Die Quelle
und Protestanten, Hindus und Buddhisten. alle saßen in ihrem eigenen Eckchen, weil auch sie keiner mehr duldete. Die ganze übrige Welt aber war, wie Sie sagen, auf eine radikal neue Art des Denkens ausgerichtet. ja, ausgerichtet, wie man wohl sagt. Und über jedem Zugang nach Jerusalem erhob sich ein Torbogen, auf dem in sechzehn Sprachen groß zu lesen war: MUSEUM.«
»Das war keine Vision«, sagte Eliav, »und an uns liegt es, so etwas nicht zur Wirklichkeit werden zu lassen.«
Am Freitag kam das Telegramm aus Stockholm. Drei erregte Archäologen hatten sich unter den Arkaden des Gebäudes zusammengefunden, um die Mitteilung zu lesen, die darüber entscheiden sollte, ob die menschlichen Knochen aus Schicht XIX von entscheidender Bedeutung waren oder nicht. Und das hatten die schwedischen Wissenschaftler geschrieben:
IHRE PROBE NEUNZEHN STOP WIEDERHOLTE TESTS ERGABEN ACHTUND SECHZIGTAUSEND PLUS-MINUS DREITAUSEND STOP KLINGT AUFSEHENERREGEND
Tabari jubelte. »Für die nächsten fünfzehn Jahre, plusminus fünf, werde ich meine Stellung hier halten.«
»Welch ein Glückszufall«, sagte Cullinane. »Von allen verfügbaren Tells haben wir den einen guten erwischt.«
Der praktisch denkende Eliav meinte jedoch: »Es wird einiges Geld kosten, die feste Brekzie abzubauen.« Die beiden schon im voraus Planenden blickten von dem Telegramm auf. Eliav machte ihnen klar, daß die Regierung Israels die erforderlichen Gelder nicht zur Verfügung stellen könne, so aufregend der Fund auch zu werden versprach. Nachdem man verschiedene Möglichkeiten erwogen hatte, sagte Tabari düster: »Also müssen wir wohl wieder einmal den ärgerlichen Namen nennen.«
»Zodman?«
»Genau.«
»Nachdem ich ihm derart die Meinung gesagt habe?« fragte Eliav. Und Cullinane brauste auf: »Ich werde Zodman und Vered nie wieder auch nur um einen roten Heller bitten.«
»Mein Onkel Mahmud«, sagte Tabari bedachtsam, »hat einmal für ein und dieselbe Ausgrabung das Geld aus dem Oberrabbiner in Jerusalem, dem katholischen Bischof in Damaskus, dem mohammedanischen Imam in Kairo und dem baptistischen Präsidenten des Robert-College in Istanbul herausgepumpt. Seine Regel lautete: >Wenn du Geld brauchst, ist das Schamgefühl für dich noch nicht erfunden worden.< Ich werde Zodman ein herzbewegendes Telegramm schicken.« Und dabei mimte er einen Geigenspieler.
»Laßt uns warten, bis uns Chicago die RadiokarbonDatierung bestätigt«, schlug Cullinane vor. Gemeinsam überwachten die drei die abschließenden Arbeiten, mit denen die Ausgrabung vorläufig stillgelegt wurde. Aber jeden Tag kroch der eine oder der andere in den Stollen hinunter, um an der Quelle von Makor zu sitzen, an der vor zweihunderttausend Jahren so ganz andere Wesen gehockt hatten. Für jeden der drei Archäologen war es geradezu ein mystisches Ritual, dort zu kauern: Für Tabari bedeutete es die Rückkehr dorthin, wo einst seine Ahnen begonnen hatten; für Eliav war die Quelle der Ort, an dem der Mensch sein langes Ringen um den Gottesbegriff begonnen hatte; und für Cullinane bedeutete es den Anfang jener philosophischen Analysen, die ihn für den Rest seines Lebens beschäftigen sollten. Für alle aber war es die Quelle, die uralte Stätte, an der das Werden der Kulturen seinen Ausgang genommen hatte. Am Ende der Woche telegrafierte Chicago:
IHRE SCHICHT NEUNZEHN STOP UNSER GESICHERTES ERGEBNIS FÜNFUND SECHZIGTAUSEND PLUS-MINUS VIER STOP GRATULIEREN
Kaum hatte Tabari diese Bestätigung gelesen, als er auch schon in höchst blumenreicher Sprache ein Telegram an Paul Zodman entwarf, um ihn anzubetteln. Nachdem Cullinane es gelesen hatte, sagte er grollend: »Das ist doch ekelhaft. Ich verbiete dir, es abzuschicken.«
Also entwarf Tabari ein anderes folgenden Inhalts: Cullinane und Eliav seien zur Zeit in Jerusalem, und deshalb gebe er, Tabari, ihm die Befunde der Laboratorien bekannt in der Hoffnung, daß ein so großzügiger und weitblickender Mann wie Paul Zodman. »Es ist noch immer widerlich«, meinte Eliav und verzog ärgerlich sein Gesicht.
»Genau so haben wir aber die Engländer behandelt«, frozzelte Tabari. »Du kennst tatsächlich kein Schamgefühl, nicht wahr?« fragte Cullinane und sah Tabari in staunender Bewunderung an.
»Kennt ihr schon die Geschichte von meinem Vater, Sir Tewfik, als er noch Richter in Akkowar? Eines Abend schlich er sich zu dem Kläger in einem sehr wichtigen Prozeß und sagte: >Fasl, ich weiß, ich darf es nicht. Aber ich wollte nur
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