Die Quelle
konnten dabei auf die Vorräte zurückgreifen, die ihre Sklaven mit ihrer Hände Arbeit zusammengetragen hatten. Vieh wurde geschlachtet, Wein aus den Tempelkrügen freigebig ausgeschenkt. Das Volk tanzte und tollte. Gaukler zeigten ihre Künste. Musikanten spielten bis spät in die Nacht. Vorüberziehende Händler wurden aufgefordert, mit ihren Karawanen zu bleiben und am Fest teilzunehmen.
Am vierten Tag aber versammelten sich alle Bewohner der Stadt und des umliegenden Landes - etwas über tausend Menschen - vor dem Tempel. Dort gab es zunächst ein anregendes Schauspiel: Eine der hübschesten älteren
Tempeldirnen tanzte nackt und ließ sich darauf von einem sechzehnjährigen, mit Wein für das Ritual gestärkten Jungen in eines der Gemächer führen. Es folgten weitere stark sinnliche Tänze zur Verehrung des männlichen und des weiblichen Körpers. Und dann kam endlich die Zurschaustellung der jungen Priesterin Libamah. Wiederum entkleideten die Priester sie feierlich. Atemlos still stand die Menge. Die Männer, die Aussicht hatten, gewählt zu werden, beugten sich vor, als das berückende Mädchen seinen Tanz begann. Er war noch weit aufreizender als der, den es vor ein paar Monaten getanzt hatte: Jeder Mann unter den Zuschauern wäre fähig gewesen, Libamah zu nehmen. Doch jetzt traten die Priester zusammen. Und dann der Ruf des Oberpriesters: »Urbaal ist der Mann.«
Der Bauer stürmte die Stufen hinauf. Oben blieb er mit gespreizten Beinen stehen und blickte unverwandt auf Libamah, die sich ihm zuwandte, während ihm die Priester schnell die Kleider vom Leibe streiften. Da stand er nun, nackt, ein Mann voller Kraft. Die Menge jubelte, als er vorwärts schritt, die junge Priesterin in die Arme nahm und sie in die
Halle der Astarte trug, wo er ihr sieben Tage lang beiliegen sollte.
Timna, immer noch in Trauer um ihren Sohn und in Hoffnung auf den nächsten, sah teilnahmslos dem Geschehen zu und murmelte: »Welche Torheit! Die Fruchtbarkeit ist im Boden. In mir ist sie.« Und während alle anderen feierten, ging sie langsam nach Hause. Eine neue Erkenntnis hatte sie gewonnen, eine schmerzlich klare: Wären die Götter anders, so wäre auch ihr Mann Urbaal ein anderer. Sie betrat den Raum der Götter, blickte mit Abscheu auf die vier Astarten und schlug die ersten drei in Scherben, eine nach der anderen, mitsamt ihren phallischen Gefährten. Dann nahm sie die vierte Göttin herab. Schon wollte sie auch diese am Boden zerschellen lassen. Aber im letzten Augenblick hielt sie ein: Konnte nicht diese Astarte doch ihre neue Schwangerschaft verursacht haben? Und konnte es nicht das Ende der Schwangerschaft bedeuten, wenn sie die Göttin zerschlug? Timna war unsicher geworden. Deshalb trug sie die Tonfigur und die Scherben zu einem stillen Platz dicht bei der Mauer und vergrub sie tief in der Erde - der Göttin zum Hohn und dem Mann, der sich dieser Astarte auf so abstoßende Weise hingegeben hatte.
...Der Teil
Die Archäologen hatten im hinteren Teil ihres Gebäudes eine Dusche eingerichtet. Jeder, der sie benutzte, mußte danach, um sich wieder anzuziehen, über einen Pfad zu seinem Zelt laufen. Eines Abends, als Cullinane vom Duschen zurückkehrte, traf er Dr. Eliav, der zum Haus ging, und fragte ihn: »Würden Sie mir etwas erklären, wenn Sie fertig sind?«
Der Jude nickte. Cullinane wartete auf der Bettkante, bis Eliav erschien. »Neulich«, begann Cullinane, »unterhielten wir uns beim Mittagessen, und ich habe dabei Israel als einen Teil des fruchtbaren Halbmondes< bezeichnet. Sie wollten eine Bemerkung machen, wurden aber unterbrochen. Was wollten Sie damals sagen?«
Eliav lehnte sich gegen den Pfosten des Zelts und antwortete: »Mir erscheint der Ausdruck altmodisch.«
»Ich habe ihn von Breasted. Er benutzt ihn für das Land zwischen Mesopotamien und dem Nil.«
»Das war einmal ein nützliches Schlagwort«, räumte Eliav ein. »Ist es aber nicht mehr.«
»Das Land ist noch immer fruchtbar.«
»Aber wenn Sie sich Israel rein passiv vorstellen, als ein fruchtbares Land, über das die Menschen hinwegziehen können zu anderem Ackerland, bleibt auch Ihr Denken passiv, denn es verfehlt die Dynamik unserer Geschichte.«
»Wie denken Sie also über das Land?«
Eliav nahm drei von Cullinanes Büchern und legte sie nachlässig so aufs Bett, daß ihre Ecken sich berührten und in der Mitte ein freier Platz blieb. »Asien, Afrika, Europa und hier, der leere Fleck, das Mittelmeer. Leakeys
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