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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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es nicht«, sagte er ernst. »Aber ich werde darüber nachdenken.«
    Am Ausgang des Liebesgemachs händigten ihm die Priester seine Kleider aus. Während er seine Leinenhosen, sein über der Hüfte gebundenes Wollhemd und seine Sandalen anlegte, wußte er kaum, was er tat, denn immer noch sah er die hochgewachsene Libamah nackt vor sich. Und als die Mitbürger draußen auf dem Platz ihn fragten: »Hast du ihr ein Kind gemacht?« gab er keine Antwort. Schroff weigerte er sich auch, die bei solchen Gelegenheiten üblichen Unflätereien mitzumachen. Wie betäubt ging er durch die Straßen. Erst als ein großmäuliger Hirte rief: »In fünf Monaten, zu Neujahr, schlafe ich zwischen ihren langen braunen Beinen«, fuhr Urbaal herum. Schon wollte er zuschlagen. Aber als er das blöde Gesicht und das geile Grinsen sah, ließ er es und wandte sich mit angewidertem Lachen ab. Doch dann - fast hatte er schon sein Haus erreicht - begegnete er seinem Freund Amalek. Wie kräftig und tiefbraun gebrannt vom Leben draußen bei seinen Herden der war! Bei diesem Gedanken und in diesem Augenblick begann Urbaals wütende Eifersucht.
    Wenn nun dieser da bei ihr liegen wollte, was dann? dachte er. Und unglücklicherweise sagte nun Amalek auch noch halb im Scherz: »Sieben Tage haben wir dich nicht gesehen.« Urbaal fiel keine rechte Antwort ein. Scherzen konnte er nicht, und wie tief ihn das Erlebnis dieser Woche bewegte, wollte er nicht zeigen. Seine eben geweckte Eifersucht aber durfte er nicht zugeben. So sah er den sonnengebräunten Viehzüchter nur stumm an und ging weiter.
    Nun war er zu Hause. Im Hof begrüßte er seine Weiber und spielte ein wenig mit seinen vielen Kindern. Eine Sklavin brachte einen Krug mit frisch ausgepreßtem Saft von Granatäpfeln und einen Satz Tonbecher aus Akka. So erregt er innerlich war - hier, bei den Seinen, im Lärm des Treibens auf dem Hof, überkam ihn zufriedene Ruhe: Er war daheim. Für den nächsten Morgen nahm er sich vor, zu den Feldern hinabzugehen und den Baalim des Olivenhains, der Honigwaben, der Ölpresse und der Weizenäcker seinen Dank abzustatten für all die Wohltaten, die sie ihm erwiesen hatten. In diesem Augenblick der Entspannung hätte man Urbaal für den glücklichsten Mann in Makor halten können: Er lebte im Frieden mit seinen Göttern, er stand in der Achtung seiner Nachbarn, wurde geliebt von seinen Frauen, seinen Sklaven und seinen Kindern. Doch da geschah das Furchtbare: Urbaal ging mit einem Becher Wein in den Raum der Götter, um dort der Astarte ein Trankopfer darzubringen zum Dank, daß sie ihm so sehr geholfen hatte, die Wahl und das Mädchen Libamah zu gewinnen. Entsetzt prallte er zurück: Seine
    Göttinnen waren verschwunden! Er stürzte in den Hof zurück und schrie: »Was ist geschehen?«
    »Wem geschehen?« fragte Timna ruhig - aber hinter ihrer Ruhe verbarg sie nur die Sorge, mit der sie auf diesen Augenblick gewartet hatte. »Den Göttinnen. Sie sind fort.«
    »Nein!« rief Matred. Von Timna gefolgt, eilte sie in den Raum, kam aber sogleich wieder, Angst im dunklen Gesicht.
    Urbaal ließ sich auf die Bank aus gestampfter Erde fallen, die an zwei Seiten des Hofs entlanglief. Er war weit mehr erschüttert, als Timna sich je vorgestellt hatte.
    »Was kann denn nur geschehen sein?« stammelte er und stieß verstört die Speisen beiseite, die ihm die Sklavinnen anboten. »Sogar die vier Baalim sind fort«, flüsterte Matred.
    Urbaal trat einen Schritt zurück und fragte: »Ist irgend jemand hiergewesen, der mir Unheil wünscht?«
    »Nein«, sagte Matred.
    Sein Gesicht verkrampfte sich. Seine letzte Hoffnung war gewesen, die Göttinnen seien gestohlen worden, denn das hätte bedeutet, daß sie ihn gegen ihren Willen verlassen mußten. Wenn sie aber aus freiem Antrieb von ihm geflohen waren, dann konnte dies nur heißen, daß Astarte erzürnt war. Urbaal mußte das Schlimmste befürchten: Daß seine Olivenbäume nun welkten und die Presse kein Öl mehr gab. So starr vor Schrecken war er über diese Aussicht, daß Timna schon gestehen wollte: Es ist kein Geheimnis dabei - ich selbst habe die Götterbilder zerschlagen. Doch sie mußte ihren Mann ja vor allem erst einmal beruhigen, und deshalb sagte sie nur: »Am Tag des Erntefestes stand, als wir heimkamen, die Tür offen.« Und damit hatte sie nicht einmal Unwahres ausgesprochen, denn sie selbst hatte die Tür offenstehen lassen, als sie hinausgerannt war, die Astarten zu vergraben. »Ja.« Matred erinnerte sich: »Als

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