, weder Obstbäume zu pflanzen noch einen Hund zu halten. Sie wußten nicht, wie man ein Haus baut oder wie man Kleider näht. Sie vermochten wohl nicht einmal Worte mit ihren dicken Lippen zu formen. Aber Tiere konnte man sie auch nicht nennen. Denn sie hatten sich mit dem Faustkeil ein Gerät geschaffen, das sie zielbewußt zu handhaben verstanden, sie verständigten sich mit Grunzlauten und Gesten zu zielbewußt gemeinsamem Handeln wie der Jagd auf einen riesigen Elefanten, und darum mußte man sie als Menschen bezeichnen.
    Endlich kehrte Cullinane nach Makor zurück. Er trug eine schwarze Binde über dem linken Auge. Als Erklärung knurrte er nur: »Krankenhaus.« Dann setzte er hinzu: »Die Schwestern haben mir gesagt, ihr wolltet mich anrufen. Daher wußte ich, daß ihr auf etwas Wichtiges gestoßen seid. Aber ich konnte mich nicht darum kümmern.« Er stieg zu dem Bestattungsfund hinunter und ging dann weiter zum Brunnen und zu den angekohlten Steinen. Es war mehr, als er erwartet hatte, mehr, als ein Archäologe überhaupt erhoffen durfte. Nachdem er wieder ans Sonnenlicht gekrochen war, rief er seine ganze Mannschaft zusammen und sagte: »Wir werden hier auf Jahre hinaus zu tun haben, und wenn Ilan Eliav so um 1980 Premierminister von Israel geworden ist, laden wir ihn ein, die Schlußansprache zu halten.« Die Kibbuzniks jubelten. Dann hielt er den Faustkeil in die Höhe. »Und wenn ihr manchmal denkt, Israel entwickelt sich zu langsam. vergeßt nicht, daß unsere Vorfahren länger als zweihunderttausend Jahre Werkzeuge wie dieses benutzt haben, bevor ihnen die nächste große Erfindung gelang. kleine Feuersteine, die in einer scharfen Spitze ausliefen und für bessere Waffen verwendet werden konnten.« Das erste Jahr der Ausgrabung war mit einem großartigen Schlußerfolg zu Ende gegangen.
    Als Cullinane dann mit seinem Mitarbeiterstab allein war, sagte er: »Morgen müssen wir Kohleproben von Schicht XIX mit Luftpost nach Schweden und Amerika schicken. Wir wollen alle die Daumen drücken, daß sie älter sind als dreißigtausend Jahre.«
    Es folgte ein Augenblick des Schweigens. Dann sagte der Fotograf mutig: »Irgendeine Panne gibt’s bei jeder Schau. Wo haben Sie sich das Veilchen geholt, Boss?« Cullinane lachte keineswegs. »Es war Samstagmorgen, und ich fuhr im Taxi zu einer zwanglosen Besprechung mit dem Finanzminister. Es handelte sich um den Transfer unserer überschüssigen Dollars nach Chicago. Plötzlich brach ein Rudel von Jungens und jungen Männern in Pelzkappen, langen Mänteln und Schläfenlocken aus einem Hinterhalt. Sie schrien >Schabbes< und schleuderten Steinbrocken. keine Steine, Brocken. Der Taxifahrer rief: >Ducken Sie sich<, aber ich verstand den hebräischen Ausdruck nicht schnell genug. Als er seine. Warnung wiederholte, hatte ich bereits einen Mordsbrocken in mein Auge bekommen. Die Ärzte glaubten zuerst, ich würde es verlieren.«
    »In der Zeitung habe ich aber nichts davon gelesen«, sagte Eliav in halber Abwehr.
    »Die Regierung wünschte kein Aufsehen. Der Taxifahrer meinte, es sei nichts Außergewöhnliches. Die orthodoxen Juden bestehen darauf, daß am Sabbat kein Fahrzeug auf den Straßen Israels fährt.«
    »Und jetzt haben sie also wieder mit dem Steinewerfen angefangen?« stöhnte Eliav.
    »Ich hätte fast mein Auge verloren. Trotzdem hat die Polizei niemanden festgenommen. Sie meinte, wenn sie das täte, bekämen sie es mit den Rabbinern zu tun, die auf dem Standpunkt stehen, daß der Talmud die Steinigung von Juden, die die Sabbatgebote nicht halten, gutheißt.«
    »Das fällt in dein Ressort«, sagte Tabari zu Eliav. »Du gehörst ja jetzt zur Regierung.«
    »Noch nicht ganz«, widersprach ihm der Jude. »Wenn es aber soweit ist, werde ich alles tun, diesem Mickymaus-Unfug

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